Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung und Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen. Einkommensteuer 1997, 1998, 1999 und 2000
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Frage, ab welchem Zeitpunkt Aussetzung der Vollziehung zu gewähren ist, ist zu berücksichtigen inwieweit der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nach den §§ 90 und 97 AO nachgekommen ist.
2. Ist er zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet, so muss der Steuerpflichtige der Finanzbehörde den Gewahrsam der Urkunden überlassen, wenn sonst eine ausreichende Prüfung nicht erfolgen kann.
Normenkette
FGO § 69; AO §§ 90, 97
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Klageverfahren, ob hinsichtlich eines Bügelservices der Antragstellerin Verluste aus Gewerbebetrieb vorliegen.
Mit den jeweiligen Einkommensteuererklärungen wurden folgende Verluste aus Gewerbebetrieb erklärt:
1997: |
30.703 DM |
1998: |
20.494 DM |
1999: |
15.978 DM |
2000: |
2.237 DM |
Summe: |
69.412 DM |
Diese Verluste wurden zunächst im Wesentlichen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre übernommen, die Bescheide ergingen jedoch bezüglich der Einkünfteerzielungsabsicht vorläufig.
Im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen den Einkommensteuerbescheid für 1998 forderte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) die Antragstellerin auf, die Gewinnerzielungsabsicht nachzuweisen und hierzu auch die gesamten Buchführungsunterlagen vorzulegen. Diese Unterlagen wurden dem FA erst während des gerichtlichen Verfahrens am 13. Oktober 2003 übergeben. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 wurden die strittigen Beträge (Einkommensteuer, Zinsen und Solidaritätszuschlag) für die Streitjahre betragsmäßig in vollem Umfang ausgesetzt, jedoch erst mit Wirkung ab 13. Oktober 2003. Bereits durchgeführte Vollstreckungsmaßnahmen blieben bestehen.
Das FA erklärte den Rechtsstreit mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 in der Hauptsache für erledigt. Diesem stimmte der Vertreter der Antragsteller mit Schriftsatz vom 6. November 2003 grundsätzlich zu, nicht aber der Einschränkung des Zeitpunktes „13. Oktober 2003”. Durch diese späte Aussetzung würden für die Zeit vom Erlass des Steuerbescheides bis zum 13. Oktober 2003 Säumniszuschläge anfallen, die Antragsteller seien daher insoweit beschwert.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung der streitigen Einkommensteuerbescheide wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit ohne zeitliche Einschränkungen auszusetzen.
Der Antragsgegner (Finanzamt) beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 7. April 2003, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof-BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bestehen nach Aktenlage nicht.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Dadurch, dass das FA mit Bescheid vom 24. Oktober 2003 die Vollziehung der streitigen Bescheide grundsätzlich ausgesetzt hat, verbleibt nur zu prüfen, ob an der Rechtmäßigkeit der Einschränkung „ab 13.10.2003” ernstliche Zweifel bestehen.
Nach § 90 Abs. 1 AO sind die Beteiligten zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie haben der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nachzukommen, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang der Pflichten richtet sich nach dem Einzelfall. Diese Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen ist ein unentbehrliches Mittel zur Verwirklichung der Aufklärungspflicht des Fin...