rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Von Steuerberater nach 1.1.2023 nach Ergehen eines Gerichtsbescheids per Fax gestellter Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie per Fax erklärte Klagerücknahme unwirksam. keine Kostenentscheidung bei Feststellung der Urteilswirkung des Gerichtsbescheids durch Urteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein nach dem 1.1.2023 nach Ergehen eines Gerichtsbescheids von einem Steuerberater nicht über sein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt), sondern per Fax beim Finanzgericht gestellter Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist unwirksam, sodass der Gerichtsbescheid als Urteil wirkt. Ebenso ist eine von dem Steuerberater später per Fax eingereichte Klagerücknahme unwirksam.
2. Ist die Frage nach der Zulässigkeit des Antrages auf mündliche Verhandlung zwischen den Beteiligten streitig, so entscheidet das Instanzgericht nicht durch Beschluss, sondern nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Urteil. Im Urteilstenor ist im Falle der Unzulässigkeit des Antrages auf mündliche Verhandlung nur festzustellen, dass der Gerichtsbescheid als Urteil wirkt (vgl. BFH, Beschluss v. 20.11.2002, VI B 90/02 und BFH, Beschluss v. 20.6.2012, IV B 147/11). Über die Klage selbst ist durch das Gericht nicht mehr zu entscheiden, weil diese bereits im Gerichtsbescheid erfolgt ist.
3. Für den Fall, dass im Urteil lediglich die Wirkung des Gerichtsbescheids als Urteil ausgesprochen wird, bedarf es keiner weiteren Kostenentscheidung im Urteil, da die Kostenentscheidung im Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, bereits die gesamten Kosten des Verfahrens umfasst (vgl. FG München, Urteil v. 23.10.2007, 6 K 3701/06 und FG München, Urteil v. 26.3.2009, 14 K 12/09; FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 1.12.2010, 3 K 1160/06, EFG 2011 S. 895).
Normenkette
FGO § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 52d Sätze 1-2, § 62 Abs. 2 S. 1, § 72 Abs. 1 S. 1, § 90a Abs. 2 S. 1, Abs. 3, § 135 Abs. 1
Tenor
1. Der in der Streitsache ergangene Gerichtsbescheid des Senates vom 14. Juni 2023, der dem Klägervertreter am 16. Juni 2023 zugestellt wurde, wirkt als Urteil.
2. Das Verfahren ist nicht fortzusetzen.
3. Über die Kosten des Verfahrens ist nicht zu entscheiden.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist die Rechtsfrage, ob die Verhandlung der Streitsache infolge des dem Gericht mittels Telefaxes am 19. Juli 2023 übermittelten Antrages des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung entsprechend der Ansicht des Klägers fortgesetzt werden muss oder ob das Klageverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist, weil der in der Streitsache ergangene Gerichtsbescheid des Senates vom 14. Juni 2023 als Urteil wirkt.
Ausgang des Klageverfahrens war der Bescheid vom 2. Juni 2022, durch den der Beklagte gegen den Kläger einen Verspätungszuschlag in Höhe von 23.116 EUR wegen verspäteter Abgabe der Erbschaftsteuererklärung festgesetzt hatte. Der Kläger war Alleinerbe seiner am 5. Oktober 2018 verstorbenen Tante, …, geworden, weswegen der Beklagte gegen den Kläger zeitgleich auch Erbschaftsteuer gegen ihn festgesetzt hatte. Nach Abschluss des für den Kläger auch in Bezug auf den Verspätungszuschlag erfolglos gebliebenen außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens hatte der als Steuerberater bestellte Prozessbevollmächtigte des Klägers in dessen Namen am 13. April 2023 bei Gericht einen als Klage gegen die Festsetzung des oben genannten Verspätungszuschlages bezeichneten und auf denselben Tag datierten Schriftsatz eingereicht. Den Schriftsatz hatte er dem Gericht ausschließlich mittels Telefaxes übermittelt. Da die Klage nicht in der für Steuerberater gemäß der Vorschrift des § 52d Satz 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO– seit 1. Januar 2023 zwingenden Form der Übermittlung über das besondere elektronische Steuerpostfach (§ 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO) erhoben worden war, sah der Senat die Klage als unwirksam an und wies sie wegen Unzulässigkeit durch Gerichtsbescheid vom 14. Juni 2023 ab. Der Gerichtsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers laut Postzustellungsurkunde am 16. Juni 2023 „durch Einlegung in den zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung” zugestellt. Mit wiederum im Wege des Telefaxes dem Gericht unter dem Datum des 19. Juli 2023 übermittelten Schriftsatz beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Streitsache. Mit gerichtlichem Schreiben vom 31. Juli 2023 wies der Vorsitzende den Kläger darauf hin, dass auch der Antrag auf mündliche Verhandlung wegen des Verstoßes gegen die gemäß § 52d Satz 2 FGO vorgeschriebene Form unwirksam ist und der Gerichtsbescheid infolge des zwischenzeitlichen Ablaufes der Antragsfrist als rechtskräftiges Urteil wirkt.
Durch wiederum als Telefax dem Gericht am 21. August 2023 übermittelten Schreiben seines Prozessbevollmächtigten trug der Kläger vor, dass sein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung desweg...