Bekanntermaßen – aber unverständlicherweise – gehen viele Unternehmer die Forderungseintreibung nur sehr ungern an, weil sie z. B. meinen, den Kunden dadurch zu verlieren. Falsches Warten kann aber letztlich den Verlust der Forderung bedeuten. Das Mahnwesen im Betrieb sollte eine Person übernehmen, die konsequent und gegenüber offensichtlichen Ausreden immun bzw. schlagfertig ist.
2.1 Mahnung des Gläubigers
Mahnungen zu verschicken, wird vom Unternehmer, obwohl er im Recht ist, oft als unangenehm empfunden. Um Kunden nicht zu verärgern, sollte man diese unmittelbar nach Überschreitung des festgesetzten Zahlungstermins möglichst persönlich anrufen und an die offene Zahlung höflich, aber bestimmt erinnern und einen neuen Zahlungstermin vereinbaren. Anschließend sollte der Inhalt des Telefongesprächs kurz schriftlich zusammengefasst und dem Schuldner geschickt werden mit dem Hinweis, dass bei einer weiteren Mahnung Mahngebühren und Verzugszinsen angefordert werden.
Es ist sachlich zwingend, dass nach Überschreiten des neu vereinbarten Zahlungstermins dann schriftlich eine letzte Zahlungsaufforderung mit Mahngebühren und Verzugszinsen mit einer kurzen Frist versendet wird und dem Hinweis, dass die Angelegenheit bei erneutem ergebnislosem Verstreichen der Frist gerichtlich geltend gemacht wird.
Es gibt keine Vorschrift, dass man den Schuldner dreimal mahnen muss! Eine Mahnung darf laut Gesetz unterbleiben, wenn dem Schuldner ein festes oder berechenbares Zahlungsdatum gesetzt worden ist. Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, dass der Verbraucher i. S. v. § 13 BGB immer einmal gemahnt werden muss, soweit er nicht schon in der Rechnung mit konkretem Zahlungsziel auf die Konsequenzen aufmerksam gemacht worden ist. Zu viele Mahnungen kosten Zeit und Geld!
Unsinnig ist es, auf die erste Mahnung den Zusatz "erste Mahnung" bzw. bei weiteren Mahnungen mit der entsprechenden Durchnummerierung zu arbeiten. Jeder Schuldner weiß dann, dass er nochmals gemahnt wird. Bittet der Gläubiger den Schuldner um Mitteilung, ob er seine Haftung dem Grunde nach anerkenne, so ist das keine Mahnung.
Reagiert der Kunde von sich aus, bevor es zu ersten Mahnung kommt und erklärt glaubhaft, aus welchen Gründen er vorübergehend in einem finanziellen Engpass ist, ist das zumindest ein gewisses Zeichen der Seriosität, weil im Regelfall zahlungsunwillige Kunden quasi nie erreichbar sind.
Die Bewilligung eines Zahlungsaufschubs durch den Auftragnehmer sollte gut überlegt sein und stellt eine Kreditvergabe dar, die den eigenen Liquiditätsplan beeinflusst.
In einem solchen Fall sollte bei höheren Beträgen ein u. U. notarielles Schuldanerkenntnis (=Vollstreckungstitel) erfolgen, das die offenen Forderungen bezeichnet und einen exakten Zahlungsplan enthält; bei Abschluss einer kombinierten Ratenzahlungs- und Stundungsvereinbarung sollte eine "Verfallsklausel" aufgenommen werden, wonach der gesamte (Rest-)Betrag sofort zur Zahlung fällig wird, sobald sich der Auftraggeber mit mehr als zwei Ratenzahlungsbeträgen im Rückstand befindet.
2.2 Unterstützung durch Rechtsanwalt oder Inkassounternehmen
Die Aufgabe des Rechtsanwalts bei der Beitreibung von Forderungen ist zunächst die richtige Erstellung von Mahnungen nach Prüfung der Unterlagen.
Der Rechtsanwalt holt auch die notwendigen Auskünfte aus dem Handelsregister, Grundbuchamt, Einwohnermeldeamt etc. Erfahrungsgemäß wird dem Anwalt ohne weitere Rückfragen seitens der Behörden Auskunft erteilt, was kostbare Zeit erspart. Bei Einwänden des Schuldners kann der Anwalt den rechtlichen Argumenten des Gegners gleich kompetent entgegnen.
Laut BGH durfte der Gläubiger auch in einfach gelagerten Fällen einen Rechtsanwalt mit der Verfolgung seiner Interessen beauftragen, sodass der Schuldner die 1,3 Geschäftsgebühr gem. 2300 VV RVG des Anwalts dem Gläubiger erstatten musste. Eine Beschränkung auf ein Schreiben einfacher Art war nicht geboten. Seit dem 1.10.2021 ist das anders. Lt. Nr. 2300 Abs. 2 VV RVG gilt: Ist Gegenstand der Tätigkeit eine Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft, kann eine Gebühr von mehr als 0,9 nur gefordert werden, wenn die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder besonders schwierig war. In einfachen Fällen kann nur eine Gebühr von 0,5 gefordert werden; ein einfacher Fall liegt in der Regel vor, wenn die Forderung auf die erste Zahlungsaufforderung hin beglichen wird.
Der Rechtsanwalt, der Inkassodienstleistungen erbringt, muss, wenn er eine Forderung gegenüber einer Privatperson geltend macht, mit der ersten Geltendmachung bestimmte Informationen klar und verständlich übermitteln (§ 43d BRAO).
Verzicht auf gesetzliche Vergütung ab 1.12.2021 in Inkassosachen möglich – aber wohl praxisfremd!
Ist Gegenstand der außergerichtlichen Angelegenheit eine Inkassodienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RDG) oder liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Beratungshilfe vor, kann der Rechtsanwalt ganz auf eine Vergütung v...