Leitsatz
1. Erwirbt nach dem Beginn der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR ein Gesellschafter/Miteigentümer oder ein Dritter alle Anteile an einer beteiligten Gesellschafter-GbR, der bereits Wohnungs- oder Teileigentum im Rahmen der Auseinandersetzung der grundbesitzenden GbR zugewiesen war, und erhält der Erwerber aufgrund einer geänderten oder neuen Auseinandersetzungs- und Teilungserklärung das der Gesellschafter-GbR zugewiesene Wohnungs- oder Teileigentum, ist grunderwerbsteuerbarer Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der geänderte oder neue Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag.
2. Bei einem steuerpflichtigen Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum aufgrund eines geänderten oder neuen Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags, der die Vereinbarung über den Erwerb aller Anteile an einer Gesellschafter-GbR umsetzt, bemisst sich die Grunderwerbsteuer gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung für den Erwerb der Anteile.
Normenkette
§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 3 GrEStG
Sachverhalt
An der grundbesitzenden GbR 1 war u.a. die GbR 2 als Gesellschafterin beteiligt. Mit notariell beurkundetem Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag vom 29.1.2010 setzte sich die GbR 1 zum Zweck der im Anschluss vorzunehmenden Bildung von Wohnungs- und Teileigentum dergestalt auseinander, dass ihre einzelnen Gesellschafter künftig die in der Urkunde bezeichneten Miteigentumsanteile, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an bestimmten Räumen, erhalten. Der GbR 2 wurde eine bestimmte Wohnungseigentumseinheit zugewiesen. Der Kläger erwarb im Anschluss daran mit Zustimmung aller Gesellschafter der grundbesitzenden GbR 1 die Gesellschaftsanteile an der GbR 2. Das Entgelt dafür betrug insgesamt 181.450 EUR. Mit notariellen Verträgen vom 3.8.2010 und 28.12.2010 änderten die Gesellschafter den vorhergehenden Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag dahin, dass der Kläger künftig die bisher der GbR 2 zugewiesene Wohnungseigentumseinheit hält.
Das FA setzte für den Erwerb aller Anteile an der GbR 2 durch den Kläger aufgrund des Anteilsübernahmevertrags i.V.m. den Auseinandersetzungs- und Teilungsverträgen Grunderwerbsteuer fest. Als Bemessungsgrundlage für die Steuer zog es in der Einspruchsentscheidung die Gegenleistung für den Erwerb der Anteile an der GbR 2 i.H.v. insgesamt 181.450 EUR heran. Die Klage, mit der der Kläger die Bemessung der Steuer nach dem Grundbesitzwert begehrt hatte, blieb erfolglos (FG München, Urteil vom 6.7.2016, 4 K 2385/13, Haufe-Index 11214567).
Entscheidung
Der BFH wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück. Das FA habe die Steuer zu Recht nach dem Wert der Gegenleistung für den Erwerb der Anteile an der GbR 2 bemessen.
Hinweis
1. Erhält ein Gesellschafter im Zuge der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR einen seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen entsprechenden Miteigentumsanteil am Grundstück verbunden mit Wohnungs- oder Teileigentum, liegt die Grundlage für die Einräumung des Wohnungs- oder Teileigentums nach § 3 WEG im Gesellschaftsverhältnis. Es handelt sich daher um einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 3 GrEStG. Die Grunderwerbsteuer ist demgemäß nach den Werten i.S.d. § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 157 Abs. 1 bis 3 BewG zu bemessen.
2. Der Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag, der der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgang ist, kann nach § 6 Abs. 2 oder § 7 Abs. 2 GrEStGvon der Steuer befreit sein, soweit das den Gesellschaftern übertragene Wohnungs- oder Teileigentum rechnerisch deren Anteil am Gesamthandsvermögen entspricht und sofern die Gesellschafter mehr als fünf Jahre an der grundbesitzenden GbR beteiligt waren (vgl. § 6 Abs. 4 und § 7 Abs. 3 GrEStG).
3. Kein Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage ist demgegenüber gegeben, wenn nach dem Beginn der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR ein Gesellschafter/Miteigentümer oder ein Dritter – mit Zustimmung aller Gesellschafter der grundbesitzenden GbR – alle Anteile an einer GbR erwirbt, die ihrerseits Gesellschafterin der grundbesitzenden GbR ist und der bereits Wohnungs- oder Teileigentum im Rahmen der Auseinandersetzung der grundbesitzenden GbR zugewiesen war. Erhält der Erwerber aufgrund einer geänderten oder neuen Auseinandersetzungs- und Teilungserklärung das der Gesellschafter-GbR zugewiesene Wohnungs- oder Teileigentum, ist grunderwerbsteuerbarer Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der geänderte oder neue Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrag.
Die Grunderwerbsteuer entsteht mit Abschluss des notariell beurkundeten Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags. Dem steht es nicht entgegen, wenn bei Vertragsschluss noch keine Wohnungsgrundbücher (vgl. § 7 Abs. 1 WEG) angelegt waren. Der Vertrag zum Erwerb aller Anteile an der Gesellschafter-GbR unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer.
Die Steuer bemisst sich gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert...