Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmissbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer bei unnötigem Zwischenerwerb
Leitsatz (redaktionell)
1. Die formale Zwischenschaltung einer dritten Person bei einem Veräußerungsvorgang ist steuerrechtlich dann unbeachtlich, wenn hierdurch in unzulässiger Weise die anderenfalls verwirkte Steuer i. S. d. § 42 Abs. 1 S. 1 AO umgangen wird.
2. Eine solche missbräuchliche Gestaltung liegt vor, wenn im Rahmen eines Grundstückstauschs zwischen Brüdern der Vater der beiden nur deshalb als Erwerber zwischengeschaltet wird, damit die (ansonsten grunderwerbsteuerpflichtigen) Übertragungen unter Ausnutzung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 6 GrEStG erfolgen können.
Normenkette
AO § 42; GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 3 Nr. 6
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Grundstückserwerb des Klägers als unentgeltlicher, und daher nicht grunderwerbsteuerbarer Erwerb von seinem Vater oder wegen rechtsmiss-bräuchlicher Vertragsgestaltung als grunderwerbsteuerbarer und steuerpflichtiger Erwerb von seinem Bruder zu behandeln ist.
Der Kläger war bereits vor Abschluss der hier in Rede stehenden Rechtsgeschäfte als Eigentümer der beiden unbebauten, 2.282 m² bzw. 380 m² großen und benachbarten Grundstücke in A mit den Flurstücknummern (FlNr.) … der Gemarkung A im Grundbuch eingetragen. Für eine Teilfläche von 1.350 m² an beiden Grundstücken war in Abteilung II des Grundbuches eine Auflassungsvormerkung zugunsten des Bruders und Prozessbevollmächtigten des Klägers, X, eingetragen. Am 19. Dezember 2006 wurden vor dem Notar … drei Grundstücksverträge beurkundet. Zum ersten (URNr. 1839/2006) übertrug Y, die Mutter des Klägers und seines Bruders das ihr gehörende Wohnhaus mit Grundstück (638 m²) in A (FlNr. …) unentgeltlich auf den Bruder des Klägers. Zum zweiten (URNr. 1840/2006) wurde ein Tauschvertrag beurkundet, demzufolge Z, der Vater des Klägers, das ihm gehörende unbebaute, 2.694 m² große Grundstück in A mit der FlNr. … der Gemarkung A auf seinen zweiten Sohn, den Bruder des Klägers X übertrug. Als Tauschleistung trat X den ihm gegen den Kläger zustehenden Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der oben genannten Teilfläche der Grundstücke FlNnr. … an seinen Vater, Z ab. Zum dritten (URNr. 1841/2006) übertrug Z seine Rechte an der letztgenannten Teilfläche der Grundstücke FlNnr. … unentgeltlich weiter an den Kläger. Eine zusätzliche Tauschaufgabe war ausdrücklich nicht zu leisten. Im Ergebnis war somit der Kläger in vollem Umfang Eigentümer der beiden Grundstücke FlNnr. …, wobei die ursprünglich bestehende und auf die Teilfläche bezogene Übertragungsverpflichtung gegenüber seinem Bruder, X, entfallen und die zu dessen Gunsten eingetragene Auflassungsvormerkung gelöscht war.
Der Beklagte behandelte den Erwerb der Rechte an der Teilfläche der Grundstücke FlNnr. … durch den Kläger nicht als unentgeltlichen, und daher nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang sondern als steuerbaren und grunderwerbsteuerpflichtigen Grundstückstausch zwischen dem Kläger und seinem Bruder. Die beiden zuletzt genannten notariellen Urkunden (URNrn 1840/2006 und 1841/2006), insbesondere den Zwischenerwerb der Rechte an den Teilflächen durch den Vater des Klägers, hielt der Beklagte für eine rechtsmiss-bräuchliche, und deshalb steuerrechtlich nicht anzuerkennende Vertragsgestaltung, durch die der Kläger nach Ansicht des Beklagten unzulässigerweise die im Fall eines unmittelbaren Grundstückserwerbes von seinem Bruder verwirkte Grunderwerbsteuer zu umgehen beabsichtigt hatte. Nach den Ermittlungen des Beklagten belief sich der Verkehrswert der Teilfläche der Grundstücke FlNnr. … auf 85.– EUR/m², sodass sich rechnerisch für die Teilfläche von 1.350 m² ein Verkehrswert von 114.750.– EUR ergab. Da die am Tauschvertrag (URNrn 1840/2006) beteiligten Vertragsteile keine Tauschaufgabe zu leisten hatten, ging der Beklagte davon aus, dass Leistung und Gegenleistung wertmäßig ausgewogen waren und der ermittelte Verkehrswert auch dem des hierfür eingetauschten Grundstückes entsprochen hatte. Demzufolge setzte der Beklagte gegen den Kläger auf dieser Bemessungsgrundlage mit Bescheid vom 29. November 2010 Grunderwerbsteuer in Höhe von 4.016.– EUR fest. Der mit Schreiben vom 18. Dezember 2010 hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers blieb erfolglos und wurde durch den Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juni 2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 6. Juli 2011 erhobene Klage, die der Kläger wie folgt begründet:
Die Grunderwerbsteuerfestsetzung sei aufzuheben, weil kein Grundstückstausch zwischen dem Kläger und seinem Bruder vorliege. Der Kläger sei an dem Tauschvertrag zwischen seinem Vater und seinem Bruder nicht beteiligt gewesen und habe die streitgegenständliche Grundstücksteilfläche unentgeltlich von seinem Vater erworben. Es sei zwar richtig, dass sein Vater nur Zwi...