Revision eingelegt (BFH I R 28/19)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus der nichtselbständigen Tätigkeit, die an Bord eines Seeschiffes erzielt wurden, wenn der Arbeitgeber des Steuerpflichtigen seinen Sitz auf Zypern hat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach der Regelung in Art. 14 Abs. 4 DBA Zypern, welche durch die Protokollerklärungen konkretisiert wurde, steht nur Zypern das Besteuerungsrecht zu, wenn sich der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung des Unternehmens, also des Arbeitgebers, nach dem Arbeitsvertrag auf Zypern befindet. Die Maßgeblichkeit des Arbeitgebers folgt aus der Protokollerklärung zu Art. 14. Es ist nicht erforderlich, dass das Unternehmen selbst internationalen See- oder Luftverkehr betreibt. Damit unterscheidet sich die Rechtslage des Streitjahres von der Rechtslage bis einschließlich 2011.

2. Das BMF-Schreiben vom 3. Mai 2018, BStBl I 2018, 643 Tz. 8.2.5, wonach Arbeitgeber im Sinne des Art. 14 DBA nur derjenige sein kann, der eigenständig den Schiffsverkehr betreibt, legt dasDBA Zypern nach Auffassung des Senats unzutreffend aus und ist für das Gericht nicht bindend.

3. Die Voraussetzungen von§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG liegen vor, wenn in den Fällen, in denen das Schiff, auf dem der Steuerpflichtige beschäftigt ist, nicht auf Zypern registriert ist, eine Besteuerung auf Zypern nur dann durchgeführt wird, wenn ein Wohnsitz oder ständiger Aufenthalt auf Zypern vorliegt. Nach dem Recht Zyperns ist die Heuer für die Tätigkeit an Bord von Schiffen, die auf Zypern registriert sind, für unbeschränkt wie für beschränkt steuerpflichtige Seeleute grundsätzlich steuerfrei (Art. 55 Merchant Shipping Law 2010). Ist das Schiff nicht auf Zypern registriert, werden nur beschränkt steuerpflichtige Seeleute mit ihrer Heuer auf Zypern nicht besteuert, während auf Zypern unbeschränkt steuerpflichtige Person mit diesen Vergütungen steuerpflichtig sind.

4. Gegen die Anwendung des§ 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG spricht nicht, dass die steuerrechtlichen Regelungen, die auf Zypern bestehen und auf die § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG tatbestandlich Bezug nimmt, eine Differenzierung danach vornehmen, wo das Schiff registriert ist. Der Gericht ist nicht davon überzeugt, dass diese steuerrechtlichen Regelungen Zyperns unionsrechtswidrig sind; insbesondere liegt keine Verletzung der Grundfreiheiten vor.

 

Normenkette

EStG § 50d Abs. 9; DBA Zypern Art. 14 Abs. 4; AEUV Art. 45

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.04.2022; Aktenzeichen I R 28/19)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit, die er an Bord eines Seeschiffes erzielt hat, in Deutschland der Besteuerung unterliegen.

Der Kläger ist Kapitän und war im Streitjahr 2012 an insgesamt 179 Tagen auf dem Kreuzfahrtschiff "MS XXX" tätig, welches in diesem Jahr unter der Flagge der Bahamas fuhr und dort registriert war. Arbeitsvertragliche Grundlage war ein Seamans Employment Contract vom 15. November 2000 mit der A Ltd (A) mit Sitz in B auf Zypern. Die A stellte auf Grund eines Crewingvertrages u.a. mit der Schiffseignerin des "MS XXX", der C Limited mit Sitz auf den Bahamas, die Besatzung der Schiffe. Die Kreuzfahrtschiffe wurden von der Eignerin an die D AG mit Sitz in H verchartert, die dann ihrerseits die Schiffe an die E GmbH mit Sitz in H weiter vercharterte. Die A hat ca. 8.000 Seeleute angestellt und verfügt über ca. 200 Mitarbeiter, die sich ausschließlich mit der Verwaltung der Seeleute beschäftigen. Die A betreut ca. 300 Schiffe.

Das Crewingunternehmen hatte insbesondere folgende Aufgaben:

  • internationale Suche nach geeigneten Seeleuten,
  • rechtliche Anstellung und Abschluss von Arbeitsverträgen, die alle durch die ILO für Seeleute geforderten Bedingungen erfüllen,
  • Risiko der Vergütungszahlungen bei Ausfall der Kundenzahlung oder Nichtbeschäftigung,
  • Prüfung, Überwachung und Risiko der fachlichen Eignung,
  • Ersatz bei Ausfall des Arbeitnehmers,
  • Einhaltung internationaler Visa-Regelungen,
  • Einhaltung internationaler Beschäftigungsvorschriften,
  • Einhaltung internationaler Steuervorschriften und Sozialversicherungsregeln,
  • Einhaltung der vorgeschriebenen Trainingsvorschriften,
  • laufende Gesundheitskontrolle,
  • Gesundheitszertifikate,
  • Anordnung und Überwachung der Regeln bezüglich Alkohol und Drogen,
  • Ausrüstung mit Arbeitskleidung bzw. Uniformen,
  • Beförderungen weltweit zum und vom Schiff,
  • Lohnabrechnungen unter Beachtung von Vorschriften des Wohnsitz- und Arbeitgeberstaates,
  • regelmäßige Kontrollbesuche an Bord durch Superintendenten der A.

Nach dem Recht Zyperns ist die Heuer für die Tätigkeit an Bord von Schiffen, die auf Zypern registriert sind, für unbeschränkt wie für beschränkt steuerpflichtige Seeleute grundsätzlich steuerfrei (Art. 55 Merchant Shipping Law 2010). Ist das Schiff nicht auf Zypern registriert - wie die MS XXX -, werden nur beschränkt steuerpflichtige Seeleute mit ihrer Heuer auf Zypern nicht besteuert, während auf Zypern unbeschränkt steuerpflichtige Persone...

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