Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuerliche Behandlung einer Einsetzung als Nachfolgebegünstigte einer liechtensteinischen Familienstiftung. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 50/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Vermögen einer Familienstiftung nach liechtensteinischem Recht ist nicht Teil des Nachlasses des Erblassers und geht nicht als Erwerb durch Erbanfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) auf den Nachfolgebegünstigten und Erben des Stifters über, wenn die Herrschaftsbefugnisse, die sich der Stifter und Erblasser nach den maßgeblichen Regelungen im Mandatsvertrag und den Beistatuten der Familienstiftung vorbehalten hat und aufgrund derer ihm das Stiftungsvermögen zu Lebzeiten weiterhin wie eigenes Vermögen zuzurechnen war, nicht vererblich, sondern mit dem Tod des Erblassers ersatzlos erloschen sind. Rechtsnachfolgerin hinsichtlich des Stiftungsvermögens ist in diesem Fall die Stiftung selbst.
2. Die Einsetzung als Nachfolgebegünstigter einer Stiftung und die daraus resultierenden jährlichen Auszahlungen aus der Stiftung stellen keinen Vermögensvorteil aufgrund eines Vertrages des Erblassers zugunsten Dritter (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) dar, wenn sich die Regelungen zugunsten des Erben nicht aus einem Vertrag zwischen Versprechendem (Vertragspartner) und Versprechensempfänger (Erblasser) im sog. Deckungsverhältnis ergeben. Bei der Stiftungsurkunde, den Statuten und den Beistatuten handelt es sich nicht um Verträge im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, sondern um ein einseitiges Rechtsgeschäft.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nrn. 1, 4; BGB § 1922 Abs. 1; ErbStG § 1 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie die Einsetzung der Klägerin als Nachfolgebegünstigte der liechtensteinischen B Stiftung an die Klägerin erbschaftsteuerlich zu behandeln ist.
Die in C wohnhafte Klägerin ist die Tochter und alleinige befreite Vorerbin der am …. verstorbenen Frau A (Erblasserin).
Die Erblasserin beauftragte mit Vertrag vom …. die E Treuhand- und Verwaltungs-Anstalt in F mit der Gründung der B1 Stiftung nach liechtensteinischem Recht (B1-Stiftung). Im Mandatsvertrag vom …. zwischen der Erblasserin (Auftraggeber) und der E, in dem die E die Besorgung der Verwaltung der Stiftung durch Zurverfügungstellung von Personen als Mitglieder des Stiftungsrats (I. des Vertrages) übernahm, wurde u.a. Folgendes festgelegt:
„ …
II.
E übt dieses Mandat ausschließlich auf Weisungen der folgenden Personen aus:
- Auftraggeber einzeln
- Instruktionsberechtigte: – niemand –
Der Auftraggeber kann die lnstruktionsberechtigung jederzeit durch schriftliche Mitteilung an E andern oder wiederrufen.
E und die in Art. I genannten Personen sind ohne Instruktion nicht verpflichtet,
selbständig zu handeln.
…
IX.
Sowohl der Auftraggeber als auch E sind berechtigt, den Vertrag jederzeit ohne
Angabe von Gründen einseitig aufzulösen.
Bei Auflösung des Vertrages wird E dafür Sorge tragen, dass die in Artikel I. genannten Personen als Mitglieder des Stiftungsrates sofort zurücktreten. Diese sind berechtigt, noch vor ihrem Rücktritt die von ihnen im Namen der Stiftung ausgestellten Vollmachten zu widerrufen.
X.
Dieser Vertrag erlischt mit dem Tod … des Auftraggebers.
Durch das Erlöschen dieses Vertrages wird die Stellung der in Art. I. genannten Personen als Mitglieder des Stiftungsrates nicht berührt. Diese haben in der Folge ihrer Handlungen ausschließlich auf Gesetz und Statuten auszurichten.
XI.
Dieser Vertrag untersteht liechtensteinischem Recht.”
Die E gründete mit Urkunde vom …. auftragsgemäß die Stiftung. In der Gründungsurkunde wurde festgelegt, dass der Stiftungsrat aus mindestens zwei Mitgliedern besteht. Zu Mitgliedern des Stiftungsrates wurden G aus F (Liechtenstein), H aus F, und K aus K (Schweiz), bestellt.
Nach den Statuten der B1-Stiftung vom …. war Zweck der Stiftung die … sowie die Verfolgung ähnlicher Zwecke (§ 4 der Statuten). Bei der Auflösung sollte das Vermögen auf die Stiftungsbegünstigten übergehen.
Im Einzelnen sahen die Statuten folgende Regelungen vor:
„§ 1 – Name:
Unter dem Namen B1 Stiftung, B1 Foundation
besteht nach diesen Statuten und nach Art 552 ff des Liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechtes eine Stiftung mit selbständiger juristischer Persönlichkeit.
§ 2 – Dauer:
Die Stiftung ist auf Dauer errichtet.
§ 3 -Sitz und anwendbares Recht:
Sitz der Stiftung ist F. Der Stiftungsrat kann jederzeit mittels einfachen Mehrheitsbeschlusses und unter Beachtung der gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen den Sitz an einen anderen Ort des In- oder Auslandes verlegen. Alle Rechtsverhältnisse dieser Stiftung unterliegen ausschließlich liechtensteinischem Recht.
§ 4 – Zweck:
Zweck der Stiftung ist
1) …
2) …
…
Die Stiftung ist im Rahmen der Vermögensverwaltung befugt, alle Rechtsgeschäfte abzuschließen, welche der Verfolgung und Verwirklichung ihres Zweckes dienen. Ein nach kaufmännischer Art geführtes Gewerbe wird nicht betrieben. …
§ 7 Stiftungsbegünstigung
a) Anlässlich der Errichtun...