Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Verzinsung der bei der Rückgewähr unionsrechtswidrig erhobener Abgaben gezahlten Zinsen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen und die entsprechenden Erstattungsansprüche werden nicht verzinst. Dazu gehören nicht nur die in § 3 Abs. 4 AO genannten Zinsen, sondern auch die hier streitigen Zinsen zur Erfüllung unionsrechtlicher Pflichten bei der Rückgewähr unionsrechtswidrig erhobener Abgaben (Antidumpingzölle). Ein Verzinsungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem Unionsrecht.
2. Der materiell-rechtliche Charakter von Zinsen als steuerliche Nebenleistung ändert sich nicht dadurch, dass sich in prozessualer Hinsicht eine Konstellation ergibt, bei der allein Zinsen als Hauptsache geltend gemacht werden.
Normenkette
AO § 3 Abs. 4, §§ 233, 233a
Tatbestand
Nachdem die Klägerinnen erfolgreich die Verzinsung von Erstattungsansprüchen für den Zeitraum zwischen Zahlung von Antidumpingzöllen bis zur Jahre später erfolgten Erstattung dieser Antidumpingzölle verfolgt hatten, begehren sie nunmehr noch die Verzinsung dieser Zinsansprüche.
Wegen des grundsätzlichen Sachverhalts, aufgrund dessen die Antidumpingzölle zunächst gezahlt und sodann später erstattet wurden, wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf das in diesem Zusammenhang ergangene Urteil des Finanzgerichts Bremen vom 21. September 2017 zu Geschäftszeichen 4 K 78/16 (2) einschließlich der darin aufgeführten Rechtsprechung des EuGH sowie des Finanzgerichts Düsseldorf. Darüber hinaus wird Bezug genommen auf das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 03. Mai 2017 zu Geschäftszeichen 4 K 3268/14 Z, in welchem über einen dort ebenfalls geltend gemachten Anspruch auf Verzinsung der Erstattungsansprüche entschieden wurde.
Vorliegend wurden durch die Klägerinnen in der Zeit zwischen dem 23. Oktober 2007 und dem 28. Dezember 2009 insgesamt Antidumpingzölle in Höhe von … EUR gezahlt; diese wurden von dem Beklagten am 29. Januar sowie am 12. März 2013 erstattet.
Anschließend von den Klägerinnen gestellte Anträge auf Verzinsung der Erstattungsbeträge wurden mit Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 abgelehnt. Dagegen legten die Klägerinnen mit Schreiben vom 23. Juli 2013 Einspruch ein, welcher mit Einspruchsentscheidung vom 28. April 2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2014 haben die Klägerinnen dagegen Klage erhoben und unter Klageantrag zu 1. weiterhin die Verzinsung der erfolgten Erstattungen begehrt; mit weiterem Klageantrag zu 2. machten sie die Verzinsung der sich aus dem Klageantrag zu 1. ergebenden Zinsansprüche geltend.
Hinsichtlich des Klageantrags zu 1. leistete der Beklagte mit Zinsbescheiden vom 04. April 2018 Zinsen auf die bereits erfolgten Erstattungen von Antidumpingzöllen. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit sodann hinsichtlich des Klageantrags zu 1. übereinstimmend für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 12. Juni 2018 hat die Berichterstatterin das Verfahren hinsichtlich des Klageantrags zu 1. abgetrennt, unter dem Aktenzeichen 1 K … (2) eingestellt, eine entsprechende Kostenentscheidung getroffen sowie den Streitwert festgesetzt. Nach dieser Abtrennung ist vorliegend lediglich noch der Klageantrag zu 2. anhängig.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, das Finanzgericht Düsseldorf habe in seinem Urteil vom 03. Mai 2017 (4 K 3268/14 Z) zu Unrecht eine Verzinsung der Hauptforderung im Hinblick auf § 233 Satz 2 AO abgelehnt. Diese Vorschrift beziehe sich auf Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§ 3 Abs. 4 AO) und die entsprechenden Erstattungsansprüche. Diese sollten nicht verzinst werden. Diejenigen Zinsen, die Gegenstand dieser Klage seien, seien ihrer Rechtsnatur nach jedoch keine steuerlichen Nebenforderungen, sondern eine Hauptforderung.
Dem Verbot der Erhebung von Zinseszinsen nach deutschem Steuerrecht liege folgender Gedanke zu Grunde: Würden die monatlichen Zinsbeträge von 0,5 % zu dem Hauptbetrag monatlich hinzu gerechnet und werde der Zinsbetrag auf der Grundlage des sich laufend erhöhenden Hauptbetrages errechnet, so würde dies eine gesetzlich nicht vorgesehene Verzinsung von den der Hauptforderung jeweils hinzu gerechneten Zinsen bedeuten. Dies sei nicht Gegenstand des Klageantrags zu 2.. Vielmehr habe der Beklagte nach Erstattung der zu Unrecht erhobenen Antidumpingzölle sich geweigert, diese Antidumpingzölle auch ordnungsgemäß nach dem EU-Recht und nach § 238 AO zu verzinsen. Dies hätte geschehen müssen für den gesamten Zeitraum von der unrechtmäßigen Erhebung der Antidumpingzölle bis zu ihrer Erstattung im Januar bzw. März 2013. Daraufhin sei den Klägerinnen nichts anderes übrig geblieben, als den ihnen nach § 238 AO zustehenden Zinsanspruch als Hauptforderung gerichtlich geltend zu machen.
Die Berechtigung der aus angefallenen Zinsen bestehenden Hauptforderung bestehe darin, dass die Klägerinnen während der gesamten Prozessdauer – mittlerweile ganze fünf Jahre – nicht über den ihr zustehenden Zinsbetrag hätten verfügen können. ...