Zunächst sollten Unternehmen prüfen, ob und in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht und so intern auch ein Problembewusstsein schaffen. Häufig ist das relativ einfach und schnell möglich. Zunächst benötigt man eine Liste mit Kundenumsätzen, die nach ABC-Kriterien sortiert wird. Für alle A-Kunden wird dann eine Aufstellung generiert, aus der auch die stillen Kredittage hervorgehen. Die Aufstellung kann z. B. wie in Abb. 1 gezeigt gestaltet werden.
Abb. 1: Beispiel für die Erfassung und Darstellung stiller Kredittage für A-Kunden mit Zinskosten
Zuerst werden alle Daten in die Tabelle eingetragen: A-Kunden mit Auftragsvolumen, Datum der Leistungserbringung und der Rechnungsstellung, normale Fälligkeit in Tagen (hier 30) sowie die Höhe der Zinsen, z. B. dem Kontokorrentsatz, weil dieser ja meist genutzt wird, um Spitzen abzudecken.
Im Beispiel ist zu sehen, dass es z. B. bei Kunde 5 insgesamt 62 Tage von der Leistungserbringung (LE), dem ersten Tag der möglichen Rechnungsstellung, bis zum Zahlungseingang vergehen. Das verursacht Zinskosten in Höhe von fast 519 Euro. Für den Zeitraum zwischen der Rechnungsstellung bis Zahlungseingang fallen „nur“ 284 Euro Zinsen an. Gäbe es keine stillen Kredittage, hätte der Betrieb beim Kunden 5 rund 234 Euro sparen können. Über alle A-Kunden kommt im Beispiel ein Sparpotenzial von etwa 1.500 Euro zusammen. Die Analyse zeigt außerdem, dass das Zahlungsziel von 30 Tagen im Mittel um 5 Tage überschritten wird; es gibt also auch hier Verbesserungspotenzial; beispielsweise könnte das Mahnwesen optimiert werden.
2.1 Kurzfristige Möglichkeiten, stille Kredittage zu reduzieren
Viele Unternehmer haben es sich angewöhnt, Rechnungen nur einmal pro Monat zu schreiben, auch, weil es für sie oft unangenehm ist, sich regelmäßig mit dem ungeliebten „Bürokram“ zu befassen. Dass sie hierdurch bares Geld verschenken, zusätzlich Liquiditätsrisiken eingehen und höhere Kosten haben als nötig, ist vielen nicht bewusst. Wurde die Leistung am Monatsanfang erbracht, entstehen so 30 stille Kredittage, bei Leistungserbringung zur Monatsmitte noch immer etwa 15 Tage. Eine Umstellung auf wöchentliche Rechnungsstellung würde das Problem erheblich entschärfen.
Unternehmen haben z. B. die nachstehenden Möglichkeiten, die Anzahl stiller Kredittage zu verringern:
- Bei einfachen Leistungen / Produkten: Mitarbeiter (oder sich selbst) verpflichten, alle rechnungsbegründenden Unterlagen sofort beizubringen oder zu erstellen, z. B. Verträge, Lieferscheine, Abnahmeprotokolle, Materiallisten, Stundenzettel der Mitarbeiter (s. Checkliste).
- Mindestens einmal (besser zweimal) pro Woche einen festen Tag für die Rechnungsstellung reservieren.
- Rechnungen möglichst elektronisch versenden, ansonsten am Tag der Rechnungsstellung vor der Leerung zur Post bringen (lassen).
- Eine verantwortliche Person benennen, die sich um das Thema kümmert und dafür sorgt, dass alle Dokumente zeitnah verfügbar sind.
- Zahlungstermin in Rechnungen konkret mit Datum benennen, damit Verzug eintritt ohne mahnen zu müssen. Auf die möglichen Folgen sollte man hinweisen bzw. muss es bei Privatkunden tun. Das reduziert zwar nicht die Anzahl stiller Kredittage i. d. R., verringert aber den Zahlungsverzug.
- Vereinbarungen mit Kunden treffen, dass man abrechnen darf, wenn noch nicht alle Werkzeuge oder Hilfsmittel abgebaut sind. Beispielsweise kann ein Maler mit dem Kunden vereinbaren, dass er seine Rechnung schon stellen darf, wenn das benötigte Gerüst am Haus noch nicht entfernt worden ist.
2.2 Mittelfristige Möglichkeiten, stille Kredittage zu reduzieren
Handelt es sich um komplexe Produkte oder Leistungen, muss oft in Strukturen und Abläufe im Betrieb eingegriffen werden. Das kann längere Zeit in Anspruch nehmen und ist oft notwendig, Mitarbeiter einzubinden, zu sensibilisieren und zu schulen.
Ein Beispiel zeigt die Problematik und auch, wie sie sich lösen lässt: Ein Bauunternehmer erstellt für Kunden fast ausschließlich Leistungen in Projektform. Beispielsweise werden Badezimmer, Küchen und andere Wohnräume renoviert sowie Fassaden gestaltet. Kunden müssen aktuell keine Anzahlungen leisten. Für jedes Projekt gibt es einen eigenen Leiter. Schon vor dem Ende eines Projektes wird der Leiter in der Regel mit dem nächsten Projekt betraut. Was fast immer dazu führt, dass er sich "im Kopf" schon mit dem Folgeauftrag befasst und sich nicht mehr zeitnah um die Abrechnung des vorherigen Projektes kümmert. Rechnungsbegründende Unterlagen werden meist über Wochen nicht eingefordert bzw. erstellt und an die Buchhaltung weitergegeben. Im Normalfall kümmern sich die Leiter um die Zusammenstellung der Unterlagen erst, wenn die Buchhaltung mehrfach nachhakt. Im Mittel vergehen so mehr als 6 Wochen bis eine Rechnung gestellt werden kann und die eigentliche Forderungslaufzeit beginnt. Eine Erhebung zeigt: Im Schnitt dauert es vom Projektende über die Rechnungsstellung bis zum Zahlungseingang fast 12 Wochen, was immer wieder zu Liquiditätsengpässen führt, weil z. B. für mehrere Projekte Material angeschafft und andere fällige Zahlungen beglichen werden müssen.
Die Geschäftsleitung hält eine interne Schulung...