Entscheidungsstichwort (Thema)

Nicht im Rahmen des regulären Unterrichts in der Freizeit der Schüler an Schulen durchgeführte Gewaltpräventionskurse nicht umsatzsteuerbefreit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von der Steuerbefreiung für Schul- und Hochschulunterricht nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, j MwStSystRL nicht erfasst ist ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt. Ein solcher nicht steuerfreier „spezialisierter Unterricht” ist auch bei nicht in den konkreten Lehrplan integrierten Kursen zur Gewaltprävention an Grundschulen anzunehmen, die außerhalb der Unterrichtszeit auf freiwilliger Basis in der Freizeit der Schüler stattfinden.

2. Von der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG werden nur die von selbständigen Lehrern persönlich – und nicht durch von diesen beauftragte selbständige Dozenten – erbrachten Unterrichtsleistungen erfasst; Leistungsempfänger muss zudem eine Hochschule, Schule oder andere allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtung der dort genannten Art sein (vgl. BFH, Urteil v. 23.8.2007, V R 10/05, BFH/NV 2007 S. 2217). An Schulen entgeltlich abgehaltene Gewaltpräventionskurse sind daher nicht steuerbefreit, wenn sie durch Subunternehmer abgehalten werden oder Leistungsempfänger die Eltern der an den Kursen teilnehmenden Kinder und nicht die Schulen sind.

3. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung liegt beim Steuerpflichtigen, sodass die fehlende Aufklärbarkeit zu seinen Lasten geht.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 21 Buchst. a, b; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. i, j

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.12.2021; Aktenzeichen XI R 3/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Wege der Verpflichtungsklage eine Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2010 bis 2013. Streitig ist, ob die Leistungen des Klägers als Unterrichtsleistungen steuerfrei sind.

Der Kläger ist Präventions- und Persönlichkeitstrainer und Mitglied des Vereins „B…”. Auf einem in den Akten des Beklagten (Bl. 88 der Umsatzsteuerakte – USt –) befindlichen Ausdruck der (am 28.08.2018 und 24.07.2019 für den Berichterstatter nicht abrufbaren) Homepage … vom 22.07.2015 beschreibt der Kläger seine Tätigkeit wie folgt: „…”. Zum Organisationsablauf der Kurse an Schulen heißt es auf dieser Homepage (Bl. 87 USt): „…”. Außerdem lässt der Ausdruck erkennen (Bl. 89 USt), dass der Kläger als „Teamleiter” auftritt, und es werden 9 weitere, in seinem Team tätige Kursleiter für verschiedene Kursarten vorgestellt. Außerdem werden verschiedene Kursangebote vorgestellt und ihre Inhalte näher beschrieben (Bl. 90ff. USt), und zwar ein Kinderbewegungsprogramm „C…” neben weiteren Sport- und Bewegungsangeboten eines Kooperationspartners (D…), Präventionstrainings im Kindergarten, in der Grundschule und in weiterführenden Schulen, Persönlichkeitstrainings für Frauen und für ältere Leute und Erziehungsseminare für Eltern. Die Kursgebühren werden mit … EUR/Teilnehmer für die verschiedenen jeweils insgesamt 6 Stunden umfassenden Kursangebote angegeben (Bl. 100 USt).

In den Akten des Beklagten (im losen Hefter hinten in der Akte USt) findet sich ein Einladungsformular für ein „Elternseminar” an der E…-Grundschule am 17.02.2011. Dieses benennt als Einladende den Kläger, die Schulleiterin und den Vorsitzenden der Gesamtelternvertretung. Als Thema wird die Vorstellung des B… Persönlichkeitstrainings für Kinder in der Grundschule genannt, welches in der Einladung überblicksartig beschrieben wird. Weiter findet sich dort ein Zeitungsinterview mit dem Kläger vom 02.11.2015, wo er u. a. die Kurse beschreibt. Außerdem befindet sich dort ein Ausdruck der Homepage …, wo die Lizenzbedingungen für die Trainer und Teamleiter einschließlich Gebietsschutz näher beschrieben werden und wo es heißt, bei Durchführung als außerschulische Veranstaltung würden die Eltern die Kursgebühren übernehmen, während Gruppenprojekte für ganze Klassen oder Kitagruppen regelmäßig zu 90% als Fördermitteln der Schule/Kita und zu 10% von den Eltern finanziert würden. Weiter findet sich ein Protokoll der Sitzung des Bezirkselternausschusses F… vom XX.XX.2011, wo der Kläger das B…-Persönlichkeitstraining für Kinder in der Grundschule und in Kitas ab 4 Jahren vorgestellt hat.

Außerdem findet sich in den Akten des Beklagten (Bl 101ff. USt) ein Ausdruck einer Reportage des G… Rundfunks vom XX.XX.2009, die sich kritisch mit den Präventionskursen des B… auseinandersetzt. Weiter findet sich dort ein Ausdruck aus der Homepage … vom 16.03.2016 (Bl. 108ff. USt, ebenfalls am 28.08.2018 und 24.07.2019 für den Berichterstatter nicht abrufbar – es erschien nur ein Eingabefeld für Zugangsdaten), wo die Ausbildung zum „B…-Pädagogen” in Form eines berufsbegleitenden Fernstudiums bei der H… Gmb...

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