Entscheidungsstichwort (Thema)
Einheitlichkeit der Leistung bei Abtretung einer Werklohnforderung unter Übernahme der Gewährleistung. Umsatzsteuer 1994
Leitsatz (redaktionell)
Ein Leistungspaket aus Forderungsabtretung und Gewährleistungsübernahme unterliegt als einheitliche sonstige Leistung der regulären Besteuerung, wenn die Einzelleistungen weder als zwei selbständige, getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen noch als einheitliche Hauptleistung und Nebenleistung zu qualifizieren sind, da beide Leistungselemente wesentlich zur Erreichung des mit dem Leistungsaustausch verfolgten Ziels beitragen.
Normenkette
UStG 1993 § 1 Abs. 1, § 10 Abs. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. c, g
Nachgehend
Gründe
I.
Die Klägerin, eine AG, erbrachte durch eine Organgesellschaft, der … (R & M GmbH), für die Bauherren und späteren Gemeinschuldner, die … (Gemeinschuldner), auftragsgemäß für das Objekt … in Frankfurt am Main, Trockenbauarbeiten. Über das Vermögen der Gemeinschuldner wurde im April 1994 das Konkursverfahren eröffnet. Zu diesem Zeitpunkt waren die genannten Bauleistungen bereits erbracht und abgenommen, jedoch noch nicht vollständig bezahlt worden.
Mit sog. Forderungskauf- und Gewährleistungsübernahmevertrag vom 25. November 1994 übertrug die R & M GmbH ihre Restwerklohnforderung (in Höhe von 984.274,45 DM) für 740.000 DM auf die … (B-GmbH), einem Unternehmen der … (D-Bank). Zugleich verpflichtete sich die R & M GmbH, für alle gemäß dem Ursprungswerkvertrag erbrachten und zu erbringenden Leistungen gegenüber der B-GmbH für fünf Jahre ab der Abnahme die Gewährleistung nach VOB/B zu übernehmen (vgl. Punkt II. 2.1 und 2.2 des Vertrags vom 25. November 1994).
Nach Auffassung des Beklagten (das Finanzamt) handelte es sich bei der Zahlung der B-GmbH um eine Entgeltzahlung für die von der R & M GmbH erbrachten Bauleistungen. Dementsprechend setzte das Finanzamt mit Umsatzsteuer-Änderungsbescheid vom 18. August 1995 gegenüber der Klägerin die Umsatzsteuer 1994 um 103.578,48 DM herauf auf 41.139.118 DM fest. Dabei wurden die von der Klägerin erklärten Umsätze aus früheren Kalenderjahren zu 14 v. H. in Höhe von ./. 26.384.233 DM um 740.000 DM erhöht.
Der Einspruch dagegen blieb ohne Erfolg. Zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 1996 führt das Finanzamt aus, daß bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Zahlung der B-GmbH als Entgelt von dritter Seite anzusehen sei, da sie für die ursprünglichen Leistungen der R & M GmbH an die Gemeinschuldner und nicht aufgrund eines selbständigen Forderungskaufvertrags erbracht worden sei. Der Vertrag vom 25. November 1994 sei nicht als Factoring und damit nicht als Forderungskauf zu qualifizieren, vielmehr sei von der B-GmbH eine wertlose bzw. eine nur geringwertige Forderung erworben worden. Diese sei nach den Feststellungen eines beauftragten Baubetreuers auf der Baustelle bewertet worden. Mithin habe sich die Höhe der Zahlung nicht nach der Bonität der Gemeinschuldner sowie nach entsprechenden Abschlägen für Finanzierungs- und Dienstleistungsfunktionen, sondern nach dem Gegenwert für die erbrachte Werkleistung bestimmt. Damit liege ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung der Klägerin und der Zuwendung der B-GmbH vor. Da der Forderungskauf keinen erkennbaren wirtschaftlichen Sinn habe, müsse von einem Entgelt von dritter Seite ausgegangen werden.
Mit ihrer Klage macht die Klägerin geltend, daß der Kauf der Forderung sowie die Übernahme der Gewährleistungen gemäß § 4 Nr. 8 Buchstabe c und Buchstabe g des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nicht der Umsatzsteuer unterlägen. Für die umsatzsteuerrechtliche Anerkennung des zivilrechtlich wirksamen Forderungskaufvertrags komme es auf das Vorliegen einer typischen Finanzierungs-, Dienstleistungs- und Delcrederefunktion nicht an. Mit der Gewährleistungsübernahme habe die R & M GmbH eine andere Sicherheit i. S. von § 4 Nr. 8 Buchstabe g UStG erbracht. Denn sie habe die Garantie dafür übernommen, daß ein bestimmter, tatsächlicher oder rechtlich möglicher Erfolg eintrete und die Gefahr eines zukünftigen Schadens sich nicht verwirkliche. Damit habe die R & M GmbH nicht lediglich die Gewährleistungen im Rahmen ihrer ursprünglichen mit den Gemeinschuldnern vereinbarten werkvertraglichen Verpflichtungen übernommen, sondern eine neue eigenständige Gewährleistungsübernahme mit der B-GmbH vereinbart. Denn zum einen sei eine Übernahme der zwischen der R & M GmbH und den Gemeinschuldnern vereinbarten Gewährleistungen aufgrund des Konkursverfahrens nicht mehr möglich gewesen und zum anderen unterschieden sich die zwischen der R & M GmbH und den Gemeinschuldnern sowie die zwischen der R & M GmbH und der B-GmbH vereinbarten Gewährleistungen inhaltlich grundlegend. Ferner liege auch kein Entgelt von dritter Seite vor. Es fehle an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Aufwand der B-GmbH und der Bauleistungen der R & M GmbH, da die Gemeinschuldner weder einen Rechtsanspruch ...