rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn und Ende der Ablaufhemmung bei Ermittlungen der Steuerfahndung (Steufa)
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO setzt nicht voraus, dass die Ermittlungen der Steufa eine entsprechende Tiefe oder Breite haben und über Jahre hinweg laufen müssen.
2. Die Wirkung der Ablaufhemmung entfällt nicht durch einen zeitweiligen Stillstand der Ermittlungen, wenn die Steufa einmal mit ihnen begonnen hat. Sie endet erst, wenn aufgrund der Prüfung Steuerbescheide ergangen sind und diese unanfechtbar geworden sind.
3. Eine mangelnde Mitwirkung des Steuerpflichtigen bei der Ermittlung der Steufa hindert nicht den Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 1, § 169 Abs. 2 S. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 5, §§ 90, 370 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Die im Jahre 1937 geborene Klägerin (Klin), die seit 1975 verwitwet ist, ist pensionierte … inspektorin.
In den Einkommensteuer-(ESt)-Erklärungen für die Jahre 1986 bis 1995 gab sie folgende Kapitalerträge (aus Aktien, Sparkassenobligationen, Staatsanleihen, Bausparguthaben, Festgeld, Sparguthaben) an:
1986 |
6.480 DM |
1987 |
6.482 DM |
1988 |
8.482 DM |
1989 |
14.552 DM |
1990 |
17.533 DM |
1991 |
14.438 DM |
1992 |
4.315 DM |
1993 |
unter 6.100 DM |
1994 |
9.051 DM |
1995 |
9.517 DM |
Am 28. August 1990 bzw. am 4. März 1992 erließ der Beklagte (Bekl) entsprechend den am 17. Juli 1990 bzw. am 8. November 1991 eingereichten Steuererklärungen die ESt-Bescheide für die Streitjahre 1989 und 1990 mit dem Ansatz von Einnahmen der Klin aus Kapitalvermögen im Jahre 1989 in Höhe von 14.552 DM und im Jahre 1990 in Höhe von 17.533 DM.
Anlässlich des Ermittlungsverfahrens der Steuerfahndungsstelle (Steufa) des Finanzamtes X gegen bekannte und unbekannte Verantwortliche und Mitarbeiter der …bank X wegen Verdachts der Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommen- und Vermögensteuer seit 1992 durch bekannte und unbekannte Anleger auch bei der …bank Schweiz (künftig: …bank Schweiz) erhielt die Steufa Y Kontrollmaterial zur weiteren Auswertung übersandt. Aus diesen Unterlagen ergab sich, dass die Klin folgende Wertpapiere an die …bank Schweiz in ein dortiges Depot transferiert hatte:
WKN |
Wertpapiergattung |
Nennbetrag bzw. Stück |
1 |
9 % K-Bank u. Zinssch. 3ff Nr. 1 × 10.000,– |
DM |
10.000,– |
2 |
8,5 % K-Bank u. Zinssch. 3 ff 1 × 10.000,– |
DM |
10.000,– |
3 |
9 % K-Bank u. Zinssch. Nr. 2 ff 2 × 10.000,– |
DM |
20.000,– |
4 |
8 % O-Bank u. Zinssch. Nr. 3 S. 59 1 × 10.000,– |
DM |
10.000,– |
5 |
8,75 % P-Bank u. Zinssch. Nr. 3 ff 4 × 5.000,– |
DM |
20.000,– |
6 |
7 % P-Bank u. Zinssch. Nr. 1 ff 4 × 10.000,– 3 × 5.000,– |
DM |
55.000,– |
Die Steufa des Finanzamtes X fand bei der …bank R weitere Belege von folgenden Wertpapiertransfers der Klin vor:
a. 20.01.1993
Nennbetrag bzw. Stück |
Wertpapiergattung |
WKN |
DM 40.000,– |
9 ¼ % Z-Bank 1991 – 1.1.96 Serie 32 mit Koupons und ff 4 × 10.000,– |
DE 7 |
– 300 – |
B-Fonds mit Koupons Nr. und ff. 3 × 100 |
DE 8 |
– 200 – |
E-Anteile Nr. mit Koupons Nr. und ff. 2 × 100 |
DE 9 |
b. 28.06.1993
Nennbetrag bzw. Stück |
Wertpapiergattung |
WKN |
– 649 – |
N Anteile mit Kps Nr. 6 und ffAnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 10 |
– 864 – |
Ü Anteile mit Koupons Nr. 28 und ff.AnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 11 |
– 700 – |
Ä Anteile mit Koupons 41 und ffAnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 12 |
– 4.221. |
Q Anteile mit Koupons Nr. 24 und ff.AnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 13 |
c. 30.06.1993
Nennbetrag bzw. Stück |
Wertpapiergattung |
WKN |
– 65 – |
V Anteile ohne kps AnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 14 |
– 150 – |
Z Anteile ohne kps AnteilNr. siehe Sendungsbeleg |
DE 15 |
Aufgrund dieses Sachverhalts leitete die Steufa Y am 31. Januar 2000 ein Steuerstraf verfahren gegen die Klin ein. Außerdem richtete sie mit Datum vom 1. Februar 2000 das mit Postzustellungsurkunde bekanntgegebene nachstehende Schreiben an die Klin:
„Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einkommens- und Vermögensteuerhinterziehung
Sehr geehrte Frau W.,
am 31.01.2000 habe ich gegen Sie das Steuerstrafverfahren wegen des Verdachts der Einkommensteuerhinterziehung 1993 bis 1997 und der Vermögensteuerhinterziehung ab 01.01.1993 eingeleitet, weil der Verdacht besteht, dass Sie Kapitalanlagen bei der …bank Schweiz und daraus resultierende Kapitalerträge im Inland nicht versteuert haben.
Aus den von Ihnen eingereichten Steuererklärungen ist nicht zu erkennen, dass erklärungspflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen aus diesen Anlagen im Ausland sowie die Anlagen selbst deklariert worden sind. Weiter wurde offensichtlich auch in den Jahren vor der Verlagerung der Gelder ins Ausland, Zinsen aus einem entsprechenden Guthaben und die Guthaben selber nicht erklärt.
Ich weise Sie ausdrücklich daraufhin, dass Sie als Beschuldigte im Steuerstrafverfahren zu keinen Aussagen verpflichtet und zu keiner Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung verpflichtet sind.
Zur Vermeidung ansonsten gebotener strafprozess...