rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschränkte Steuerpflicht einer Schweizer AG durch Lizenzzahlungen einer inländischen Tochter für Vertriebsrecht an Standardsoftware; Besteuerungsrecht für Lizenzgebühren nach DBA-Schweiz; urheberrechtlicher Schutz für Computerprogramme; "zeitlich begrenzte" Überlassung eines Rechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Überlässt eine in der Schweiz ansässige AG ihrer inländischen Tochtergesellschaft ein territorial begrenztes Vertriebs- und Verwertungsrecht für das Inland an einer Standardsoftware, verbunden mit weiteren Rechten der Tochtergesellschaft (zu Änderungen und inhaltlichen Verbesserungen des Programms bzw. zum Abschluss von Wartungsverträgen mit den Kunden) und gehen die urheberrechtlich geschützten Rechte der AG an dieser Software nach den geschlossenen Vereinbarungen nicht endgültig auf die Tochtergesellschaft über, so führen die (Lizenz-)Zahlungen der Tochtergesellschaft zur beschränkten Steuerpflicht der Schweizer AG nach § 49 Abs.1 Nr.6 i.V. § 21 Abs.1 Nr.3 EStG 1990 und unterliegen in voller Höhe dem Steuerabzug nach § 50a EStG.
2. Das Besteuerungsrecht für diese Lizenzzahlungen steht nach Art. 12 Abs.1 DBA-Schweiz 1971 grundsätzlich nur der Schweiz zu; die Bundesrepublik Deutschland ist zwar zum Einbehalt einer Quellensteuer auf die Lizenzgebühren berechtigt, muss diese aber auf einen entsprechenden Antrag hin wieder erstatten. Ohne einen solchen Antrag kann sich aber weder die Tochtergesellschaft als Haftungsschuldnerin noch die Muttergesellschaft als Steuerschuldnerin auf die Steuerbefreiung berufen.
3. Computerprogramme (und ihre Entwicklungsstufen) genossen auch schon vor der 1993 erfolgten gesetzlichen Regelung in § 2 Abs. 1 Nr.1 UrhG urheberrechtlichen Schutz, sofern sie einen hinreichenden schöpferischen Eigentümlichkeitsgrad i.S. des § 2 Abs.2 UrhG erreichten (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 94, 279).
4. Eine "zeitlich begrenzte" Überlassung von Rechten i.S. des § 21 Abs.1 Nr.3 EStG liegt auch dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrags ungewiss ist, ob und wann die Überlassung zur Nutzung endet (vgl.BFH-Urteil vom 7.12.1977 I R 54/75, BStBl II 1978, 355). Eine bestehende Kündigungsmöglichkeit hat zur Folge, dass auch Verträge über eine Nutzungsüberlassung von unbestimmter Dauer letztlich einer zeitlichen Beschränkung unterliegen und damit in den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen.
5. Zum Begriff der "Verwertung" einer Software im Inland i.S. des § 49 Abs.1 Nr.6 EStG.
Normenkette
EStG 1990 § 49 Abs. 1 Nr. 6; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 3; EStG 1990 § 50a Abs. 4 Nr. 3, Abs. 5 S. 5; EStDV § 73g; KStG § 8 Nr. 1; EStDV § 73a Abs. 2; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 137d, 2 Abs. 2, § 69c; DBA CHE 1971 Art. 12 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Die – im Laufe des Klageverfahrens durch die P. GmbH übernommene – … S. GmbH (Klägerin – Klin) war die 100%-ige Tochtergesellschaft der in der Schweiz ansässigen … AG (PAG). Mit inhaltsgleichen Verträgen vom 05.12.1988, 10.12.1990 und 18.02.1993 übertrug die PAG der Klin Vertriebsrechte für die BRD an den betriebswirtschaftlichen Programmsystemen M 12 (Kostenstellenrechnung), M 92 (Ergebnisrechnung) und M 42 (Nachkalkulation). In den Verträgen verpflichtete sich die PAG als alleiniger Eigentümer der genannten Programme, die Klin von allen vermeintlichen Schutzrechten Dritter freizustellen. Für den Verkauf in der BRD sollte die Klin eine Provision i. H. v. 40% der erzielten Nettoüberlassungsvergütungen erhalten. Für die Vermittlung von Verträgen der PAG außerhalb der BRD wurde ein Provisionssatz von 20% vereinbart. Der Klin wurde das Recht eingeräumt, Wartungsverträge mit den Anwendern sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern abzuschließen. Die vereinnahmten Wartungsgebühren sollten der Klin in voller Höhe verbleiben. Der Klin wurde weiterhin das Recht eingeräumt,” Programmänderungen vorzunehmen, sofern diese notwendig seien, um die Programme an die Umgebung der übrigen M 120-Systeme anzupassen”. Die Klin konnte auch nach Genehmigung durch die PAG inhaltliche Programmverbesserungen realisieren, wobei von Fall zu Fall entschieden werden sollte, inwieweit diese Verbesserungen an die PAG verrechnet werden könnten. Die Programmrechte sollten jedoch in jedem Fall bei der PAG verbleiben.
Das ursprüngliche Gesamtkonzept – insbesondere dessen betriebswirtschaftlicher Inhalt – war von der PAG entwickelt worden. Die einzelnen Programme waren dagegen zunächst von der Klin unter Hinzuziehung von Subunternehmern entwickelt und anschließend – zeitgleich mit dem Abschluss der o.g. Verträge – an die PAG veräußert worden.
Eine bei der Klin durchgeführte Betriebsprüfung (BP) beurteilte die an die PAG bezahlten Vergütungen als Lizenzgebühren, die zu inländischen Einkünften nach § 49 Einkommensteuergesetz (EStG) und zum Steuerabzug i. H. v. 25% nach § 50 a EStG führten. Entsprechend der Anregung der Betriebsprüfung erließ der Beklagte (das Finanzamt-FA–) daraufhin am 21.12.1995 gegen die Kli...