Entscheidungsstichwort (Thema)
„Anderer Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage” gem. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3. Alt. GrEStG bei Übertragung von Miteigentumsanteilen im Rahmen der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR, nicht aber bei einer erst nach der Auseinandersetzung der GbR vereinbarten entgeltlichen Veräußerung von Miteigentumsanteilen zwischen den Gesellschaftern
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Begriff „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage” i.S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3. Alt. GrEStG erfasst auch Erwerbsvorgänge eines Gesellschafters von einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist, wenn sich im Zuge des Grundstücksgeschäfts die Beteiligungsverhältnisse des beteiligten Gesellschafters der Höhe nach verändern, z. B. wenn ein Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung (§ 730 BGB) ein der Gesellschaft gehörendes Grundstück übertragen bekommt und damit der Erwerber statt seines Anteils am Liquidationserlös das Grundstück erhält.
2. Wird im notariell beurkundeten Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags für eine grundbesitzende GbR (GbR 1) zwei Gesellschaftern der GbR 1 ein mit Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung verbundener Miteigentumsanteil an der GbR 1 zugeteilt und einer GbR 2 zugewiesen, an der die beiden Gesellschafter beteiligt sind, so liegt kein „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage” i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3. Alt. GrEStG mehr vor, wenn später ein dritter Gesellschafter der GbR 1 zunächst durch einen privatschriftlichen Anteilsübertragungsvertrag von den beiden anderen Gesellschaftern der GbR 1 deren Anteile an der GbR 2 vollständig erwirbt und wenn darauf in Abänderung des notariell beurkundeten Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags in einer notariellen Urkunde der mit dem Sondereigentum an der bestimmten Wohnung verbundene Miteigentumsanteil an der GbR 1 nunmehr auf den dritten Gesellschafter der GbR 1 übertragen wird.
Normenkette
GrEStG § 8 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2, 3., Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 157 Abs. 1-3; BGB § 730
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Grunderwerbsteuer im Streitfall nach § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) oder nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2. 3. Alt. GrEStG zu bemessen ist.
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts A (im Folgenden A-GbR genannt) hatte das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück in der A Straße zu Eigentum erworben. An der Gesellschaft waren u.a. der Kläger, die X GmbH, sowie die Y GmbH beteiligt.
Mit notariell beurkundetem Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag nach § 3 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) vom 29. Januar 2010 setzte sich die A-GbR zum Zwecke der in weiteren Teilen der Urkunde vorzunehmenden Bildung von Wohnungs- und Teileigentum dergestalt auseinander, dass deren einzelne Gesellschafter künftig die in der Urkunde bezeichneten Miteigentumsanteile, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung/einem Büro erhalten. Dabei wurde dem Kläger ein Miteigentumsanteil von 92,61/1000 verbunden mit Wohnung Nr. 6 zugewiesen. Der Gesellschaft bürgerlichen Rechts B (im Folgenden B-GbR genannt), an der die X GmbH und die Y GmbH beteiligt waren, wurde ein Miteigentumsanteil von 89,81/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 4 zugewiesen. In Abschnitt I.5 des Vertrages bewilligten und beantragten die Eigentümer die Eintragung der Aufteilung des Grundstücks in Miteigentumsanteile unter Einräumung der genannten Sondereigentumsrechte und die Anlegung der entsprechenden Wohnungs- bzw. Teileigentumsgrundbücher in das Grundbuch.
Am 4. Februar 2010 schloss der Kläger als Käufer mit der X GmbH und der Y GmbH als Verkäufer sowie den Gesellschaftern der A-GbR einen privatschriftlichen Anteilsübernahmevertrag. In Ziff. 1. des Vertrages ist festgehalten, dass die Verkäufer Gesellschafter der B-GbR sind, die mit Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag der A-GbR vom 29. Januar 2010 die Eigentumseinheit Nr. 4 des Anwesens A-Straße übernommen hat. In Ziff. 2 des Vertrages ist festgehalten: „Der Verkäufer überträgt hiermit seinen Gesellschaftsanteil von 1000/1000 an der B-GbR an den Käufer. Dies entspricht einem Anteil von 89,81/1000 an der A-GbR. Bei der Berechnung des Gesellschaftsanteils wurde davon ausgegangen, dass die Gesamtwohnfläche der Einheit Nr. 4 nach Umbau ca. 43,65 m² beträgt. Die endgültige Berechnung der Wohnfläche ist erst nach Abschluss der Umbauarbeiten möglich.” Als Entgelt verpflichtete sich der Kläger hierfür 148.860 EUR zu bezahlen. In Ziff. 4. des Vertrages verpflichteten sich die Vertragsparteien, nach Zahlungseingang eine notariell beurkundete Nachtragsurkunde zur notariell beurkundeten WEG-Teilungsurkunde vom 29. Januar 2010 zu erstellen, in der geregelt werden sollte, dass der Kläger als Eigentümer der Einheit Nr. 4 auf dem neuen Teileigentumsg...