Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Rechnungen ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis
Leitsatz (redaktionell)
1) Der Vorsteuerabzug kann nach § 39a UStDV 1995/1996 auch ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis dann gewährt werden, wenn die Steuer nicht freiwillig im Abzugsverfahren nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStG, sondern aufgrund eines Haftungsbescheides nach § 55 UStDV entrichtet worden ist.
2) Die im Haftungsbescheid stehenden Angaben ersetzen insoweit die weiter erforderlichen Angaben zum errechneten und abgeführten Steuerbetrag. Die 6. EG-Richtlinie steht dem wegen der Neutralität der Mehrwertsteuer nicht entgegen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStDV 1995/1996 § 39a; UStDV 1995/1996 § 55; UStG § 15 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob der Klägerin aus Rechnungen ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis der Vorsteuerabzug für die Streitjahre – 1995 und 1996 – zusteht.
Die Klägerin hat das in 1993 erworbene Geschäftshaus …-Str. im Jahre 1995 umgebaut und im Folgejahr hieran einen Anbau errichtet. Das Hauptgebäude wurde danach im Erdgeschoß als … umsatzsteuerpflichtig, die übrigen Geschosse zu Wohnzwecken steuerfrei vermietet. Das Erdgeschoss des Anbaus wurde zur Nutzung durch zwei … umsatzsteuerpflichtig und die übrigen Etagen ebenfalls zu Wohnzwecken steuerfrei vermietet. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Altbau nach dem Umbau zu 36,03 v.H. für umsatzsteuerpflichtige Umsätze und im übrigen für umsatzsteuerfreie Umsätze vermietet wurde. Ebenfalls unstreitig ist, dass der Anbau zu 38,28 v.H. für umsatzsteuerpflichtige Umsätze und im übrigen für umsatzsteuerfreie Umsätze vermietet wurde.
Im April 1998 fand bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung statt. Dabei stellte der Prüfer neben weiteren – hier nicht relevanten – Feststellungen fest, dass es sich bei einer der bauausführenden Firmen um die in H. ansässige Fa. D, F. (folgend nur D.) gehandelt habe, die hierfür in 1995 … DM und in 1996 … DM ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis in Rechnung gestellt habe. Die Klägerin hätte – wegen des Fehlens der Voraussetzungen der sog. Nullregelung gemäß § 52 UStDV – die Mehrwertsteuer im Abzugsverfahren einbehalten und dem Finanzamt abführen müssen. Weil dies nicht geschehen sei, sei die Klägerin daher zurecht mit Haftungsbescheid des Beklagten vom 22. Januar 1998 über … DM für 1995 und über … DM für 1996 gemäß § 55 UStDV in Haftung genommen worden.
Zusätzlich sei der von der Klägerin vorgenommene Vorsteuerabzug aus diesen Rechnungen in Höhe von 41 v.H. (für 1995) bzw. 40 v.H. (für 1996) – dem seinerzeit noch von der Klägerin für zutreffend erachteten Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Vermietung – in Höhe von … DM (für 1995) bzw …. DM (für 1996) nicht zu gewähren. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf den Inhalt des Umsatzsteuer-Sonderprüfungsberichts vom 28. Mai 1998 zu Tz. 15 c und 17 b Bezug genommen.
Der Beklagte folgte dem und erließ am 12. Juni 1998 für 1995 und am 15. Juni 1998 für 1996 entsprechende Umsatzsteuerbescheide.
Die hiergegen am 1. Juli 1998 für 1995 und am 9. Juli 1998 für 1996 eingelegten Einsprüche wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 1999 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 30. Juli 1999 Klage erhoben.
Sie macht geltend, nachdem sie die Beträge laut Haftungsbescheid – unstreitig – bezahlt habe, seien die Voraussetzungen des § 39a UStDV gegeben und damit der Vorsteuerabzug auch ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis in den Rechnungen der D. möglich.
Sie habe nämlich unstreitig Rechnungen von einem im Ausland ansässigen Unternehmer erhalten. Sie habe auch die Steuer im Abzugsverfahren entrichtet. Zwar sei dies nicht im Wege der Steueranmeldung nach § 54 UStDV geschehen, die Zahlung sei aber durch die Haftungsinanspruchnahme nach § 55 UStDV erfolgt. Diese Vorschrift sei aber Bestandteil des Abzugsverfahrens, wie sich bereits aus der systematischen Stellung der Vorschrift gemäß §§ 18 Abs. 8 UStG i.V.m. §§ 51-58 UStDV ergebe. Aufgrund der Ermächtigung in § 18 Abs. 8 Satz 1 UStG zur Regelung der Besteuerung der im Ausland ansässigen Unternehmen seien die Vorschriften der §§ 51-58 UStDV ergangen. Sie enthielten detaillierte Regelungen über die Besteuerung im Abzugsverfahren. Bestandteil sei demnach auch die Vorschrift des § 55 UStDV.
Unerheblich sei, dass sie als Unternehmerin nicht vermerkt habe, welchen Steuerbetrag sie errechnet und abgeführt habe. Diese Vermerke erübrigten sich nämlich im vorliegenden Fall, weil aus dem Haftungsbescheid ohne weiteres ersichtlich sei, welche Steuerbeträge dem Beklagten abgeführt worden seien. Insoweit ersetze der Haftungsbescheid die nach § 39a Satz 1 Nr. 3 UStDV erforderlichen Angaben.
Darüber hinaus spreche für die Berücksichtigung der anteiligen Vorsteuerbeträge, dass die Vorschrift des § 39a UStDV zum 1.1.1993 aus praktischen Erwägungen eingeführt worden sei, um den im Inland ansässigen Unternehmer, der die Null-Regelung des § 52 Abs. 2 UStDV nicht anwenden könne, weil er nicht zum voll...