Leitsatz
Fraglich ist, ob bei der Grunderwerbsteuerfestsetzung im Zusammenhang mit einem Flurbereinigungsverfahren der richtige Steuersatz angewendet wurde.
Sachverhalt
Der Kläger war Beteiligter eines Flurbereinigungsverfahrens in A. Zu einem späteren Zeitpunkt setzte der Beklagte (Finanzamt) Grunderwerbsteuer mit Bescheid in Höhe von X EUR fest, wobei es einen Steuersatz von 5 % zugrunde legte. Gegen den Grunderwerbsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein und begründete dies wie folgt:
Der obligatorische Vertrag zwischen dem Amt für regionale Landschaftsentwicklung und dem Kläger sei bereits im Jahr 2009 geschlossen worden. Er habe keinen Einfluss auf die Eintragung im Grundbuch gehabt. Im Jahr 2009 habe noch ein Steuersatz in Höhe von 3,5 % gegolten, der vorliegend anzuwenden sei. Die Verhandlungsniederschrift ersetze den notariellen Vertrag. Besitz, Nutzen und Lasten seien nach Zahlung des Kaufpreises übergegangen. Es sei somit ein Rechtsgeschäft abgeschlossen worden, das den Anspruch auf Übereignung begründe. Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer sei daher auf diesen Zeitpunkt vorzunehmen.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsbescheid als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben.
Entscheidung
Nach dem FG Niedersachsen ist die Klage unbegründet. Der Bescheid über Grunderwerbsteuer in der Gestalt der Einspruchsentscheidung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Finanzamt (Beklagter) hat bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu Recht den Grunderwerbsteuersatz in Höhe von 5 % angewendet. Das Finanzgericht begründet seine Entscheidung unter anderem wie folgt:
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ausgenommen sind gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 Buchst. a GrEStG der Übergang des Eigentums durch die Abfindung in Land und die unentgeltliche Zuteilung von Land für gemeinschaftliche Anlagen im Flurbereinigungsverfahren sowie durch die entsprechenden Rechtsvorgänge im beschleunigten Zusammenlegungsverfahren und im Landtauschverfahren nach dem Flurbereinigungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung.
Der Erwerbsvorgang ist hinsichtlich des im Rahmen der Mehrabfindung gemäß § 54 Abs. 2 FlurbG erworbenen Grundstücks nicht von der Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. a GrEStG von der Besteuerung ausgenommen. Die Grunderwerbsteuer ist gemäß § 38 AO mit dem Eigentumsübergang im Jahr 2016 entstanden. Gemäß § 38 AO entsteht der Steueranspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Abweichend hiervon entsteht die Steuer gemäß § 14 GrEStG, wenn die Wirksamkeit eines Erwerbsvorgangs von dem Eintritt einer Bedingung abhängig ist, mit dem Eintritt der Bedingung oder wenn ein Erwerbsvorgang einer Genehmigung bedarf, mit der Genehmigung. Die Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs war im Streitfall weder von einer Bedingung abhängig noch genehmigungspflichtig. Die Steuer ist deshalb 2016 entstanden.
Die Grunderwerbsteuer auf einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang beträgt gemäß § 11 Abs. 1 GrEStG 3,5 %. Aufgrund Art. 105 Abs. 2a Satz 2 GG haben die Länder jedoch die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer. Von dieser Befugnis hat das Land Niedersachsen Gebrauch gemacht. Gemäß dem Gesetz über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer in Niedersachsen vom 17.12.2010 (Nds. GVBl. 2010 S. 631) betrug der Steuersatz für die Grunderwerbsteuer für Rechtsvorgänge, die sich auf in Niedersachsen liegende Grundstücke beziehen und in dem Zeitraum vom 1.1.2011 bis zum 31.12.2013 verwirklicht werden, 4,5 %. Gemäß Abs. 2 des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer in Niedersachsen vom 17.12.2010 beträgt der Steuersatz für die Grunderwerbsteuer für Rechtsvorgänge, die sich auf in Niedersachsen liegende Grundstücke beziehen und ab dem 1.1.2014 verwirklicht werden, 5 %. Gemäß Abs. 3 des Gesetzes über die Festsetzung des Steuersatzes für die Grunderwerbsteuer in Niedersachsen vom 17.12.2010 des Gesetzes ersetzen die Absätze 1 und 2 in Niedersachsen § 11 Abs. 1 GrEStG. § 11 GrEStG ist gemäß § 23 Abs. 4 GrEStG erstmals auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 31.12.1996 verwirklicht werden.
Der Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer ist zu unterscheiden von dem der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs, an den die Höhe des Steuersatzes anknüpft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ist ein Erwerbsvorgang verwirklicht, wenn das auf einen Erwerbsvorgang abzielende Wollen in rechtsgeschäftliche Erklärungen umgesetzt worden ist, wenn also die Vertragspartner im Verhältnis zueinander gebunden sind, und zwar unabhängig davon, ob dieser Rechtsvorgang bereits die Entstehung der Steuer im Sinne von § 14 GrEStG auslöst oder nicht (BFH, Urteil v. 28.3.2007, I...