Entscheidungsstichwort (Thema)
Dienstwagengestellung im Folgejahr als steuerermäßigte Arbeitnehmerabfindung; Arbeitnehmerabfindung; Dienstwagen; Entschädigung; Ermäßigter Steuersatz; Zusammenballung von Einkünften
Leitsatz (redaktionell)
Wird dem Steuerpflichtigen anlässlich seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis neben einer zum 31.12. fälligen Barentschädigung eine 3 Monate in das Folgejahr hineinreichende Dienstwagennutzung gewährt, deren Wert sich auf 1% der Gesamtentschädigung beläuft, so ist die für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei außerordentlichen Einkünften zu fordernde Zusammenballung der Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum wegen der Geringfügigkeit des Sachbezugs und dessen von den Vertragsparteien nicht zu beeinflussenden Zuflusszeitpunktes gleichwohl zu bejahen.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1, § 34 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Beteiligte streiten darüber, ob eine dem Kläger gezahlte Abfindung dem ermäßigten Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegt.
Der Kläger war Geschäftsführer der “A-GmbH”, in “B”. Im Jahre 1994 schied er im Alter von 50 Jahren aus dem Unternehmen aus. Darüber kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht in “B”, den die Beteiligten des dortigen Rechtsstreits am 22.12.1994 mit folgendem Vergleich beendeten:
“1. Das Arbeitsverhältnis wird einvernehmlich zum 31.12.1994 aufgehoben. Bis zu diesem Zeitpunkt wird der Vertrag beiderseits ordnungsgemäß erfüllt, wobei der Kläger unter Fortzahlung seiner Bezüge und unter Anrechnung auf etwaigen Resturlaub freigestellt bleibt.
2. Der Beklagte zahlt an den Kläger als Entschädigung für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung gem. § 3 Ziffer 9 EStG in Höhe von 360.000 DM, fällig am 31.12.1994.
...
4. Der Kläger behält seinen Firmen-PKW bis zum 31.3.1995, wobei er nur die Bezinkosten und die Kosten der notwendigen Unterhaltung zu tragen hat.”
In der Einkommensteuererklärung 1994 erklärte der Kläger entsprechend den Eintragungen auf seiner Lohnsteuerkarte eine gem. §§ 24, 34 EStG steuerermäßigte Entschädigung (abzüglich des Freibetrages gem. § 3 Ziffer 9 Satz 2 EStG a. F.) in Höhe von 330.000 DM. Die Nutzung des Dienstwagens im Jahre 1995 mit einem Nutzungswert von insgesamt 3.759 DM (3 Monate x 1.253,45 DM) erfaßte er als laufenden Arbeitslohn des Jahres 1994. Der Beklagte folgte dem und setzte mit Bescheid vom 11.3.1996 die Einkommensteuer 1994 auf 150.591 DM fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Aufgrund einer bei der “A-GmbH” durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, die Nutzung des Dienstwagens sei als Teil der Entschädigung erst im Jahre 1995 steuerlich zu erfassen, und setzte mit einem gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid 1994 vom 21.7.1997 die Einkommensteuer auf 249.388 DM fest. Dabei unterwarf er die Barabfindung als laufenden Arbeitslohn dem normalen Steuersatz und kürzte den Arbeitslohn um den Nutzungswert des Dienstwagens. Die Kläger legten gegen den Änderungsbescheid Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9.9.1997 als unbegründet zurückwies.
Mit ihrer Klage tragen die Kläger vor:
Die Barabfindung sei dem Kläger nach Verrechnungen noch im Dezember 1994 zugeflossen. Bei der privaten Nutzung des Firmenwagens handele es sich um eine Sachzuwendung, die naturgemäß erst im Jahre 1995 hätte erfaßt werden können. Dies stünde der Anwendung des § 34 EStG jedoch nicht im Wege. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) könne eine Tarifbegünstigung auch in Betracht kommen, wenn die Entschädigung nicht in einem Kalenderjahr zufließe, sondern sich auf zwei Jahre verteile. Im übrigen ergebe sich die Nutzung des PKWs schon aus dem Arbeitsvertrag vom 22.3.1990.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 21.7.1997 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Voraussetzung für die Gewährung des ermäßigten Steuersatzes gem. §§ 24, 34 EStG sei nach ständiger Rechtsprechung, dass die Entschädigung in einem Veranlagungsjahr zu erfassen sei. Dies sei hier nicht der Fall, weil die Nutzung des PKWs als Teil der Entschädigung dem Kläger erst im Folgejahr zugeflossen sei. Die Nutzung erfolge nicht auf Grundlage des Arbeitsvertrages, weil dieser im gerichtlichen Vergleich zum 31.12.1994 aufgehoben worden sei.
Der mit der Klage angefochtene Bescheid ist mit Bescheid vom 6.10.2000 geändert worden. Die Kläger haben diesen Bescheid gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die dem Kläger im Jahre 1994 aufgrund des gerichtlichen Vergleichs zugeflossene Barentschädigung in Höhe von 360.000 DM u...