Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid gegenüber dem Geschäftsführer einer GmbH
Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsführer einer GmbH haftet grundsätzlich gemäß § 69 AO, wenn er die Lohnsteuern verspätet gezahlt hat und die Zahlung vom späteren Insolvenzverwalter erfolgreich angefochten wird.
Eine Haftung würde nur dann ausscheiden, wenn eine rechtzeitige Zahlung der Lohnsteuern ebenfalls anfechtbar gewesen wäre.
Normenkette
AO §§ 34-35, 69, 191
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsteller (Ast) für einbehaltene und nicht abgeführte Lohnsteuern der A GmbH (GmbH) haften muss. In dem noch nicht entschiedenen Klageverfahren wendet sich der Ast gegen den Haftungsbescheid vom 26.04.2004, mit dem er für Lohnsteuern aus dem Zeitraum November 2001 bis März 2002 incl. der Säumniszuschläge in Höhe von 25.439,00 Euro in Anspruch genommen wird. Wegen der konkreten Positionen wird auf die Anlage zum Haftungsbescheid (Finanzgerichtsakte -FGA- Blatt - Bl. 14) verwiesen.
Der Ast war seit dem 18.02.2000 bis zum 04.09.2002 (= Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens) alleiniger Geschäftsführer der GmbH.
Die GmbH befindet sich seit Januar 2000 in Vollstreckung. Ende 2000 waren die bis dahin aufgelaufenen Hauptschulden vollständig getilgt. Ende Juli 2001 waren wieder Rückstände in Höhe von ca. 105.000,00 DM entstanden. Zum 11.12.2001 betrug der Rückstand ca. 138.000 DM. Am 06.05.2002 teilte der Ast dem Antragsgegner (Ag) mit, dass die GmbH praktisch zahlungsunfähig sei. Zur Abwendung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen verpflichtete sich die GmbH, welche durch den Ast vertreten wurde, die rückständigen Lohnsteuern November 2001 bis März 2002 an das Finanzamt zu zahlen. Die Zahlung erfolgte per Scheck am 17.06.2002.
Am 22.07.2002 wurde vom Amtsgericht Hamburg ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt. Am 04.09.2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 08.11.2002 machte der Insolvenzverwalter eine Anfechtung gem. §§ 130, 131 InsO geltend und forderte die am 17.06.2002 per Scheck geleistete Zahlung zurück. Dieser Forderung entsprach der Ag. Aus einem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 24.06.2003 geht hervor, dass die GmbH seit Januar 2002 durchgängig zahlungsunfähig gewesen ist.
Am 06.11.2002 erging der erste Haftungsbescheid gegenüber dem Ast, gegen den der Ast am 11.11.2002 Einspruch einlegte. Dieser Haftungsbescheid ist mittlerweile nicht mehr streitbefangen. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens teilte der Ag dem Ast am 01.09.2003 mit, dass ein weiterer Haftungsbescheid wegen der an den Insolvenzverwalter zurückgezahlten Beträge demnächst ergehen wird. Durch Schreiben vom 25.11.2003 wurde dem Ast mitgeteilt, dass der ehemalige Geschäftsführer B, der bis zum 18.02.2000 die Geschäfte der GmbH führte, nicht in Haftung genommen werde und beim Prokuristen eine Haftungsprüfung vorgenommen werde.
Am 26.04.2004 erging gegenüber dem Ast ein Haftungsbescheid bezüglich der Lohnsteuern November 2001 bis März 2002 inklusive der Säumniszuschläge in Höhe von 25.439,00 Euro.
Am 10.05.2005 legte der Ast gegen diesen Haftungsbescheid Einspruch ein, welcher durch Einspruchsentscheidung vom 16.09.2004 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die am 15.10.2004 beim Finanzgericht eingegangene Klage, welche unter dem Aktenzeichen II 302/04 geführt wird.
Am 27.01.2005 stellte der Ast beim Ag einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diesen Antrag lehnte der Ag am 15.02.2005 ab.
Am 28.02.2005 beantragte der Ast beim Finanzgericht Hamburg die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides vom 26.04.2004 (FGA Bl. 1).
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Der angefochtene Verwaltungsakt sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für einen Haftungsbescheid seien nicht gegeben, denn der Ast habe die Lohnsteuern am 17.06.2002 gezahlt. Wenn der Ag das Geld an den Insolvenzverwalter zurückzahle, könne dies nicht seine Haftung begründen. Es fehle an der erforderlichen Kausalität. Zudem sei die Rückzahlung zu Unrecht erfolgt, denn die Zahlung von Lohnsteuern stelle nach dem Beschluss des BFH vom 21.12.1998, VII B 175/98 keine Gläubigerbenachteiligung dar, welche den Insolvenzverwalter zur Anfechtung berechtigt habe.
Der Ast beantragt, die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 26.04.2004 gemäß § 69 Abs. 3 FGO auszusetzen.
Der Ag beantragt, den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Inhaftungsnahme des Ast lägen vor, da der Ast schuldhaft die Lohnsteuern November 2001 bis März 2002 nicht bei Fälligkeit bezahlt habe. Wenn der Ast rechtzeitig gezahlt hätte, hätte der Insolvenzverwalter auch keine Anfechtung geltend machen können. Nach der Rechtsprechung des BGH stelle auch die Zahlung von Lohnsteuern eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung dar, die anfechtbar sei. Der Ag habe sich deshalb korrekt verhalten, als das Geld an den Insolvenzverwalter zurückgezahlt worden sei.
Dem Gericht haben die Arbeitgeberakten und die Rechtsbehelfsakte (St...