Entscheidungsstichwort (Thema)
Freistellung von Arbeitslohn nach § 34c EStG in Verbindung mit dem Auslandstätigkeitserlass. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 51/23)
Leitsatz (redaktionell)
1) Nach Abschnitt I Nr. 4 des Auslandstätigkeitserlasses (ATE) ist allein deutsche öffentliche Entwicklungshilfe begünstigt, nicht etwa auch internationale oder europäische Entwicklungshilfe.
2) Die Steuerermäßigung nach § 34c EStG kommt danach nicht in Betracht, wenn die Projektmittel nicht einmal zum Teil unmittelbar aus inländischen öffentlichen Kassen stammen, sondern vollständig aus Mitteln der European Development Funds sowie ggf. aus Mitteln des afrikanischen Staates.
Normenkette
EStG § 19; ATE Abschn. I Nr. 4; EStG § 34c Abs. 5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Arbeitslohns der Klägerin nach § 34 c Abs. 5 EStG i.V.m. dem Auslandstätigkeitserlass (ATE).
Die Klägerin war vom 12.04.2009 bis zum 31.10.2012 bei der Entwicklungshilfegesellschaft A mbH (A mbH, im Folgenden: A) mit Sitz in K nichtselbstständig als Projektleiterin beschäftigt. Sie arbeitete aufgrund eines projektbefristeten Anstellungsvertrags im Rahmen der Micro Projects Programme in Afrika. Dabei handelte es sich um ein – ganz oder teilweise – mit EU-Mitteln (EUROPEAID/125800/D/SER/NG; 7. und 9. European Development Fund), jedenfalls nicht durch die BRD finanziertes Projekt. Wohnort und Lebensmittelpunkt der Klägerin waren in dieser Zeit E, Beschäftigungsort war W in Afrika.
Einem Antrag des Arbeitgebers auf Freistellung des Arbeitslohns nach dem ATE für die Zeit vom 12.04.2009 bis 11.04.2011 war durch das Finanzamt K v. d. Höhe stattgegeben worden. Der Arbeitgeber hatte für die Streitjahre 2011 und 2012 keine Lohnsteuer von dem Arbeitslohn der Klägerin einbehalten und abgeführt.
In Afrika war ebenfalls keine Versteuerung des Arbeitslohnes der Klägerin erfolgt.
Auf den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen der Klägerin sind steuerfreier Arbeitslohn nach ATE für 2011 i.H.v. 90.422 € und für 2012 i.H.v. 87.473 € sowie steuerfreie Arbeitgeberleistungen bei doppelter Haushaltsführung für 2011 i.H.v. 12.000 € und für 2012 i.H.v. 10.800 € ausgewiesen.
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der A stellte das zuständige Finanzamt fest, dass die Finanzierung des Projektes nicht durch den Bund oder die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, sondern durch die EU erfolgt war, und bat den Beklagten darum, den Arbeitslohn der Klägerin im Rahmen von Einkommensteuerveranlagungen der Besteuerung zu unterwerfen.
Mit Bescheiden vom 13.02.2014 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2011 auf 26.961 € und die Einkommensteuer 2012 auf 24.600 € fest. Dabei berücksichtigte er die Bruttoarbeitslöhne der Klägerin vermindert um die dazu erklärten Werbungskosten i.H.v. 1.346 € für 2011 und i.H.v. 1.100 € für 2012 als steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit.
Mit ihren Einsprüchen vom 05.03.2014 wies die Klägerin auf das EuGH-Urteil vom 28.02.2013 C-544/11 hin und beantragte die Steuerfreistellung ihres Arbeitslohns. Bei ihrer Tätigkeit habe es sich um die Mitarbeit in einem Projekt im Rahmen der Entwicklungshilfe gehandelt. Es könne nicht zu ihren Lasten gehen, dass die Projektförderung unter Beteiligung der EU erfolgt sei. Die Förderung von Entwicklungshilfeprojekten deutscher Unternehmen durch EU-Mittel könne nicht anders beurteilt werden als die Förderung aus deutschen Mitteln. Auch eine EU-gestützte Förderung eines inländischen Unternehmens diene letztendlich volkswirtschaftlichen Zwecken wie der Förderung der deutschen Außenwirtschaft und deren Konkurrenzfähigkeit sowie der Steigerung der Bereitschaft von Arbeitnehmern zu Auslandseinsätzen. Der ATE dürfe nicht wörtlich ausgelegt werden, ansonsten käme es zu einer höheren steuerlichen Belastung von Arbeitnehmern, die für Entwicklungshilfeprojekte tätig seien, die nicht unter die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe fielen, gegenüber solchen Arbeitnehmern, die Tätigkeiten im Sinne der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe ausüben würden. An einer solchen Einschränkung des ATE auf Tätigkeiten, die allein die deutsche öffentliche Entwicklungshilfe beträfen, bestünden Zweifel im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht.
Wenn also bereits der Fall der Nichtbegünstigung von Arbeitslohn eines Arbeitnehmers eines dänischen Unternehmens – wie in dem durch dem EuGH entschiedenen Fall – als ungerechtfertigt gewertet werde, müsse erst recht die Nichtbegünstigung von Arbeitslohn von Mitarbeitern aus EU Projekten inländischer Unternehmen als nicht gerechtfertigt angesehen werden. Es sei Zweck der EU, eine koordinierte Politik auf dem Gebiet der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Stelle sie die Mittel dafür bereit, sollten die damit in Verbindung stehenden Konsequenzen genauso gehandhabt werden wie bei einer Unterstützung aus inländischen Mitteln. Durch die Ungleichbehandlung und die damit v...