Entscheidungsstichwort (Thema)
Stundung. Vollstreckungsaufschub
Tenor
Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die im Jahre 1930 geborene und seit 1981 verwitwete Klägerin betreibt seit 1991 in … ein Heim zur Kurzzeitpflege älterer Menschen (Bl. 4 R.).
Gemäß Abfrage vom 4. November 1996 schuldete die Klägerin dem Beklagten 66.965 DM (Bl. 18 Rb.). Am 31. Oktober 1996 beantragte die Klägerin beim Beklagten Stundung der Forderungen für „zunächst ein halbes Jahr” (Bl. 1 Rb.). Gegen den ablehnenden Bescheid vom 11. November 1996 (Bl 25 Rb.) legte die Klägerin am 16. November 1996 Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 16. Juli 1997 als unbegründet zurückwies (Bl. 77 Rb.). Gemäß Abfrage vom 3. Februar 1997 betrug die Schuld der Klägerin 71.040 DM und gemäß Abfrage vom 13. August 1997 143.993 DM (Bl. 52, 75 Rb)
Am 18. August 1997 erhob die Klägerin Klage. Sie beantragt (Bl. 1),
die geschuldeten Steuerbeträge zu stunden,
hilfsweise,
Vollstreckungsaufschub bezüglich der bestehenden Steuerrückstände zu gewähren.
Zur Begründung weist der Vertreter der Klägerin darauf hin, daß die Lohnsteuerrückstände aus dem jetzigen Gewerbebetrieb von der Klägerin entsprechend ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten kurzfristig getilgt würden. Bis Ende August 1997 würden die Rückstände für das Jahr 1994 ausgeglichen werden. Die Zahlungen der Klägerin auf die Rückstände würden belegen, daß sie gewillt sei, die Steuerschulden zu begleichen. Sie sei jedoch nicht in der Lage, alle Rückstände auf einen Schlag auszugleichen. Dies würde ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei weitem übersteigen. Ohne die beantragte Stundung könnte sie ihren Betrieb nicht weiterführen (Bl. 2, 34 Rb.)
Die Klägerin beziehe eine bescheidene Witwenrente. Aus ihrer Kurzzeitpflege-Einrichtung erziele sie allenfalls einen geringen Überschuß. Durch die Zahlung von 7.700 DM (Zeitraum 1. Januar bis 13. Oktober 1997) sei erkennbar, daß sie – ihren finanziellen Möglichkeiten entsprechend – zur Zahlung ernsthaft bereit sei. Ein erheblicher Teil der Steuerschulden rühre aus dem Betrieb des Kinderheimes her, das die Klägerin Mitte der Achtziger Jahre nach dem Tode ihres Ehemannes aufgegeben habe. Der Beklagte habe teilweise Lohnsteuer Zahlungen für 1994 entgegen dem Buchungsauftrag auf die Altschulden dieses Kinderheimes angerechnet (Bl. 37). Im übrigen sei die Klägerin gewillt, sämtliche Steuerrückzahlungen sobald als möglich auszugleichen (Bl. 13).
Die Klägerin selbst trägt vor, der Beklagte habe ihr Umsatz- und Gewerbesteuer berechnet, obwohl sie nachgewiesen habe, daß sie nach dem Steueränderungsgesetz 1992 von diesen Steuerarten befreit sei (Bl. 17 f.). Der Beklagte habe zudem zwischenzeitlich einen Gewerbeuntersagungsantrag bei der Stadt gestellt und damit sie und ihre Familie an den finanziellen Ruin gebracht (Bl. 28). Des weiteren sei strittig, ob die Einkommensteuerschuld 1992 gerechtfertigt ist und warf, weil der ehemalige Steuerberater der Klägerin die Erklärung dieses Jahres nicht ordnungsgemäß verbucht habe und unter den Belegen größere Ausgaben gefehlt hätten (Bl. 35). Die Lohnsteuerzahlungen seien nachweislich nicht korrekt verbucht, sondern mit den bestehenden Altsteuerschulden aus dem Kinderheim verrechnet worden (Bl. 17 f., 27 ff.).
Am 2. Februar 1998 hat der Vorsitzende als Berichterstatter die Klage durch Gerichtsbescheid abgewiesen (Bl. 54 ff.). Die Klägerin hat am 9. März 1998 fristgerecht Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt und folgendes vorgetragen (Bl. 65 f.):
Die Klägerin habe einen ungenauen Klageantrag gestellt, weil auch der Beklagte in seiner Einspruchsentscheidung vom 16. Juli 1997 keine konkrete Entscheidung getroffen habe. Es gehe vor allem um die Steuerschulden aus dem alten Kinderheimbetrieb. Die Klage habe auch Aussicht auf Erfolg, da der Beklagte die Lohnsteuerzahlungen nachweislich nicht korrekt verbucht, sondern mit den Altschulden aus dem Kinderheim verrechnet habe.
Der Beklagte beantragt sinngemäß (Bl. 10, 15),
Klageabweisung.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung trägt der Beklagte im übrigen vor, die Klägerin verkenne, daß die überwiegend aus Lohnsteuerabzugsbeträgen bestehenden Steuerrückstände kraft Gesetzes keiner Billigkeitsmaßnahme zugänglich seien. Sie habe zudem in der Vergangenheit in gröbster Weise gegen ihre Anzeigepflicht gemäß § 38 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz – EStG – verstoßen (Bl. 10).
Am 27. August 1998 haben die Prozeßvertreter der Klägerin das Mandat niedergelegt (Bl. 72) und am 15. September 1998 Streitwertfestsetzung beantragt (Bl. 75).
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die beigezogenen Akten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Zum Hauptantrag Stundung der „geschuldeten Steuerbeträge”
1. Der Kläger bestimmt durch seinen Antrag den Inhalt und Umfang des Streitgegenstandes des finanzgerichtlichen ...