rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert bei Verfahren über Einheitswertbescheide ist grundsätzlich nach der Auswirkung bei der Grundsteuer für sechs Jahre zu bemessen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da die sogenannten „Einheitswerte” inzwischen nur noch Bedeutung für die Grundsteuer haben, erscheint es angemessen, den Streitwert eines Verfahrens betreffend die Herabsetzung eines Einheitswerts des Grundvermögens grundsätzlich mit der Auswirkung der begehrten Herabsetzung bei der Grundsteuer für sechs Jahre zu bemessen.

2. Der sechsfacher Jahresbetrag ist zu vermindern, wenn bereits sicher abzusehen ist, dass der streitige Einheitswert nur für einen kürzeren Zeitraum als sechs Jahre Auswirkung haben wird, etwa wenn auf einen nachfolgenden Feststellungszeitpunkt bereits eine weitere Wertfortschreibung oder Zurechnungsfortschreibung bekannt oder sicher abzusehen ist.

 

Normenkette

GKG § 52 Abs. 1, 3, § 63 Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Der Streitwert wird auf 3.487,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt gemäß § 63 Abs. 2 Satz 2 GKG auf das 6fache der jährlichen Grundsteuerdifferenz.

I.

Gegenstand des Verfahrens war die Herabsetzung eines Einheitswerts des Grundvermögens.

Der Streitwert richtet sich nach § 52 Abs. 1 GKG, also nach der Bedeutung der Sache für die Klägerin, nicht nach § 52 Abs. 3 GKG, denn ein Einheitswertbescheid ist nicht unmittelbar auf eine Geldleistung gerichtet (vgl. zuletzt BFH, Beschluss vom 18.01.2017 X S 22/16, BFH/NV 2017, Juris Rn. 22, 23 für den vergleichbaren Fall von Verlustfeststellungsbescheiden, die zwar indirekt, aber eben nicht unmittelbar der Einkommensteuerfestsetzung dienen).

 

Entscheidungsgründe

II.

Umstritten ist, wie die Bedeutung der Sache zu bestimmen ist.

Die Klägerin begehrt die Festsetzung des Streitwerts mit 80 ‰ des streitigen Betrags des Einheitswerts, was einen Streitwert von 1.636,49 EUR ergäbe (begehrte Herabsetzung des Einheitswerts um 40.008,80 DM, hiervon 80 ‰ ergibt 3.200,70 DM, umgerechnet 1.636,49 EUR).

Die Urkundsbeamtin geht in ständiger Übung, in Übereinstimmung mit der Auffassung der Bezirksrevisorin, von der Auswirkung bei der Grundsteuer für 6 Jahre aus, was einen Streitwert von 3.487,50 EUR ergäbe (die begehrte Herabsetzung des Einheitswerts ergäbe aufgrund der Steuermesszahl von 3,5 ‰ und des Hebesatzes von 810 % eine Herabsetzung der Grundsteuer um 581,25 EUR pro Jahr, für 6 Jahre somit 3.487,50 EUR).

III.

Aus der Rechtsprechungshistorie seien folgende Entscheidungen erwähnt:

1.

RFH, Urteil vom 17.12.1931 III A 864/31, RFHE 30, 80, Juris:

Der Streitwert bei Verfahren wegen Einheitswertfeststellungen ist nach den Wirkungen zu bemessen, die der streitige Wertunterschied auf die vom Einheitswert abhängigen Steuern ausübt. Dies ist primär die Vermögensteuer, ggf. auch die „Industriebelastungsaufbringung” und die Realsteuern der Länder und Gemeinden. Die Wirkungen bei der Erbschaftsteuer und der Grunderwerbsteuer sind nicht zu berücksichtigen, weil sie nicht regelmäßig wiederkehrende Rechtsvorgänge betreffen. Die Auswirkungen bei den einzelnen zu berücksichtigenden Steuern jeweils zu berechnen ist praktisch nicht durchführbar (die Berechnung des genauen Streitwerts würde sonst oft mehr Aufwand erfordern als die Entscheidung in der Hauptsache), weswegen die Auswirkung pauschaliert werden muss. Im Hinblick auf die Vermögensteuer ist eine Pauschalierung mit 15 ‰ (3 × 5 ‰) angemessen, da die Vermögensteuerveranlagung für drei Jahre erfolgt, wegen der anderen Steuern käme noch ein höherer Satz in Betracht. Um die Kosten des Verfahrens nicht zu hoch werden zu lassen, ist jedoch eine Ermäßigung angemessen. Insgesamt sind daher 10 ‰ des Einheitswerts angemessen.

2.

RFH, Gutachten vom 15.07.1937 III D 1/37, RFHE 42, 12, Juris:

Nunmehr 15 ‰ des Einheitswert-Wertunterschieds bei Grundstücken der Land- und Forstwirtschaft, 25 ‰ bei sonstigen Grundstücken, 10 ‰ bei Betriebsvermögen. Grund:

Durch die Einheitsbewertung 1935 sind Änderungen eingetreten. Die Grundsteuer beträgt etwa 10‰ des Einheitswerts und gilt für 6 Jahre, weswegen bei städtischen Grundstücken 25 ‰ angemessen sind.

3.

BFH, Urteil vom 29.05.1951 III 77/50, BFHE 55, 351, Juris:

Erhöhung auf 40 ‰ wegen der Erhöhung der Vermögensteuer.

4.

BFH, Urteil vom 19.09.1952 III 159/52 U, BFHE 56, 736, Juris.

Streitig war ein Grundsteuermessbescheid, fraglich die Steuermesszahl 10 ‰ oder 8 ‰.

Der BFH entschied auf den 4fachen Jahresbetrag der Grundsteuer als Streitwert.

5.

BFH, Urteil vom 14.05.1954 III 17/53, BFHE 59, 5, Juris:

Bei Einheitswert eines Grundstücks bisher 40 ‰ = 4 % primär unter Berücksichtigung von Vermögensteuer und Grundsteuer. Jetzt aber kommt die sehr erhebliche Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz hinzu, diese beträgt 50 %, unter Berücksichtigung von Ermäßigungsmöglichkeiten ca. 20 %, daher nunmehr 24 % des Streitwerts (4 % wie bisher für Vermögen- und Grundsteuer, 20 % wegen der Vermögensabgabe).

6.

BFH, Urteil vom 22.02.1957 III 314/56 U, BFHE 64, 336, Juris:

Bestätigt 24 % des streitig...

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