Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibetragsregelung in § 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes 1986/88 vom 26. Juni 1985 in Bundessteuerblatt – BStBl – I 1985, 391 – EStG –.
Die Klägerin erzielte im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin ist geschieden und hat eine Tochter. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1986 berücksichtigte das Finanzamt einen halben Kinderfreibetrag in Höhe von 1.242,– DM nach § 32 Abs. 6 EStG.
Während des Einspruchsverfahrens änderte das Finanzamt den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1986 aus anderen Gründen nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 Abgabenordnung – AO –. Der Einspruch wurde im übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt vor, ihr müsse ein halber Kinderfreibetrag in der angemessenen Höhe von 2.100,– DM gewährt werden. Das habe das Finanzgericht Baden-Württemberg für die Streitjahre 1982 bis 1985 entschieden. Die Entscheidung liege nunmehr dem Bundesverfassungsgericht vor. Wenn dieses die Verfassungswidrigkeit der Kinderfreibeträge für die Jahre 1982 bis 1985 bestätige, käme der Gesetzgeber nicht umhin, die Kinderfreibeträge ab 1986 auch auf 4.200,– DM anzuheben.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1986 vom 8. Mai 1989 und 14. Oktober 1987 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Januar 1988 die Einkommensteuer 1986 unter Berücksichtigung eines halben Kinderfreibetrages in Höhe von 2.100,– DM niedriger festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat zu Recht bei der Einkommensteuerveranlagung 1986 einen Kinderfreibetrag in Höhe von nur 1.242,– DM berücksichtigt (§ 32 Abs. 6 Satz 1 EStG). Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Kinderfreibetragsregelung 1986 bestehen nicht (s. auch Bundesfinanzhof, Entscheidung vom 2. August 1988 in Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1988, 627).
Die Argumentation der Klägerin, wenn das Bundesverfassungsgericht die Kinderfreibetragsregelungen für die Jahre 1982 bis 1985 für verfassungswidrig erkläre, müßten die Kinderfreibeträge auch für die Folgejahre auf 4.200,– DM festgesetzt werden, führt nicht zu einer anderen Entscheidung. Das Bundesverfassungsgericht kann nur über die Verfassungswidrigkeit der Kinderfreibeträge für die Jahre entscheiden, für die es angerufen wurde. Die Spekulation der Klägerin, im Falle der Verfassungswidrigkeit der Kinderfreibeträge für die Jahre 1982 bis 1985 müßte auch der Kinderfreibetrag für das Kalenderjahr 1986 auf 4.200,– DM angehoben werden, ist unbegründet und realitätsfremd. Der Bundesgesetzgeber kann nicht in einem der 90-iger Jahre, wenn die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vorliegen wird, rückwirkend den Kinderfreibetrag für das Kalenderjahr 1986 erhöhen. Das würde in der Konsequenz zur Wiederaufrollung von Millionen schon bestands- oder rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungen führen, in denen zum größten Teil auch schon eine Verjährung eingetreten ist.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Fundstellen