Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinreichenden Bestimmtheit eines Grunderwerbsteuerbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ein Grunderwerbsteuerbescheid, der den zu besteuernden Erwerbsvorgang nicht benennt, ist nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.

2) Gleiches gilt, wenn im Bescheid ein Erwerbsvorgang ausdrücklich benannt wird, das FA jedoch einen anderen Erwerbsvorgang besteuern wollte.

 

Normenkette

AO § 119

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 20.02.2019; Aktenzeichen II R 27/16)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Erwerbsvorgang in dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid hinreichend bestimmt bezeichnet ist, sowie darüber, ob § 16 Abs. 2 Nr. 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) Anwendung findet.

Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der von ihr errichteten Y1. GmbH. Am 12.12.2005 wurden verschiedene notariell beurkundete Vereinbarungen geschlossen (UR-Nr. 0001 bis 0004/2005 des Notars T. G.). In dem Vertrag UR-Nr. 0001/2005 vereinbarten die Y1. GmbH als Käuferin und die Y2. GmbH als Verkäuferin, dass die Y1. GmbH den Geschäftsbereich „…” mit den dazugehörigen Wirtschaftsgütern von der Y2. GmbH übernehmen sollte. In Art. 3 des Vertrags heißt es unter 3.2 (Grundstückskauf): Mit wirtschaftlicher Wirkung zum Stichtag für den wirtschaftlichen Übergang verkaufe die Verkäuferin hiermit das in Anlage 3.2 näher bezeichnete Grundstück. Die Käuferin nehme das Verkaufsangebot hiermit an. In der Anlage 3.2 wird auf die Anlage 15.3 (a) Bezug genommen. Hierbei handelt es sich um den Entwurf des unter der UR-Nr. 0004/2005 abgeschlossenen „Grundstückskaufvertrags mit Auflassung” (der ebenfalls am 12.12.2005 beurkundet wurde).

Unter der UR-Nr. 0002/2005 schlossen die Klägerin und die Y2. GmbH einen Geschäftsanteils-Kaufvertrag, durch welchen die Y2. GmbH von der Klägerin einen Anteil am Stammkapital der Y1. GmbH von 24,9 % kaufte. In der Urkunde UR-Nr. 0003/2005 vereinbarten die Klägerin und die Y2. GmbH u.a., dass die Klägerin jederzeit das Recht habe, den Verkauf des Geschäftsanteils an sie, die Klägerin, zu verlangen („Call Option”). Unter 11.10 und 11.11 der Vereinbarung wurden hierzu nähere Regelungen getroffen (Geschäftsanteilsverkauf zum Optionsstichtag und Abtretung des Geschäftsanteils zum Optionscolsingtag).

Auf die Verträge UR-Nr. 0001 bis 0004/2005 nebst Anlagen wird im Übrigen Bezug genommen.

Am 02.01.2007 machte die Klägerin von der Call Option Gebrauch und erwarb den Anteil am Stammkapital der Y1. GmbH von 24,9 % von der Y2. GmbH zurück. Auf die Urkunde UR-Nr. 1/2007 des Notars T. wird verwiesen.

Nachdem das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E. im Jahr 2012 eine sich auf die Grunderwerbsteuer beziehende Betriebsprüfung bei der Klägerin durchgeführt hatte, gelangte die Prüferin zu dem Schluss, dass dadurch, dass die Klägerin von ihrem Optionsrecht Gebrauch gemacht habe, der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklicht worden sei. Konkret heißt es in dem Betriebsprüfungsbericht vom 12.02.2013, auf den im Übrigen Bezug genommen wird, die „Ausübung dieser Option am 02.01.2007 begründet im Zusammenhang mit dem im Vertrag vom 12.12.2005, UR-Nr. 0003/2005 des Notars T., G., eingeräumten Optionsrecht ein Rechtsgeschäft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, wonach 100 % der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft” Y1. GmbH unmittelbar in der Hand der Klägerin vereinigt würden. Weiter wird dort ausgeführt, die von der Klägerin während der Betriebsprüfung vertretene Auffassung, dass § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG analog anzuwenden sei, sei unzutreffend. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG setze voraus, dass der Rückerwerb sich auf Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft beziehe. Die Y1. GmbH sei jedoch im Zeitpunkt der Anteilsübertragung durch Abschluss des Vertrags „UR-Nr. 0003/2005” (richtig: UR-Nr. 0002/2005) noch nicht „grundbesitzend” gewesen. Der Grundstückskaufvertrag (Ur.-Nr. 0004/2005) sei – wenn man unterstelle, dass die Verträge in der Reihenfolge abgeschlossen worden seien, die sich aus den Urkundenrollen-Nummern ergebe – nach dem die Anteilsübertragung betreffenden Vertrag abgeschlossen worden. Aus dem Unternehmenskaufvertrag UR-Nr. 0001/2005 ergebe sich kein hinreichend konkreter Anspruch auf Übertragung der Grundstücke. Es handele sich um einen Vorvertrag. Unabhängig hiervon seien die Grundstücke der Klägerin aufgrund der am 12.12.2005 abgeschlossenen Verträge nie zu mindestens 95 % zuzurechnen gewesen. Denn die Y2. GmbH habe 24,9 % der Anteile am Stammkapital der Y1. GmbH erworben und sei daher zu 24,9 % an den Grundstücken mittelbar berechtigt geblieben. Dem Rückerwerb der Anteile durch die Klägerin sei kein Veräußerungsvorgang vorausgegangen der eine (mittelbare) Änderung der Grundstückszurechnung von der Klägerin auf die Y2. GmbH bewirkt hätte. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Klägerin im Jahr 2005 keine Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft übertragen habe.

Der Beklagte erließ am 24.04.20...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge