Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabewahlrecht der Verwaltung. Für den Steuerpflichtigen zuvor noch nicht in Erscheinung getretener Berater
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Finanzamt hat kein Wahlrecht mehr, einen Verwaltungsakt entweder dem Steuerpflichtigen selbst oder aber seinem Bevollmächtigten bekanntzugeben, wenn der Steuerpflichtige ausdrücklich mitteilt, dass er einen bestimmten Vertreter auch zur Entgegennahme von Verwaltungsakten ermächtigt hat.
2. In dem Umstand, dass ein vorher noch nicht zur Entgegennahme rechtsverbindlicher Erklärungen für den Steuerpflichtigen aufgetretener Steuerberater für diesen einen formularmäßigen Antrag auf Fristverlängerung für die Abgabe von Steuererklärungen stellt und Einspruch gegen eine Zwangsgeldandrohung einlegt, liegt keine Mitteilung im Sinne von Leitsatz 1. Das Finanzamt handelt daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn es den Bescheid über die Zwangsgeldfestsetzung in Ausübung seines Bekanntgabewahlrechts dem Steuerpflichtigen selbst bekannt gibt.
Normenkette
AO 1977 § 80 Abs. 1 S. 1, § 122 Abs. 1, §§ 5, 328
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen Zwangsgeldandrohungen und -festsetzungen.
Mit Schreiben vom 14.05.1997 wurde der Kläger zur Abgabe der Gewerbesteuererklärungen 1996 bis zum 16.04.1998, zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung 1995 bis zum 03.06.1997 sowie zur Abgabe der Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung 1995 ebenfalls bis zum 03.06.1997 aufgefordert sowie mit Schreiben vom 27.03.1998 zur Abgabe der Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung 1996 bis zum 16.04.1998. Mit Schreiben vom 28.05.1996 und 27.01.1998 wurde der Kläger zur Abgabe der Gewerbesteuererklärung 1994 bis zum 17.06.1996 bzw. 16.02.1998 aufgefordert und für die Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung 1994 bis zum 17.06.1996 bzw. 16.02.1998.
Diese Erklärungen reichte der Kläger nicht ein. Danach drohte der Beklagte mit Schreiben vom 26.08.1999 für alle voranstehend genannten Aufforderungen zur Abgabe von Steuererklärung dem Kläger jeweils die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von DM 400 an. Diese Androhungsbescheide richtete er an den Kläger persönlich unter seiner Wohnanschrift.
Gegen die Androhungen von Zwangsgeld legte der Kläger am 23.09.1999 in der Weise Einspruch ein, dass er durch einen Steuerberater, der zuvor bis auf einen Fristverlängerungsantrag zur Abgabe von Steuererklärung nicht für ihn beim Beklagten aufgetreten war, auf der Rückseite des jeweiligen Bescheids vermerken ließ „Dagegen Einspruch und Antrag auf ADV”. Mit den Androhungsbescheiden wurde der Kläger aufgefordert, die betreffenden Steuererklärungen bis zum 21.09.1999 einzureichen.
Mit Schreiben vom 28.09.1999 wurden die angedrohten Zwangsgelder, die zwischenzeitlich durch Bankgutschrift entrichtet worden sind, festgesetzt. Dagegen legte der Kläger in der gleichen Weise erneut durch den Steuerberater am 25.10.1999 Einsprüche ein.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 08.11.2000, jeweils betreffend die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld für Gewerbesteuer 1996, 1995, und 1994 sowie für die Androhung und Festsetzung von Zwangsgeld für die Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellungen 1994 und 1995, wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus, nach § 328 Abs. 1 AO könne ein Verwaltungsakt, der wie im Streitfall auf die Abgabe von Steuererklärungen gerichtet sei, mit Zwangsmittel erzwungen werden. Es liege im Ermessen der Finanzbehörde, ob sie mit Zwangsmitteln gegen den Steuerpflichtigen vorgehe. Dieses Ermessen habe er fehlerfrei ausgeübt. Er habe zu Recht von der Androhung eines Zwangsgeldes Gebrauch gemacht, da der Kläger seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen sei. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes von jeweils DM 400 sei angemessen. Nach § 329 AO dürfe das einzelne Zwangsgeld DM 5.000 nicht übersteigen. Die im Streitfall angedrohten Zwangsgelder bewegten sich im unteren Rahmen. Die Einspruchsentscheidungen stellte der Beklagte dem Steuerberater des Klägers zu.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidungen Bezug genommen.
Mit der am 22.11.2000 erhobenen Klagen wendet sich der Kläger bezüglich der gegen ihn gerichteten Aufforderung auf Abgabe von Steuererklärungen sowohl gegen die Androhungen von Zwangsgeldern als auch die Festsetzungen von Zwangsgeldern. Er macht geltend, der Beklagte habe in allen Fällen weder seiner Entschließungs- noch sein Auswahlermessen zutreffend ausgeübt.
Entschließungsermessen sei deshalb unzutreffend ausgeübt worden, weil der Beklagte in allen Fällen bereits selbst im Schätzungswege Veranlagungen durchgeführt habe. Deshalb sei die Einreichung von Steuererklärungen nicht mehr erforderlich gewesen.
Am Auswahlermessen mangele es, weil der Beklagte jedenfalls bei den Zwangsgeldfestsetzungen nicht berücksichtigt habe, dass er, der Kläger, inzwischen durch einen Verfahrensbevollmächtigten vertreten gewesen sei. Dies sei für den Beklagt...