Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beteiligung an „vorschriftswidrigem Verbringen” bei Verweigerung der Annahme einer Schmuggelware enthaltenden Sendung
Leitsatz (redaktionell)
Hat der ursprüngliche Adressat einer Holzlieferung, in der Zigaretten geschmuggelt worden sind, aufgrund der ihm bekannten Ermittlungen der Zollbehörden in anderen vergleichbaren Fällen die anderen Tatbeteiligten gewarnt, wegen des Verdachts der Zollfahndung die Annahme der streitigen Sendung verweigert und ist er deshalb als Empfänger gestrichen worden, so hat er sich wegen des bestehenden Verdachts rechtzeitig zurückgezogen und war somit nicht mehr an der Einfuhr dieser Holzsendung und der Zigaretten, und somit auch nicht an einem „vorschriftswidrigen Verbringen” i.S. von Art. 202 ZK beteiligt.
Normenkette
ZK Art. 202 Abs. 1, 3
Tenor
1. Der Steuerbescheid vom 14. September 1999 in Gestalt des Steueränderungsbescheids vom 11. Dezember 2000 und der Einspruchsentscheidung wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger als Schuldner von Einfuhrabgaben in Anspruch genommen werden kann, die wegen der vorschriftswidrigen Einfuhr von Zigaretten entstanden sind.
Am 28. Juli 1999 wurden in F 2.100.000 Stück Zigaretten sichergestellt, die unter Holz versteckt aus Moldawien per Lkw nach Deutschland geschmuggelt worden waren. Bei dem dortigen Beschuldigten wurden Unterlagen über eine Holzsendung vom Mai 1999 vorgefunden, die den Kläger als Käufer des Holzes auswiesen. Der Kläger wurde deshalb am 15. September 1999 als Zeuge vernommen und erfuhr dabei, dass er von den Zollbehörden mit dem Schmuggel von Zigaretten in Verbindung gebracht wurde. Er gab an, bereits mehrere Holzlieferungen im Auftrag von AB (B) über die Spedition X beim Zollamt A zum freien Verkehr abfertigen lassen, aber nichts von Zigaretten gewusst zu haben. Während der Vernehmung wurde der Kläger von B angerufen und ihm von diesem mitgeteilt, dass eine weitere Holzlieferung per Bahn nach Y unterwegs sei. Diese Sendung war am 14. September 1999 mit dem Eisenbahnwaggon Nr. 123 von Ukraine nach Y versandt worden. Sie war laut den Frachtpapieren ursprünglich für den Kläger bestimmt und sollte auf dessen Veranlassung durch die Spedition B am Bahnhof in Y zur Einfuhr abgefertigt werden (vgl. CIM-Frachtbrief Nr. 456). Noch am Abend des 15. September 1999 bat jedoch ein Herr C von der Fa. Z die Fa. XY, die Bestimmung des Waggons zu ändern, weil der deutsche Kunde die Annahme der Ware verweigere. Der Waggon wurde deshalb nach seiner Ankunft am Bahnhof XZ am 20. September 1999 nach Belgien umgeleitet. Am 24. September 1999 fanden die belgischen Zollbehörden im Bahnhof von Belgien bei der Kontrolle des o.g. Eisenbahnwaggons, der den Frachtpapieren zufolge mit Fichtenbohlen beladen war, unter dem Holz versteckt 2.809.800 Stück unversteuerte Zigaretten und beschlagnahmten diese. Über die Einziehung der Zigaretten ist noch nicht entschieden. Der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA) forderte deshalb mit Steuerbescheid vom 14. September 1999 vom Kläger als Gesamtschuldner insgesamt 686.848,19 DM Einfuhrabgaben (141.613,92 DM Zoll, 419.491,– DM Tabaksteuer und 125.742,37 DM Einfuhrumsatzsteuer) für 2.809.800 Stück Zigaretten an, weil er an deren vorschriftswidrigem Verbringen beteiligt gewesen sei.
Auf den dagegen eingelegten Einspruch hin wurden mit Steueränderungsbescheid vom 11. Dezember 2000 Zoll und Einfuhrumsatzsteuer, ausgehend von einem niedrigeren Zollwert, um insgesamt 150.178,19 DM herabgesetzt. Mit Beschluss 3 V 5171/00 vom 17. Mai 2001 wurde die Vollziehung des streitgegenständlichen Steuerbescheids in Gestalt des Steueränderungsbescheids in voller Höhe ausgesetzt. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid vom 14. September 1999 in Gestalt des Steueränderungsbescheids vom 11. Dezember 2000 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17. August 2001 als unbegründet zurückgewiesen. Mit der dagegen erhobenen Klage macht der Kläger im Wesentlichen Folgendes geltend: Er habe erst am 15. September 1999 erfahren, dass in den Holzlieferungen Zigaretten versteckt seien. Seine Tätigkeit habe sich in der Vergangenheit darauf beschränkt, sich um die Lagerplätze zu kümmern und den ortsunkundigen Lkw-Fahrern ab dem Autobahnübergang D Hilfe zu leisten. Da er an der wirtschaftlichen Abwicklung in keiner Art und Weise beteiligt gewesen sei, habe er auch die Einfuhrumsatzsteuer nicht geltend gemacht. Die sichergestellte Lieferung sei von Anfang an nicht für ihn bestimmt gewesen und mit deren Umleitung habe er auch nichts zu tun gehabt. Aus den vom HZA angeführten Telefonaten könne nichts Gegenteiliges hergeleitet werden.
Der Kläger beantragt.
den Steuerbescheid vom 14. September 1999 in Gestalt...