Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 374a
Nach § 20 Abs. 6 S. 5 EStG dürfen Verluste aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG nur i. H. v. 20 000 EUR mit Gewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG und Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ausgeglichen werden. § 20 Abs. 6 S. 2 und 3 EStG gilt sinngemäß mit der Maßgabe, dass nicht verrechnete Verluste je Folgejahr nur bis zur Höhe von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG und Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG verrechnet werden dürfen. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG wurde durch das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen v. 21.12.2019 eingeführt. Die zeitliche Anwendung ist in § 52 Abs. 28 S. 23 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen geregelt. Danach ist die Vorschrift erstmals auf Verluste i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 entstehen. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG enthielt ursprünglich eine Beschränkung der Verlustverrechnung auf 10.000 EUR pro Jahr. Mit dem JStG 2020 v. 21.12.2020 wurde dieser Betrag auf 20.000 EUR pro Jahr erhöht. Der zeitliche Anwendungsbereich hat sich dadurch nicht geändert, wie sich aus § 52 Abs. 28 S. 25 EStG i. d. F. des JStG 2020 ergibt.
Rz. 374b
§ 20 Abs. 6 S. 5 EStG beschränkt die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG in doppelter Hinsicht. Zum einen dürfen Verluste aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG nur mit Gewinnen aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG und Einkünften aus Stillhaltergeschäften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG ausgeglichen werden. Eine Verrechnung mit sonstigen Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG ist nicht gestattet. Ein Ausgleich mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4, 6 und 7 EStG wird bereits durch das allgemeine Verlustverrechnungsverbot i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 1 EStG ausgeschlossen. Zum anderen ist die Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG auf einen Betrag von 20.000 EUR pro Jahr beschränkt. Verluste, die diesen Betrag übersteigen, sind in das Folgejahr zu übertragen und mit dort anfallenden Gewinnen aus Termingeschäften i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 EStG und Einkünften aus Stillhaltergeschäften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG zu verrechnen, wobei die Verlustverrechnung auch in diesen Fall auf einen Betrag von 20.000 EUR pro Jahr beschränkt ist. Ausnahmen von dem besonderen Verlustverrechnungsverbot für Verluste aus Termingeschäfte i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG sind nicht vorgesehen. Der Gesetzgeber begründet das besondere Verlustverrechnungsverbot i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 5 EStG damit, dass Termingeschäfte durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte im wesentlichem Umfang spekulativ seien. Es könnten einerseits hohe Gewinne und andererseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte träten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Verluste aus Termingeschäften würden deshalb in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen zu begrenzen. Diese Begründung kann nicht überzeugen. Sie rechtfertigt das besondere Verlustverrechnungsverbot für Termingeschäfte allein mit dem Anlegerschutz. Der Gesetzgeber ist zwar von Verfassungs wegen nicht gehindert, mit einer steuerlichen Regelung auch nicht fiskalische Förderungs- und Lenkungsziele zu verfolgen. Auch kommt dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung nicht fiskalischer Förderungs- und Lenkungsnormen grundsätzlich ein weiter Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die Grenzen dieses Spielraums sind vorliegend aber klar überschritten, da der Anlegerschutz Aufgabe des Kapitalmarktrechts ist. Das Steuerrecht ist kein sachgerechtes Mittel, um private Kapitalanleger vor den Gefahren der internationalen Finanzmärkte zu schützen. Hinzu kommt, dass § 20 Abs. 6 S. 5 EStG sämtliche Formen von Termingeschäften gleich behandelt. Nicht alle Termingeschäfte dienen jedoch der Spekulation. In vielen Fällen werden Termingeschäfte ausschließlich zu Absicherungszwecken abgeschlossen (engl. "Hedging"). Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb solche Geschäfte mit einem Verlustverrechnungsverbot belegt werden. Insofern liegt der Vorschrift eine nicht realitätsgerechte Typisierung zugrunde, die eine erhebliche Ausweitung des Anwendungsbereichs zur Folge hat. Vor diesem Hintergrund kann der Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip, den § 20 Abs. 6 S. 5 EStG bewirkt, nicht mehr als gerechtfertigt angesehen werden. Die Regelung verstößt u. E. gegen die Verfassung.
Rz. 374c
In Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich von § 20 Abs. 6 S. 5 EStG zu beachten, dass die Regelung nur für Verluste gilt, die aufgrund von Direktinve...