rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang der Regelung des Art. 17 Abs. 1 vor Art. 15 DBA Schweiz. Besteuerungsrecht Deutschlands für in der Schweiz auftretende Künstlerin
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Schweiz als Ensemblemitglied eines Schauspielhauses erzielte Einkünfte einer im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Schauspielerin unterliegen aufgrund der Vorrangstellung des Art. 17 Abs. 1 DBA Schweiz gegenüber Art. 15 DBA Schweiz gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz der inländischen Besteuerung.
2. Art. 17 Abs. 1 DBA Schweiz begründet eine berufsgruppenspezifische Regelung, für die es nicht darauf ankommt, zu welcher Einkunftsart die Einkünfte aus der künstlerischen oder sportlichenTätigkeit gehören.
Normenkette
DBA Schweiz Art. 17 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d, Nr. 2, Art. 15 Abs. 1-2; OECD-Musterabkommen Art. 17 Abs. 1; EStG §§ 32b, 34c
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Schauspielerin. Sie erzielte vom August 2003 bis Februar 2005 in der Schweiz Einkünfte als Ensemblemitglied des Schauspielhauses A., blieb aber in der Bundesrepublik ansässig. Die Schauspielhaus A. AG führte von diesen Einkünften Quellensteuer an das Kantonale Quellensteueramt ab.
Die Klägerin erklärte für die Streitjahre Einkünfte aus der Schweizer Tätigkeit i. H. v. 77.262 EUR bzw. 16.471 EUR, die sie im Hinblick auf das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen – DBA Schweiz – als steuerfrei ansah. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer 2004 mit Bescheid vom 4. September 2006 auf 28.844 EUR fest. Die Schweizer Einkünfte behandelte er in Höhe von 77.760 EUR als solche aus selbstständiger Arbeit, die er unter Anrechnung der Schweizer Quellensteuer der deutschen Einkommensteuer unterwarf. Die Klägerin legte am 6. September 2006 Einspruch ein. Mit weiterem Bescheid vom 23. Februar 2007 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2005 fest, wobei er die Schweizer Einkünfte zunächst versehentlich doppelt erfasste. Die Klägerin legte am 13. März 2007 Einspruch ein. Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Änderungsbescheid vom 11. April 2007 auf 42.019 EUR herab, wobei er die Einkünfte aus der Tätigkeit in der Schweiz nur noch als andere selbstständige Einkünfte in Höhe von 16.581 EUR berücksichtigte. Auch hier rechnete er die schweizerische Quellensteuer auf die Steuerschuld an.
Zur Begründung ihrer Einsprüche machte die Klägerin geltend, Art. 17 DBA Schweiz gelte nur für diejenigen Künstler, auf die Art. 15 Abs. 1 DBA Schweiz keine Anwendung finde. Die Norm erweitere praktisch das Quellenbesteuerungsrecht des Auftrittsstaates bei solchen Künstlern, auf die Art. 15 Abs. 1 DBA Schweiz wegen der Kurzfristigkeit ihres Aufenthalts keine Anwendung finde. Da dies für die Klägerin nicht zutreffe, die sich mehr als 183 Tage in der Schweiz aufgehalten habe, finde Art. 15 Abs. 1 DBA Schweiz Anwendung und seien die aus dieser Tätigkeit erzielten nichtselbstständigen Einkünfte nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA Schweiz nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2008 zurück. Die Einkünfte aus dem A. Engagement seien in Deutschland unter Anrechnung der Schweizer Quellensteuer zu versteuern. Die von der Klägerin in A. erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit unterlägen Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA Schweiz. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA Schweiz greife nicht ein. Letzterer sei nur anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Art. 17 DBA Schweiz nicht vorlägen. Das sei aber der Fall. Art. 17 DBA Schweiz genieße Vorrang vor Art. 7, 14, 15 DBA Schweiz. Es handele sich um eine Spezialvorschrift für Künstler, die Art. 14, 15 DBA Schweiz durchbreche. Insofern betreffe die Vorschrift sowohl Einkünfte aus selbstständiger als auch nichtselbstständiger Arbeit und entfalte ihre Wirkung nicht nur in Fällen des Art. 15 Abs. 2 DBA Schweiz. Da es auf die Qualifikation der Einkünfte demnach nicht ankomme und sich diese auch sonst nicht auf die Höhe der Einkommensteuer auswirke, müssten die Einkommensteuerbescheide insoweit nicht berichtigt werden. Ein Fall des Art. 19 DBA Schweiz sei nicht gegeben. Die Schauspielhaus A. AG sei eine juristische Person des Privatrechts.
Die Klägerin hat am 4. August 2008 Klage erhoben. Sie macht geltend, die in den Streitjahren in der Schweiz erzielten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit seien in Deutschland nicht zu versteuern, sondern lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen. Bei den Einkünften aus A. handele es sich um solche aus nichtselbstständiger Arbeit. Für diese liege das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DBA Schweiz am Arbeitsort. Eine Ausnahme gelte nur dann, wenn der Aufenthalt in der Schweiz geringer als 183 Tage sei. Neben dem Quellenbesteuerungsrecht des A...