Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung des Kaufvertrages über eine nach § 10e EStG begünstigte Wohnung als rückwirkendes Ereignis

 

Leitsatz (redaktionell)

Weder die Rückabwicklung des Kaufvertrages über eine eigengenutzte Wohnung, für die Abzugsbeträge nach § 10e EStG geltend gemacht wurden, noch ein zivilrechtlicher Schadensausgleich --der dazu führt, dass die Anschaffungskosten zuzüglich der Fremdkapitalzinsen unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung zurückgewährt werden-- führen zu einem rückwirkenden Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 1977, das den verwirklichten Begünstigungstatbestand des § 10e EStG für die Vergangenheit beeinflusst.

 

Normenkette

AO 1977 § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; EStG § 10e

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die nachträgliche Rückabwicklung eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung ein Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) darstellt, welches zur Versagung der Steuerbegünstigung nach § 10 e des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch für die Zeit der Selbstnutzung der Wohnung in bereits abgelaufenen Besteuerungszeiträumen, den Streitjahren 1991 und 1992, führt.

Die Kläger (Kl) erwarben mit notariellem Vertrag vom 8. April 1991 Wohnungs- und Teileigentumsrechte an einer Eigentumswohnung samt Tiefgaragenstellplatz. Die Besitzübergabe erfolgte am 1. Juni 1991. Die Kl nutzten das Wohnobjekt seit Mitte Juli 1991 selbst. Nach Entrichtung des Kaufpreises (286.000 DM) für die 114 m² große Wohnung wurde der Kaufvertrag grundbuchrechtlich vollzogen.

Nachdem die Kl im Anschluß an ein Schreiben der Hausverwaltung vom 24. Juni 1991 (Bl. 28 FG-Akten 4 V 13/96) feststellten, daß ein Teil der Räumlichkeiten der Wohnung (Schlafzimmer und Großteil der Terrasse) nach der Teilungserklärung und dem Aufteilungsplan nicht im Sondereigentum sondern im Gemeinschaftseigentum stand, kam es zwischen den Vertragsparteien zu Streitigkeiten. Die Kl begehrten von der Verkäuferin zunächst vollständige Vertragserfüllung (Änderung des Aufteilungsplans und entsprechende Grundbuchänderung – Anwaltsschreiben vom 28. August 1992, Bl. 30 – 33 FG-Akten 4 V 13/96). Nachdem das Bemühen der Kl um eine Regelung in ihrem Sinne gescheitert war, lehnten sie schließlich die Vertragserfüllung ab und machten Schadensersatzansprüche Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache geltend. Hilfsweise ließen sie den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten (Anwaltsschreiben vom 5. November 1992 – Bl. 34/35 FG-Akten 4 V 13/96).

Die im April 1993 vor dem zuständigen Landgericht erhobene Klage endete mit einem am 8. Dezember 1993 geschlossenen Prozeßvergleich. Darin verpflichteten sich die Kl, die Wohnung bis 30. Mai 1994 zurück zu übereignen und zu räumen gegen Zahlung einer Summe in Höhe von 330.000 DM. Die Vergleichsabsprache enthält in Ziffer 1 folgende Formulierung:

„Die Parteien sind sich einig, daß der am 8. April 1991 geschlossene Kaufvertrag aufgrund der Anfechtung der Kl von Anfang an unwirksam ist.”

Ziffer 2 des Vergleichs lautet:

„Die Kl verpflichten sich deshalb, die ihnen in dem genannten Kaufvertrag verkaufte Wohnung … spätestens zum 31. Mai 1994 zu räumen und an die Beklagte (Bekl) herauszugeben” – Ziffer 4: „Die Kl verpflichten sich, der Bekl die in Ziffer 2 genannte Wohnung aufzulassen.”

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Kopie des Sitzungsprotokolls des Landgerichts … vom 8. Dezember 1993, die auf Bl. 5-8 als Anlage zur Einkommensteuer(ESt)-Erklärung 1994 der Kl abgeheftet ist, Bezug genommen. Zur Berechnung der Vergleichssumme wird auf S. 5 der Einspruchsentscheidung des Finanzamts (FA) vom 28. November 1997 (Bl. 49 ff der ESt-Akten 1992 verwiesen.

Die Rückauflassung der Eigentumswohnung erfolgte tatsächlich nach Entrichtung der Vergleichssumme am 30. Mai 1994.

In den ESt-Erklärungen 1991 und 1992 hatten die Kl erfolgreich Abzugsbeträge gemäß § 10 e Abs. 1 und 6 EStG geltend gemacht, und zwar im Veranlagungszeitraum 1991 Kosten vor Bezug mit 39.435 DM (Finanzierungskosten und Erhaltungsaufwendungen) zuzüglich 12.811 DM (5 v.H. aus Anschaffungskosten in Höhe von 256.217 DM) und im Veranlagungszeitraum 1992 den Grundförderungsbetrag wie im Vorjahr mit 12.811 DM. Der ESt-Bescheid 1991 vom 25. Februar 1993 und der ESt-Bescheid 1992 vom 25. März 1994 waren bestandskräftig geworden.

Als das zwischenzeitlich für die Kl zuständig gewordene beklagte FA … im Jahr 1996 anläßlich der Bearbeitung eines Einspruches gegen den ESt-Bescheid 1994 von dem Prozeßvergleich vom 8. Dezember 1993 und der Rückabwicklung des Kaufvertrags erfuhr, änderte es die bestandskräftigen ESt-Bescheide 1991 und 1992 unter Hinweis auf § 175 Abs. 2 Nr. 2 AO ab und versagte dabei die bisher gewährte Steuervergünstigung nach § 10 e EStG dem Grunde nach. Der Einspruch der Kl gegen die Änderungsbescheide vom 2. Juli 1996 blieb erfolglos. Das FA hielt an seiner Rechtsauffassung in der Einspruchsentscheidung vom 27. November 1997 fest.

Hiergegen wenden sich die Kl mit der vorliegenden Klage, zu deren Begründung sie im wesentlichen vortragen...

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