Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliches Interesse nach den Steuergesetzen im Sinne des § 60 Abs. 1 FGO

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Beiladung des Gemeinschuldners nach Eröffnung des Konkursverfahrens während des finanzgerichtlichen Prozesses, wenn diese der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen gegenüber dem Konkursverwalter dienen soll.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Der Beiladungsprätendent - B - war Rechtsanwalt. In seiner für seine Tätigkeit als Repetitor und Journalist von ihm selbst gefertigten Bilanz auf den 31.12.1990, die in allen Positionen auf volle 100 gerundete Zahlen ausweist, führte er unter den Passiva und Betriebsausgaben sowie dem Jahresfehlbetrag folgende Beträge auf:

31.12.1990

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditgebern über A GmbH

460.000 DM

sonstige Kreditkosten

460.000 DM

Jahresfehlbetrag

- 225.000 DM

Auf den Jahresabschluss zum 31.12.1990 (Blatt 127 ff. Einkommensteuerakten Band V) wird Bezug genommen.

Der Beklagte erkannte die "sonstigen Kreditkosten" in Höhe von 460.000 DM nicht als Betriebsausgaben an und setzte die Einkommensteuer für 1990 mit Bescheid vom 11.5.1994 unter Zugrundelegung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 235.000 DM auf 82.418 DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Mit Schreiben vom 2.6.1994, eingegangen am 3.6.1994, legte B gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 19.8.1994 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen erhob B Klage. Während des Verfahrens änderte der Beklagte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1990 mit Bescheid vom 8.12.1994 gemäß § 164 Abs. 2 AO aus anderen Gründen und setzte die Einkommensteuer für 1990 auf 78.606 DM, Zinsen zur Einkommensteuer 1990 auf 7.276 DM und evangelische Kirchensteuer 1990 auf 6.216,48 DM fest; in der Abrechnung zu diesen Bescheid bezifferte der Beklagte nach Ausgleich durch Verrechnung die noch zu zahlende Einkommensteuer 1990 auf 76.610,75 DM, die noch zu zahlenden Zinsen zur Einkommensteuer 1990 auf 7.276 DM und die noch zu zahlende evangelische Kirchensteuer 1990 auf 6.027,40 DM.

B legte gegen den Einkommensteuerbescheid vom 8.12.1994 mit Schreiben vom 13.12.1994, eingegangen am 14.12.1994, Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 27.2.1996 wurde der Einspruch gegen den Änderungsbescheid über Einkommensteuer 1990 vom 8.12.1994 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat B mit Schreiben vom 19.3.1996, eingegangen am 21.3.1996, Klage erhoben.

B begründete seine Klage damit, dass die streitigen Zinsaufwendungen in Höhe von 460.000 DM Darlehen beträfen, die ihm im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit als Konkursverwalter zur Aufrechterhaltung seines Betriebes zur Verfügung gestellt worden seien. Die Aufwendungen seien damit betrieblich veranlasst.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 29.5.1996 (Az.: 65 a N 487/94) wurde über das Vermögen des B das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter ernannt. Der Beklagte meldete die streitigen Beträge zur Konkurstabelle an. Nach dem Ergebnis der Prüfungsverhandlungen vom 22.10.1996 wurden die angemeldeten Beträge zur Konkurstabelle vom Konkursverwalter bestritten. Mit Schreiben vom 28.7.2000 hat der Beklagte beantragt, den Rechtsstreit aufzunehmen.

Mit prozessleitender Verfügung vom 12.7.2004 hat das Gericht dem Kläger unter Fristsetzung bis zum 9.8.2004 aufgegeben, alle Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine Beschwer empfunden werde. Des Weiteren wurde der Kläger aufgefordert, innerhalb der genannten Frist die Beweismittel zu seiner Behauptung zu bezeichnen, die Kreditkosten für 1990 in Höhe von 460.000 DM seien betrieblich veranlasst. Darüber hinaus wurde der Kläger aufgefordert, innerhalb der genannten Frist die Darlehensverträge über die vorgenannten Kreditkosten sowie Verwendungsnachweise für die Darlehen und Nachweise über die Zahlung der geltend gemachten Kreditkosten vorzulegen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht würden, zurückgewiesen und ohne weitere Ermittlungen entschieden werden könne. Innerhalb der gesetzten Frist sind die Unterlagen von dem Kläger nicht eingereicht worden.

Mit Schreiben vom 30.7.2004, eingegangen am 31.7.2004, hat B beantragt, zum Verfahren beigeladen zu werden. Er begründet seinen Antrag damit, dass der Konkursverwalter seit fast 10 Jahren steuerlich nichts tue. Er begehre die Beiladung, da das Urteil später gegen ihn Wirkung zeigen würde. Er habe dem Konkursverwalter alle Unterlagen eingereicht.

Dem Gericht liegen die Einkommensteuerakten Band V und die Rechtsbehelfsakten Band 1 zur Steuernummer ... vor.

 

Entscheidungsgründe

II.

Nach § 60 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Finanzgericht von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen ne...

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