Leitsatz

Werden anlässlich einer auf die Lebenszeit einer Bezugsperson zeitlich gestreckten entgeltlichen privaten Vermögensumschichtung gleich bleibende wiederkehrende Leistungen (Leibrente) vereinbart, ist deren Ertragsanteil (Zinsanteil) nicht als Sonderausgaben abziehbar (Bestätigung des Senatsurteils vom 25.11.1992, X R 91/89, BStBl II 1996, 666; seither ständige Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG , § 12 EStG , § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG , § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb ein bebautes Grundstück gegen die Verpflichtung zu einer Barzahlung in Höhe von 444 000 DM sowie zur Zahlung einer Leibrente in Höhe von monatlich 1 500 DM. Das erworbene Grundstück ist mit zwei Gebäuden bebaut, in denen sich mehrere Wohnungen befinden. Seit Oktober 1989 nutzten die Kläger zunächst eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken, während die übrigen Wohnungen vermietet wurden. Ab dem Jahr 1992 wurde die Selbstnutzung auf eine Anliegerwohnung erweitert. Nach den Wohnflächen entfällt auf die eigengenutzten Wohnungen ein Anteil von 46,89 % bzw. ab 1992 61,01 %.

FA und FG lehnten das Begehren der Kläger ab, in den Einkommensteuerbescheiden für 1990 bis 1993 den Ertragsanteil der Leibrente als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

 

Entscheidung

Der Senat hat im Streitfall keine Veranlassung gesehen, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG spreche entgegen der Auffassung der Kläger nicht "eindeutig" für eine andere Auslegung.

Da der Einleitungssatz des § 12 EStG keinen Vorbehalt zugunsten des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG, sondern nur zugunsten der dort ausdrücklich genannten Vorschriften enthalte (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 22.6.1990, VI R 2/87, BStBl II 1990, 901), gebe es gleichheitsrechtlich keinen anderen Grund, Unterhaltszuwendungen des Steuerpflichtigen wie auch Aufwendungen für seinen Haushalt zum Abzug von der Steuerbemessungsgrundlage zuzulassen, als den des "Transfers steuerlicher Leistungsfähigkeit". Dieser Gesichtspunkt hindere die Abziehbarkeit von in abänderbaren wie nichtabänderbaren wiederkehrenden Leistungen enthaltenen privaten Zinsanteilen gleichermaßen. Die Abziehbarkeit der privaten Versorgungsleibrente werde hierdurch nicht berührt. Für die Annahme, nur § 12 Nr. 2 EStG, nicht aber § 12 Nr. 1 EStG, gehe dem Sonderausgabenabzug des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG vor, gäben Wortlaut, systematische Stellung und Sinn und Zweck dieser Bestimmungen keinen Anhalt.

Diese Rechtsprechung verletze keine schützenswerte Vertrauensposition des hiervon betroffenen Steuerpflichtigen. Der hierfür unter den gegebenen Umständen allein in Betracht kommende Fall einer Rechtsprechungsänderung zum Nachteil sei nicht gegeben. Eine Judikative, an die der Senat gebunden sein könnte, sei nicht erkennbar.

 

Hinweis

1. Als Sonderausgaben abziehbar sind die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Leibrenten können – nach näherer Maßgabe des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG – nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden, der sich aus der Ertragswerttabelle des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG ergibt. Nach der Rechtsprechung des X. Senats sind private Schuldzinsen auch dann nicht als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie als in Gegenleistungs-Leibrenten enthaltene Ertragsanteile gesetzlich pauschaliert sind.

2. Bei der Besteuerung wiederkehrender Leistungen/Bezüge ist zu unterscheiden zwischen dem Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen (sog. private Versorgungsrente) und – im Streitfall einschlägig – Leistungen/Bezügen im Austausch mit einer Gegenleistung (Gegenleistungsrenten).

Hauptanwendungsfall der in vollem Umfang abziehbaren dauernden Last ist die private Versorgungsrente (vgl. Großer Senat des BFH, Beschluss vom 15.7.1991, GrS 1/90, BStBl II 1992, 78). Durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge unterscheiden sich Versorgungsleistungen von Unterhaltsleistungen i.S.v. § 12 Nr. 1 EStG; sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i.S.v. § 12 Nr. 2 EStG. Der Vorbehalt der Erträge stellt sich als ein "Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit" dar (BverfG, Beschluss vom 17.12. 1992, 1 BvR 4/87, DStR 1993, 315). Sind die wiederkehrenden Leistungen abänderbar, sind sie mit ihrem vollen Betrag beim Verpflichteten abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG) und beim Bezieher steuerbar (§ 22 Nr. 1 EStG). Im Fall der – definitionsgemäß – gleich bleibenden Leibrenten findet der Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit in Höhe des Ertragsanteils statt (vgl. BFH, Beschluss vom 10.11.1999, X R 46/97, BStBl II 2000, 188).

Gegenleistungsrenten sind über die gesamte Laufzeit hinweg immer dann in einen Zins- und einen Tilgungsanteil zu zerlegen, wenn die einzelnen Zahlungen sich wirtschaftlich als eine Vermögensumschichtu...

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