rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Überlassung von Blazern mit aufgebügeltem Firmenemblem während der Dauer von Fachmessen als Berufskleidung bzw. geldwerter Vorteil

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Arbeitnehmern kurzfristig anlässlich der Tätigkeit auf Fachmessen zu Repräsentationszwecken gestellter Blazer mit fest aufgebügeltem Firmenemblem, der im Anschluss an die Messe dem Arbeitgeber zurückgegeben, von ihm verwahrt und gepflegt wird, kann als typische Berufskleidung i.S. des § 3 Nr. 31 bzw. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG angesehen werden.

2. Gewährt ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Vorteile im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse, so führt dies nicht zu Einkünften des Arbeitnehmers i.S. des § 19 Abs. Nr. 1 EStG (kein geldwerter Vorteil). Ob Zuwendungen des Arbeitgebers aus diesem Interesse heraus oder als individuelle Belohnung des Arbeitnehmers vorgenommen werden, muss sich aus dem Zweck der Zuwendungen und im übrigen aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergeben (hier: überwiegen der eigenbetrieblichen (Repräsentations-)Interessen des Arbeitgebers bei den anlässlich der Messe gestellten Blazern).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6, § 3 Nr. 31, § 19 Abs. 1 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Gestellung von mit Firmenemblem (Logo) versehenen Blazern an Arbeitnehmer zum Repräsentieren des Arbeitgebers auf Fachmessen zu einem lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil der Arbeitnehmer führt.

Die Klägerin ist als Franchise-Unternehmen für Gebäudereinigungsunternehmen tätig. Als solche vertritt sie die ihrem Franchise-System angeschlossenen Unternehmen nach außen hin.

Für die Teilnahme an einschlägigen Fachmessen hat die Klägerin mit ihrem Firmenlogo versehene Blazer in den Firmenfarben angeschafft, die sie den auf der Messe für sie tätigen Mitarbeitern für die Dauer der Messe unentgeltlich zur Nutzung aushändigt. Das vorgefertigte, in den Farben blau-hellblau-weiß gehaltene, etwa 7 × 3 cm messende textile Firmenemblem mit dem stilisierten Schriftzug „... Service” ist in Höhe der Brusttasche auf der rechten Seite des Blazers mit Klebstoff fest aufgebügelt

Anlässlich einer Lohnsteuer(LSt)-Außenprüfung bei der Klägerin gelangte der Prüfer zu der Auffassung, die Überlassung der Blazer als Messebekleidung an die Arbeitnehmer stelle steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, der für die Jahre 1992 und 1993 mit LSt von 461,99 DM bzw. 166,42 DM, zusammen 628,41 DM, und evangelischer und römisch-katholischer Kirchensteuer (KiSt) von jeweils 16,16 DM bzw. 5,82 DM, zusammen jeweils 21,98 DM nachzuversteuern sei (vgl. den Bericht über die LSt-Außenprüfung vom 12. Januar 1996 Tz. 1). Dieser Auffassung folgend setzte das beklagte Finanzamt (FA) mit Nachforderungsbescheid vom 16. Januar 1996 u. a. die vorgenannten Steuerbeträge gegen die Klägerin fest.

Der Einspruch der Klägerin wurde durch Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 1997 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin im wesentlichen geltend, die Blazer würden nur während der Messe benutzt. Sie blieben auch dann Eigentum der Klägerin. Die zur Messe entsandten Arbeitnehmer seien zum Tragen der Blazer während der Messe verpflichtet.

Privat oder während der normalen Arbeitszeit könnten und dürften die Blazer dagegen von den Arbeitnehmern nicht getragen werden. Die Gestellung der Blazer und ihre Pflege erachte die Klägerin als betriebserforderlich, um ein einheitliches Erscheinungsbild ihres Unternehmens nach außen hin zu gewährleisten. Nach Abschluss der Messe würden die Blazer daher an die Klägerin zurückgegeben und von ihr bis zur nächsten Messe aufbewahrt, gereinigt, ausgebessert u.s.w.. Die Nutzung der Blazer als bürgerliche Kleidung der Arbeitnehmer liege unter diesen Umständen nicht im Rahmen des Möglichen und Üblichen; ihre Verwendung für Zwecke der privaten Lebensführung der Arbeitnehmer sei aufgrund berufsspezifischer Eigenschaften so gut wie ausgeschlossen. Aufgrund des deutlich am Blazer angebrachten Firmenlogos werde die berufliche Funktion der Kleidung – die Wahrnehmung von Präsentationszwecken – erkennbar. Bei dem Logo handele es sich um eine dauerhaft angebrachte Kennzeichnung. Das Logo könne lediglich mit Gewalt abgerissen werden. Auch wenn das Logo dadurch selbst nicht beschädigt werde, sei zumindest ein weiteres Aufbügeln und damit eine weitere Verwendbarkeit nicht möglich. Überdies sei davon auszugehen, dass auf dem Blazer selbst Klebstoffrückstände zurückblieben, die nicht mehr zu entfernen seien. Der Blazer erfülle damit objektiv eine berufliche Funktion; es handle sich bei ihm um typische Berufskleidung.

Die Überlassung der Blazer an die Arbeitnehmer für die Dauer der Messe bedeute eine begrenzte besondere Ausgestaltung ihres Arbeitsplatzes, die für den einzelnen Arbeitnehmer keinen eigenständigen geld...

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