Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung bei Übertragung von Anteilen an einer ausschließlich Grundbesitz haltenden Domizilgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Der Erwerb von mit konkreten Grundstücken verbundenen (Aktien-)Anteilen an einer im Inland steuerlich nicht anzuerkennenden, ausschließlich Grundbesitz haltenden Domizilgesellschaft ist als ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i.V.m. § 42 AO grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang anzusehen, der auf Übertragung des (Mit-) Eigentums an den betreffenden Grundstücken gerichtet ist.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 §§ 41-42; GrEStG § 1 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer Grunderwerbsteuerfestsetzung bei Übertragung von Aktienanteilen einer Domizilgesellschaft.
Der Kläger (Kl.) ist Rechtsanwalt und Notar. Im Kalenderjahr 1991 erwarb er 50 % der Aktien an der Firma (AG). Die übrigen 50 % erwarb der Schweizer Staatsbürger und Beigeladene P. Die AG war am 30.10.1990 mit einem Kapital von 50.000 Sfr neu gegründet worden. Sitz der Gesellschaft war der Ort E in Liechtenstein. Alleiniger Aktionär der Gesellschaft war nach Gründung zunächst H. Nach dem Gesellschaftsvertrag war Gesellschaftszweck der AG die Durchführung aller Finanz- und Handelsgeschäfte von Geschäften mit Mobilien und Immobilien auf eigene und fremde Rechnung im Ausland, Erwerb von Beteiligungen und Durchführung aller Rechtsgeschäfte, die diesem Firmenzweck dienen.
Gegen den zur damaligen Zeit in Deutschland wohnenden H. ermittelte die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt Frankfurt Main. Im Rahmen dieser Ermittlungen stellte das Bundesamt für Finanzen fest, daß es sich bei der liechtensteinischen Gesellschaft um eine reine Domizilgesellschaft ohne eigenen Geschäftsbetrieb, die in Liechtenstein nur formell ihren Sitz hat, handelt. Des weiteren ergaben Ermittlungen der Steuerfahndungsstelle, daß die AG ausschließlich dazu gegründet war, inländische Grundstücksgeschäfte H. abzuwickeln. So diente sie zunächst dem Ankauf der Grundstücke R. 4 und 6 sowie L. Str. 82 und 84 in H. Der Kaufpreis von 3.000.000 DM wurde von der Hessischen Landesbank (HELABA) finanziert. Dabei trat H. als inländischer Garant für den Kredit auf. Die einzige Tätigkeit der Gesellschaft nach außen bestand – bis zu dem Verkauf der Aktien – im Halten und in der Vermietung der Grundstücke.
Die weiteren Ermittlungen der Steuerfahndung ergaben, daß die HELABA am 11.02.1991 durch den Kl. mit der Erstellung eines Bewertungsgutachtens für die Grundstücke in H. beauftragt wurde. Ferner befanden sich bei der HELABA Schreiben des Kl. vom 20.03.1991 und vom 03.04.1991, in welchen er der Bank mitteilte, daß er beabsichtige, die Grundstücke in H. zu erwerben und die 32 Wohneinheiten innerhalb eines Jahres zu verkaufen. Dabei sollte der Erwerb durch die Übertragung von Aktienanteilen erfolgen. Der für den Erwerb beantragte Kredit betrug 4.400.000 DM. Als Kreditnehmerin gegenüber der Hypothekenbank trat die AG auf. Der Kl. erklärte gegenüber der Bank eine Höchstbetragsbürgschaft in Höhe des Kreditbetrages. Vom Verwaltungsrat der AG erhielt er sowohl Generalvollmacht als auch eine Bankvollmacht gegenüber der Hypo-Bank. Für den Erwerb der Aktien wurde ein Kaufpreis von insgesamt 4.056.000 DM entrichtet.
Gegenüber der Steuerfahndung hatte der Kl. angegeben, daß er in 1991 die Aktien der AG von H. in den Geschäftsräumen des Verwaltungsrates S. in Vaduz erworben habe. Er habe zunächst beabsichtigt, die Grundstücke in H. selbst zu erwerben. Auf Anraten H. habe er jedoch die Aktien der AG erworben, um dadurch Kosten wie Grundbuchumschreibung, Notarkosten etc. zu sparen.
Bezüglich des Erwerbs hatte der Kl. damals ferner erklärt, daß er die Aktien nicht allein erworben habe, sondern nur die Hälfte der Aktien. Die weiteren 50 % habe P. erworben. Dieser habe sich an jenem Geschäft aus finanziellen Gründen beteiligt, weil die Unterdeckung zwischen den Mieteinnahmen und Kreditzinszahlungen vom Kl. allein nicht hätte getragen werden können. Die Abwicklung sei durch Übergabe der Aktien, die nach wie vor in Liechtenstein vom Verwaltungsrat der AG verwahrt würden, erfolgt. Die technische Abwicklung der Grundstücksverwaltung einschließlich der Finanzierung und des Bankverkehrs sei dann im wesentlichen vom Büro des Kl. in Frankfurt erfolgt. In 1993 seien die Wohnungen im Namen der AG weiterveräußert worden.
Die Steuerfahndung sah in den Übertragungen der Aktien einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang. Der Beklagte (Bekl.) folgte den Ausführungen der Steuerfahndung und setzte mit Bescheid vom 15.04. 1994 Grunderwerbsteuer in Höhe von 81.120 DM gegen den Kl. und P. als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts fest. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde als unbegründet abgewiesen.
Mit der vorliegenden Klage ist der Kl. der Auffassung, daß die Festsetzung von Grunderwerbsteuer gegen e...