Nachgehend
BFH (Beschluss vom 08.02.2000; Aktenzeichen VII R 35/99) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte den Kläger zu Recht von der mündlichen Steuerberaterprüfung ausgeschlossen hat.
Die Ertragsteuerklausur in der Steuerberaterprüfung 1997 war einigen Bewerbern bekannt. Der mit der Aufgabenstellung für die Ertragsteuerklausur beauftragte Beamte des … hatte als Vorlage eine von ihm überarbeitete Übungsklausur des Instituts A. aus dem Jahre 1993 verwendet und als eigenen Aufgabenentwurf ausgegeben. Die Übungsklausur wurde, was der fragliche Beamte nicht wußte, im Jahre 1997 von dem Institut A. auch selbst überarbeitet und erneut als Übungsklausur in einem Vorbereitungskurs geschrieben. Diese Umstände waren den für die Durchführung der Steuerberaterprüfung verantwortlichen obersten Finanzbehörden der Länder nicht bekannt. Hiervon haben sie vielmehr erst nach der schriftlichen Steuerberaterprüfung, aber vor der Bewertung der Klausuren erfahren.
Der Beklagte teilte dem Kläger durch Bescheid vom 30.01.1998 mit, daß der Prüfungsausschuß 19 für Steuerberater für die von ihm in der Steuerberaterprüfung 1997 geschriebenen Aufsichtsarbeiten folgende Noten festgesetzt habe:
Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete |
… |
Ertragsteuerrecht |
… |
Buchführung und Bilanzwesen |
… |
Da die Gesamtnote für die schriftliche Prüfung somit … betrage, sei der Kläger nach § 25 Abs. 2 DVStB von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen und habe mithin die Steuerberaterprüfung 1997 nicht bestanden.
Mit der dagegen am 27.02.1998 erhobenen Klage trägt der Kläger vor, zum Einsatz der fraglichen Klausur in der Steuerberaterprüfung 1997 sei es dadurch gekommen, daß ein früherer Teilnehmer eines Repetitoriums in A. als Beamter des … mit der Aufgabe betraut worden sei, die Prüfungsklausur „Ertragsteuern” zu entwerfen. Der Beamte habe, offenbar um sich das Leben leicht zu machen, die ihm aus seiner Teilnahme an dem Repetitorium bekannte Klausur fast unverändert übernommen. Dies habe dazu geführt, daß die Teilnehmer der Prüfung, die zuvor an dem Repetitorium teilgenommen hatten, fast ausnahmslos bei der Klausur die Bewertung „gut” oder besser erzielt hätten. Dadurch sei der Grundsatz der Chancengleichheit verletzt worden. Es müsse nun unterstellt werden, daß auch der Kläger eine andere ertragsteuerliche Klausur ausgezeichnet absolviert hätte. Zumindest müsse ihm Gelegenheit geboten werden, eine solche Klausur „nachzuliefern”. Objektive Bewertungsmaßstäbe gibt es nach Meinung des Klägers nicht. Der Prüfer müsse erst noch geboren werden, der nach mehreren mustergültigen Arbeiten bei einer weniger überzeugenden noch bereit sei, eine mittlere oder obere Note zu vergeben. Der Kläger ist schließlich der Ansicht, die Prüfungsbehörde müsse sich das Wissen der nicht ganz unzuständig in das Prüfungswesen eingebundenen Beamten zurechnen lassen.
Der Kläger beantragt:
- Der Prüfungsentscheid des Finanzministers des Landes Nordrhein Westfalen vom 30.01.1998 wird aufgehoben.
- Der Beklagte wird angewiesen, den Kläger unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des angerufenen Gerichts erneut zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, der Grundsatz der Chancengleichheit gebiete zwar, möglichst gleichmäßige äußere Rahmenbedingungen bei der Prüfung für alle Prüfungskandidaten zu schaffen, um damit allen Prüflingen gleiche Erfolgschancen einzuräumen. Von einer Bevorzugung könne jedoch nur dann die Rede sein, wenn die Prüfungsbehörde in Kenntnis der Tatsache, daß einem Teil der Prüfungskandidaten die Lösung einer Klausur bekannt oder zumindest vertraut ist, die Aufgabe trotzdem stelle und damit diese Kandidaten gegenüber den übrigen Kandidaten, die die Arbeit nicht kennen, bevorzuge. Im Streitfall könne von einer bewußten Bevorzugung oder Benachteiligung von Prüfungskandidaten aber nicht gesprochen werden. Denn die Prüfungsbehörden hätten erst nach der schriftlichen Steuerberaterprüfung 1997 erfahren, daß die Ertragsteuerklausur einigen Prüfungskandidaten bekannt war. Die Kenntnis des „Klausurverfassers” sei den einzelnen Prüfungsbehörden nicht zuzurechnen. Die Teilnehmer an den Kursen des Instituts A. seien also nicht bewußt bevorzugt worden. Vielmehr hätten diese Kandidaten, deren Anzahl nicht bekannt sei, lediglich zufällig das „Glück” gehabt, eine Prüfungsaufgabe zur Bearbeitung zu erhalten, auf die sie durch die Teilnahme an den Veranstaltungen des Steuerrechtsinstituts gut vorbereitet waren. Im übrigen gäbe es keinen Rechtssatz, der es einer Prüfungsbehörde verbiete, bei der Auswahl ihrer Arbeiten auf bereits veröffentlichte Fälle zurückzugreifen.
Zu einer Benachteiligung des Klägers sei es auch deshalb nicht gekommen, weil die Bewertungskriterien für die Steuerberaterprüfung bereits im Vorfeld der schriftlichen Prüfung festgelegt würden. Sie orientierten sich nicht an einer irgendwie gearteten Durchfallquote, sondern an einem absoluten Bewertungsmaßstab. Das Prüfungsverfahren ziele darauf ab, die wahren Leis...