Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an ein von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg beim Finanzgericht eingereichtes elektronisches Dokument im Sinne des 52a Abs. 3 Satz 1 FGO. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 20/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. Trägt das von einem Prozessbevollmächtigten beim Finanzgericht eingereichte elektronische Dokument keine qualifizierte elektronische Signatur, muss es nach § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO (2. Variante) von der verantwortenden Person eigenhändig auf dem sicheren Übermittlungsweg eingereicht werden.
2. Wird der Klageschriftsatz von einem Steuerberater über sein persönliches besonderes Steuerberaterpostfach (beSt) und mithin über einen sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 52a Abs. 4 Nr. 2 FGO bei Gericht eingereicht, setzt das sogenannte Eigenhändigkeitserfordernis des § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO voraus, dass er selbst als „verantwortende Person” das elektronische Dokument signiert. Mit „signieren” ist dabei die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise durch eine maschinenschriftliche Namenswiedergabe oder durch die bildliche Wiedergabe einer eingescannten Unterschrift, gemeint. Die einfache Signatur des Klageschriftsatzes durch eine andere in der Kanzlei tätige Person (hier: eine Steuerbevollmächtigte) genügt nicht dem Eigenhändigkeitserfordernis des § 52a Abs. 3 Satz 1 FGO. Aufgrund des Erfordernisses, das Dokument selbst über den sicheren Übermittlungsweg einzureichen, ist es auch unerheblich, ob der Steuerberater den Schriftsatz in Abstimmung mit bzw. auf Weisung der anderen Person über sein beSt eingereicht hat.
3. Echtheit und Integrität des Dokuments sind bei einer einfachen Signatur nur gewährleistet, wenn es von der verantwortenden Person selbst auf einem sicheren Übermittlungsweg bei Gericht eingereicht worden ist.
4. Nutzt der Steuerberater sein persönliches Steuerberaterpostfach, um ein elektronisches Dokument im Sinne des § 52a Abs. 1 FGO bei Gericht einzureichen, muss er die nach Maßgabe der § 52a Abs. 2-6 FGO hierfür geltenden Formvorschriften einhalten, und zwar unabhängig davon, ob eine gesetzliche Nutzungspflicht besteht oder die Nutzung freiwillig erfolgt.
Normenkette
FGO § 52d Sätze 1-2, § 52a Abs. 3 S. 1; StBerG § 86d Abs. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Teilwertabschreibungen auf eine Darlehensforderung der Klägerin.
Die Klägerin ist eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), eingetragen im Handelsregister des Amtsgericht B… unter HRB …, mit Sitz in C…. Unternehmensgegenstand der Klägerin war der Betrieb einer Gaststätte.
Nachdem die Klägerin zunächst keine Steuererklärungen für 2018 abgegeben hatte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen nach § 162 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – und erließ entsprechende Schätzbescheide, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO standen.
In ihren Steuererklärungen für das Jahr 2018 machte die Klägerin eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung in Höhe von 100.000,– EUR auf ein Darlehen der Klägerin an Herrn D… geltend. Auf Nachfrage des Beklagten gab die Klägerin an, sie habe im Jahr 2016 ein Darlehen in Höhe von 150.000,– EUR an Herrn D… zum Zweck des Aufbaus und des Betriebs eines Restaurants in E…, Nordmazedonien, gewährt. Die einzelnen Darlehensbeträge habe man im Jahr 2017 entsprechend dem Baufortschritt ausbezahlt.
Der Beklagte folgte zunächst den Steuererklärungen und erließ nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide für 2018, in denen er die Teilwertabschreibung gewinnmindernd berücksichtigte.
In ihren Steuererklärungen für das Jahr 2019 berücksichtigte die Klägerin eine weitere Teilwertabschreibung in Höhe von 43.602,– EUR im Zusammenhang mit dem vorgenannten Darlehen. Die Klägerin erklärte dazu, dass das Darlehen uneinbringlich sei.
Da weitere Rückfragen des Beklagten zu dem geltend gemachten Darlehensausfall aus Sicht des Beklagten nicht hinreichend beantwortet wurden, erkannte der Beklagte die Teilwertabschreibungen nicht an. Infolgedessen erließ er für 2018 erneut nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Steuerbescheide, in denen er die Teilwertabschreibung in Höhe von 100.000,– EUR gewinnerhöhend korrigierte. Ferner erließ er erstmals Steuerbescheide für 2019, in denen er die Teilwertabschreibung in Höhe von 43.602,– EUR ebenfalls gewinnerhöhend korrigierte.
Nachdem die hiergegen eingelegten Einsprüche erfolglos geblieben waren, hat die Klägerin, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigte zu 1, Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg erhoben. Die Klageschrift trägt im Kopfbogen die Bezeichnung „F… PartmbB” und nennt darunter links neben dem Adressfeld namentlich drei Partner der Prozessbevollmächtigten unter Angabe ihrer Berufsbezeichnungen. Unter dem Adressfeld ist der Hinweis „Sachbearbeitung: G…” angebracht. Die Klageschrift ist von Frau G…, einer ...