Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlicher Arbeitgeber bei Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein inländisches aufnehmendes Unternehmen wird nicht allein dadurch zum wirtschaftlichen Arbeitgeber, dass es dem entsendenden Unternehmen den Arbeitslohn erstattet, der auf die im Inland ausgeübte Tätigkeit entfällt.
2. Voraussetzung für eine wirtschaftliche Arbeitgeberstellung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG ist vielmehr außerdem, dass der Einsatz des Arbeitnehmers bei dem aufnehmenden Unternehmen in dessen Interesse erfolgt und dass der Arbeitnehmer in den Arbeitsablauf des aufnehmenden Unternehmens eingebunden und dessen Weisungen unterworfen wird.
3. Der von den Gesetzesmaterialien in den Fokus genommene Anwendungsbereich des § 38 Abs. 1 Satz 2 EStG betrifft grenzüberschreitende Arbeitnehmerentsendungen in internationalen Konzernen
Normenkette
EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1; AO § 191
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids für Lohnsteuer betreffend den Zeitraum Januar bis Mai 2017.
Die Klägerin ist eine Holdinggesellschaft einer in der (…)Industrie tätigen Unternehmensgruppe mit Sitz in N-Stadt und Geschäftsanschrift in C-Stadt. Gegenstand des Unternehmens sind u. a. die Verwaltung des eigenen Vermögens, die Zusammenfassung anderer Unternehmen unter einheitlicher Leitung sowie die Erbringung von Management-, Consulting- und weiteren Dienstleistungen gegenüber solchen Unternehmen (AG N-Stadt, HRB xxx).
Frau T., wohnhaft B-Straße 1, xxxx D-Stadt, Schweiz, war aufgrund eines Anstellungsvertrags mit der Klägerin ab Oktober 2015 als Geschäftsführerin für die Klägerin tätig. Der monatliche Lohn betrug A €. Bis einschließlich März 2016 behielt die Klägerin für Frau T. Lohnsteuern ein und führte diese ab. Frau T. ist nicht Gesellschafterin der Klägerin.
Im März 2016 wurde die X AG in das Handelsregister des Kantons U., Schweiz, eingetragen. Die Geschäftsanschrift entsprach der schweizerischen Wohnadresse von Frau T., die alleinige Aktionärin der X AG war. Gesellschaftszweck war die Erbringung von Managementdienstleistungen, die Übernahme und die Betreuung von Geschäftsführungsmandaten sowie die Strategie-, Integrations- und Unternehmensberatung Des Weiteren bezweckte die Gesellschaft das Schaffen von Mehrwert durch Anbieten integrierter Gesamtlösungen und die Internationalisierung von Unternehmen unter Berücksichtigung der Unternehmenskultur sowie deren Werte. Mit Arbeitsvertrag (Geschäftsführer-Vertrag) von Ende März 2016 stellte die X AG Frau T. als Geschäftsführerin ein. Vertragsbeginn war der 01.04.2016. Der Bruttolohn betrug monatlich B CHF zuzüglich eines 13. Monatsgehalts. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag verwiesen (Bl. 120 f. der Lohnsteuerakte des Beklagten).
Am 22.04.2016 beendeten die Klägerin und Frau T. den zwischen ihnen bis dahin bestehenden Anstellungsvertrag mit Wirkung zum 31.03.2016.
Ebenfalls am 22.04.2016 schlossen die X AG und die Klägerin einen Dienstleistungsvertrag mit Wirkung zum 01.04.2016, dessen Gegenstand die Geschäftsführertätigkeit von Frau T. für die Klägerin war. Nach diesem Vertrag stellte die X AG der Klägerin die Dienste von Frau T. zur Verfügung. Frau T. sollte bei der Klägerin die Position einer Geschäftsführerin/CEO bekleiden und die Klägerin nach Maßgabe der Gesetze, des Dienstleistungsvertrags, des Gesellschaftsvertrags, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung in ihrer jeweils gültigen Fassung sowie den Bestimmungen und Weisungen der Gesellschafter führen. Der Vertrag wurde auf unbeschränkte Zeit geschlossen. Er konnte mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Zur Vergütung vereinbarten die Vertragsparteien, dass die X AG für die Abstellung ein jährliches Honorar i. H. v. (12 × A) € zuzüglich gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer erhalten sollte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Dienstleistungsvertrag verwiesen (Bl. 125 f. der Lohnsteuerakte des Beklagten).
Ab April 2016 zahlte die Klägerin die nach dem Dienstleistungsvertrag geschuldete Vergütung an die X AG. Eine Anmeldung und einen Einbehalt von Lohnsteuern für Frau T. führte die Klägerin nicht mehr durch.
Im Juni 2016 stellte die Klägerin eine Anfrage gemäß § 42e des Einkommensteuergesetzes (EStG; Anrufungsauskunft) beim Beklagten. Diese betraf die Frage, ob weiterhin ein lohnsteuerpflichtiges Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und Frau T. bestehe. Aus Sicht der Klägerin sei dies nicht der Fall. Zur Begründung legte sie die Gründe für die Zwischenschaltung der X AG dar. Ziel dieser Gestaltung sei es demnach gewesen, es Frau T. zu ermöglichen, für mehrere Unternehmen und im Rahmen mehrerer Projekte Managementdienstleistungen zu erbringen und hierbei nicht im eigenen Namen, sondern als Angestellte der X AG, ihres eigenen Unternehmens, aufzutreten (Bl. 1 f. der Rb-Akte des Beklagten).
Im August 2016 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass aus seiner Sicht weiterhin ein lohnsteuerpflichtiges Arbei...