Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide
Leitsatz (redaktionell)
Werden durch eine Außenprüfung nicht erklärte Verluste aus Gewerbebetrieb festgestellt, so können bestandskräftige Steuerbescheide deswegen nicht mehr geändert werden.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 174 Abs. 1-2, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1992 zu ändern ist.
Der Kläger gab für das Streitjahr eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des Gewinnes ab. In dieser Erklärung wurde ein Gewinn aufgrund einer Bilanz aus Gewerbebetrieb (Immobilienvermittlung ... ) ... erklärt.
Das Finanzamt erließ am 27. 4. 1994 erklärungsgemäß einen Gewinnfeststellungsbescheid, dieser wurde bestandskräftig.
Im Zeitraum 9. 12. 1994 - 20. 6. 1995 wurde beim Kläger eine Fahndungsprüfung durchgeführt. Nach Meinung des Finanzamtes hatte sich der Kläger ausländischer Scheinfirmen bedient, um inländische Umsätze aus ... transplantationen der Besteuerung zu entziehen. Aufgrund des Fahndungsberichts wurden die Bescheide hinsichtlich der Gewinnfeststellungen 1989 bis 1991 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ungunsten des Steuerpflichtigen geändert. Ein Klageverfahren gegen diese geänderten Bescheide hatte keinen Erfolg.
...
Hinsichtlich des Streitjahres 1992 kam die Fahndung zu einem Verlust in Höhe von 196.542 DM. ...
Der bestandskräftige Gewinnfeststellungsbescheid 1992 vom 27. 4. 1994 wurde vom Finanzamt nichts geändert.
Mit Schreiben vom 4. 5. 1998 (eingegangen beim Finanzamt am 19. 5. 1998) beantragte der Kläger, den Gewinnfeststellungsbescheid 1992 zu Gunsten wegen Vorliegens neuer Tatsachen zu berichtigen.
Er wies darauf hin, dass für dieses Jahr Verluste in Höhe von ... DM anzusetzen seien.
Diese Verluste gliedern sich nach Meinung des Klägers wie folgt:
- 196.542 DM nach dem Bericht der Steuerfahndung vom 27. 10. 1995
- 385.000 DM - Ausfall einer Forderung ... ...
- 1.340 DM Kosten für den Titel ...
- 49.087,50 DM titulierte Zinsen ...
23.000,00 DM - Unterschlagung ...
Die frühere Mitarbeiterin ... habe Einnahmen unterschlagen. Zivilrechtliche Ersatzansprüche seien zwar tituliert worden, jedoch nicht zu realisieren gewesen.
120.000 DM - Diebstahl eines Safes im Büro ...
Am 20. 7. 1992 sei im Büro ... ein Safe aus der Wand gebrochen und entwendet worden. Hierbei seien Geschäftsgelder in Form von verschiedenen ausländischen Währungen in Höhe von etwa 120.000 DM gestohlen worden. Dieses Geld habe der Kläger treuhänderisch für die Firma ... vereinnahmt, um es dann mit der ... abzurechnen. Diese Beträge seien in den von der Fahndung festgestellten zugerechneten Einnahmen enthalten.
Hilfsweise könnten diese 120.000 DM auch als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Änderung des Bescheides vom 4. 5. 1998 mit Verwaltungsakt vom 27. 8. 1998 ab. Im Briefkopf dieses Schreibens heißt es: „Finanzamt ... “ und klein darunter „-Rechtsbehelfsstelle“.
Der Einspruch gegen diese Ablehnung hatte keinen Erfolg. Der Kläger begründete den Einspruch damit, dass es zwar falsch sei, ihm die Betriebsergebnisse ausländischer Firmen zuzurechnen. Wenn man aber wie die Fahndung und ihr folgend das Finanzamt diesen Weg gehe, müsse man auch für 1992 den von der Fahndung errechneten Verlust von 196.542 DM wie die anderen Beträge anerkennen. Dem Kläger sei kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsachen zuzurechnen. Einmal sei dem Finanzamt die Tatsache der Durchführung der ... verpflanzungen in Nürnberg bereits Ende 1991 / Anfang 1992 bekannt gewesen. Aus der Zeugenaussage des damaligen Mitarbeiters in der Umsatzsteuerstelle ... vor dem Finanzgericht Nürnberg ergebe sich, dass bereits zur Zeit der Umsatzsteuersonderprüfung im Jahr 1991 / 1992 durch Herrn ... dem Finanzamt ... bekannt gewesen sei, dass Behandlungen in ... stattgefunden hätten. Weiterhin sei amtsbekannt gewesen, dass die Behandlungen in Deutschland weder vom Kläger noch von seiner Einzelfirma durchgeführt worden seien.
Zum anderen komme es auf die Frage eines Verschuldens nicht an. Nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO sei ein Verschulden unbeachtlich, wenn die Tatsachen und Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln i. S. der Nr. 1 stünden.
In der Einspruchsentscheidung vom 27. 10. 1999 wies das Finanzamt darauf hin, dass dem Kläger ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen zuzurechnen sei. Er habe unter Einschaltung von ausländischen Firmen Haartransplantationen im Inland durchführen lassen. Dies sei der Finanzverwaltung erst nachträglich bekannt geworden. Über diesen Sachverhalt habe der Kläger die Finanzverwaltung bewusst oder zumindest grob fahrlässig im Unklaren gelassen.
§ 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO treffe nicht zu, da es an einem sachlichen Zusammenhang mit den steuererhöhenden Tatsachen fehle. § 173 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 AO verlange zwei voneinander verschiedene...