rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage für die Anschaffung von Genossenschaftsanteilen. Aufhebung nach Beschlussfassung über die Auflösung der Genossenschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Der nach Erlass des Eigenheimzulagebescheides gefasste Beschluss über die Auflösung der Genossenschaft berechtigt als erst nachträglich eingetretene Tatsache nicht zu einer Änderung nach § 173 Abs.1 S. 1 Nr.1 AO.
2. Aus der in § 17 S. 8 EigZulG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 11 Abs. 3 S. 1 EigZulG im Fall der Förderung des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen folgt, dass diese Vorschrift insoweit dann eingreift, wenn eine der hierfür geltenden materiellen Fördervoraussetzungen nachträglich entfällt.
3. Die Regelungen der Satzung betreffend das Rechtsverhältnis der Genossenschaft und ihrer Mitglieder sind bis zur Beendigung der Liquidation der Genossenschaft nur dann weiter anzuwenden, wenn sich aus dem „Wesen der Liquidation” nichts anderes ergibt.
4. Während der Liquidation tritt der Förderzweck hinter den Abwicklungszweck zurück. Die aufgelöste Genossenschaft ist daher nur insoweit verpflichtet, die Genossen im Rahmen der statutarischen Zielsetzung noch in der Liquidation zu fördern, soweit dies möglich ist, ohne die Abwicklung zu stören.
5. Ein Anspruch der Genossenschaftsmitglieder auf Eigentumserwerb an der von ihnen genutzten Wohnung ist mit dem Liquidationszweck, einen optimalen Erlös aus der Versilberung des Genossenschaftsvermögens zu erzielen, nicht vereinbar. Mit der Beschlussfassung über die Liquidation der Genossenschaft endet damit der nach dem EigZulG förderfähige wohnwirtschaftliche Zweck mit der Folge, dass der Anspruch der Mitglieder auf für den Erwerb der Genossenschaftsanteile festgesetzte Eigenheimzulage entfällt.
6. Der Hinweis, es könne trotz der Auflösung der eG durch den Liquidationsbeschluss die Fortsetzung der Genossenschaft beschlossen werden (§ 79a GenG), ist unbeachtlich. § 11 Abs. 3 S. 1 EigZulG setzt nicht voraus, dass eine oder mehrere materielle Fördervoraussetzungen endgültig entfallen sind. Dies folgt aus § 11 Abs. 3 Satz 2 EigzulG, wonach die EigZul wieder festzusetzen ist, wenn die Voraussetzungen für ihre Inanspruchnahme nach zwischenzeitlichem Entfallen erneut vorliegen. Ob die Voraussetzungen für einen Fortsetzungsbeschluss nach § 79 a GenG tatsächlich noch vorliegen, kann daher offenbleiben.
Normenkette
EigZulG § 11 Abs. 3 S. 1, § 17 Sätze 1-2, 8; AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; GenG § 18 S. 1, § 27 Abs. 1 S. 2, § 87 Abs. 1, § 88 S. 1, § 89 S. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Aufhebung des Bescheides über die Gewährung der Eigenheimzulage (EigZul) zu Recht erfolgte.
I.
Der Kläger ist Mitglied der Baugenossenschaft N […] e.G. i.L. (eG) mit Sitz in A-Stadt […].
Die mit Satzung vom 23. Juli 1996 gegründete eG wurde am 12. Dezember 1996 in das Genossenschaftsregister des Amtsgerichts A-Stadt […] unter der Nummer GnR […] eingetragen. Zweck der eG ist nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung „die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung”. Mit Beschluss der Mitgliederversammlung vom 14. November 1998 wurde § 2 der Satzung um den folgenden Abs. 4 ergänzt: „Die Genossenschaft hat das Ziel Wohnungen für Mitglieder bereitzustellen, die eine Förderung gem. § 17 EigZulG erhalten und denen die Rechte gem. § 13 Abs. 3 zustehen.” Nach mehreren Änderungen der ursprünglichen Fassung durch Beschlüsse der Mitgliederversammlung am 28. Februar 1998 und am 14. November 1998 lautet § 13 Abs. 3 Sätze 1 bis 4 der Satzung wie folgt: „Die Mitglieder, die eine Förderung gem. § 17 EigZulG erhalten, haben das unwiderrufliche Recht, die von ihnen genutzte Wohnung zu erwerben. Dieser Anspruch geht auf den Erben über. Die dazu erforderliche Begründung von Wohneigentum und die Veräußerung durch die Genossenschaft erfolgt nach mehrheitlicher, schriftlicher Zustimmung der im Objekt wohnenden Mitglieder. Der Kaufpreis wird durch die Genossenschaft nach dem Verkehrswert festgesetzt.” Nach § 43 Abs. 3 der Satzung erhalten die Mitglieder bei der Verteilung des Genossenschaftsvermögens im Rahmen der Abwicklung der eG nach ihrer Auflösung nicht mehr als ihr Geschäftsguthaben.
In der Folgezeit erwarb die eG ein Grundstück in A-Stadt […], auf dem sie in Arbeitsgemeinschaft mit einer Tochtergesellschaft eine Anfang 2001 fertig gestellte Wohnanlage mit insgesamt 38 Wohnungen errichtete, von denen zunächst 37 und anschließend – nach Verkäufen in 2000 und 2001 – 32 Wohnungen im Eigentum der eG standen. Im Oktober 2002 erwarb die eG ein weiteres Objekt mit 57 Wohneinheiten und einer Gaststätte in M-Stadt […].
Aufgrund der Kündigung von Geschäftsanteilen durch Mitglieder der eG war nach dem Stand von Juli 2005 mit im Jahr 2006 fälligen Auszahlungsansprüchen i.H.v. ca. 1,5 Millionen EUR zu rechnen, deren Erfüllung nach der voraussichtlichen Liquiditätsla...