Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung von gegen einen Nullbescheid gerichteten Rechtsbehelfen. kein Verlust beim Anteilseigner durch Kapitalherabsetzung. Europarechtswidrigkeit des § 8b Abs. 6 Nr. 1 KStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde die Körperschaftsteuer auf Null festgesetzt und begehrt die Klägerin die Berücksichtigung weiterer Gewinnminderungen, so sind Rechtsbehelf und Klage nach dem Grundsatz der Rechtsschutz gewährenden Auslegung dahin auszulegen, dass sie sich gegen die fingierte Feststellung des Einkommens nach § 47 Abs. 2 Nr. 3 KStG richten. Dies ergibt sich jedenfalls aus der unübersichtlichen verfahrensrechtlichen Lage infolge der Aufhebung des § 47 KStG durch das StSenkG v. 23.10.2000.
2. Eine Kapitalrückzahlung aufgrund einer wirksamen Kapitalherabsetzung mindert in voller Höhe die Anschaffungskosten der Beteiligung. Es entsteht weder ein Herabsetzungsgewinn noch ein Verlust. Das Entstehen eines Herabsetzungsverlusts ist folglich praktisch kaum vorstellbar
3. § 8b Abs. 6 Nr. 1 KStG 1999 verstößt sowohl gegen die Kapitalverkehrsfreiheit als auch gegen die Niederlassungsfreiheit, soweit die Vorschrift den Abzug ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibungen auf Beteiligungen an in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Kapitalgesellschaften ausschließt.
Normenkette
KStG 1999 § 8b Abs. 6 Nr. 1, § 47 Abs. 2 Nr. 3; EStG 1997 § 6 Abs. 1 Nr. 2; AO § 357 Abs. 3; FGO § 65 Abs. 1; BGB § 133; EG Art. 43, 56
Nachgehend
Tenor
1. Die Feststellung des Einkommens im Körperschaftsteuerbescheid für 2000 vom 16. August 2007 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2009 wird dahin geändert, dass das Einkommen mit ./. 4.758.749 DM festgestellt wird.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin, eine GmbH, ist Rechtsnachfolgerin der K-GmbH. Die K-GmbH wurde mit Wirkung zum 31. März 2005 auf die Klägerin verschmolzen; die Verschmelzung wurde am 19. August 2005 in das Handelsregister bei der Klägerin eingetragen.
Im Streitjahr 2000 war die K-GmbH Alleingesellschafterin der K-Ltd. in Irland, welche ihre Geschäftstätigkeit bereits eingestellt hatte. Zum 31. Dezember 1999 bestand das Betriebsvermögen der K-Ltd. aus Umlaufvermögen in Höhe von 2.630.167 IEP = 6.531.730 DM, das durch Eigenkapital in nämlicher Höhe finanziert war, das sich wie folgt zusammensetzte:
|
IEP |
DM |
Nennkapital |
550.000 |
1.365.861 |
+ Gewinnvortrag |
2.080.167 |
5.165.865 |
= Eigenkapital |
2.630.167 |
6.531.730 |
Aufgrund des Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 12. Oktober 2000 wurde der Gewinn in Höhe von 2.080.167 IEP = 5.165.865 DM am 30. Oktober 2000 an die K-GmbH ausgeschüttet. Am 18. Dezember 2000 wurde die K-Ltd. – anstatt sie zu liquidieren – in eine „unlimited company” umgewandelt und am 19. Dezember 2000 das Nennkapital auf 2 IEP = 4,96 DM herabgesetzt (sog. „Dormant 2 IEP Company”). Am 28. Dezember 2000 wurde das Kapital in Höhe von 549.998 lEP = 1.365.860 DM an die K-GmbH zurückgezahlt. Die K-Ltd. übte seitdem keine Geschäftstätigkeit mehr aus; zum 31. März 2010 beantragte die K-Ltd. die Registerlöschung in Irland (sog. „Voluntary Strike Off”).
In der Bilanz zum 31. Dezember 2000 nahm die K-GmbH auf ihre Beteiligung an der K-Ltd. eine Teilwertabschreibung in Höhe 1.131.378,65 DM vor; die Höhe der Teilwertabschreibung ergab sich aus dem Differenzbetrag zwischen dem Ansatz der Beteiligung zum 31. Dezember 1999 in Höhe von 2.497.244,11 DM abzüglich des Restbuchwerts in Höhe von 4,96 DM einerseits und der Kapitalrückzahlung in Höhe von 1.365.860,50 DM andererseits.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) veranlagte die K-GmbH zunächst erklärungsgemäß für das Streitjahr 2000 zur Körperschaftsteuer. Nach einer Außenprüfung gelangte das FA zu der Auffassung, die Teilwertabschreibung sei nicht anzuerkennen, da nach § 8b Abs. 2 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG 1999) ein Verlust, der bei der Veräußerung eines Anteils an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, deren Auflösung oder Kapitalherabsetzung entstehe, nicht abziehbar sei. Außerdem behandelte das FA weiterhin – entgegen der nunmehr geänderten Auffassung der Klägerin – 5 % der Gewinnausschüttung (= 258.293 DM) gem. § 8b Abs. 7 KStG 1999 als nicht abziehbare Betriebsausgaben. Dementsprechend änderte das FA mit Bescheiden vom 16. August 2007 den Körperschaftsteuerbescheid für 2000 sowie den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 2000; die Bescheide ergingen gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der K-GmbH.
Mit Schreiben vom 10. September 2007 legte die Klägerin gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellun...