Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
§ 5 Abs. 3 GrEStG dient der Vermeidung von Steuerausfällen, indem durch die dort geregelte Mindestbehaltefrist verhindert werden soll, dass Grundbesitz nach § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 GrEStG steuerbegünstigt in eine Gesamthand eingebracht und unter bestimmten Voraussetzungen im Wege der Anteilsübertragung steuerfrei weitergegeben wird. Die Vorschrift setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus. Sie ist daher einschränkend dahingehend auszulegen, dass – trotz der Aufgabe der gesamthänderischen Mitberechtigung oder der Verminderung der vermögensmäßigen Beteiligung des grundstückseinbringenden Gesamthänders – die Vergünstigung nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG nicht entfällt, wenn die vom Gesetz geforderte Steuerumgehung objektiv ausscheidet.
Stets Steuerfreiheit nach § 3 GrEStG prüfen
Eine rückwirkende Versagung der Steuervergünstigung kommt nicht in Betracht, soweit ein der Verminderung des Anteils am Vermögen der Gesamthand entsprechender Grundstückserwerb nach den allgemeinen Vorschriften des § 3 GrEStG von der Steuer ausgenommen wäre (vgl. Tz. 5.4.1 und Tz. 5.4.2).
5.4.1 Steuerbefreite Schenkung
§ 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG setzt die objektive Möglichkeit einer Steuerumgehung voraus. Die Vergünstigungen nach § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG sowie nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG bestehen fort, soweit aufgrund einer nach § 3 Nr. 2 GrEStG grunderwerbsteuerbefreiten Schenkung eine Steuerumgehung objektiv ausscheidet. Liegt eine gemischte Schenkung vor, führt diese nur in Höhe des entgeltlichen Teils zu einer rückwirkenden Versagung der Steuervergünstigung. Soweit die Anteile unentgeltlich übertragen werden, bleibt die Steuervergünstigung erhalten und die Überwachung ist insoweit bis zum Ende der 10-Jahresfrist fortzusetzen.
Gemischte Schenkung
A überträgt im Jahr 01 ein Grundstück zum Kaufpreis von 100.000 EUR auf eine GmbH & Co. KG, an deren Vermögen A und B jeweils mit 50 % und die GmbH mit 0 % beteiligt sind. Im Jahr 03 überträgt A Anteile i. H. v. 30 % an der GmbH & Co. KG (Verkehrswert 500.000 EUR) an seine Nichte C gegen Zahlung eines Kaufpreises von 100.000 EUR.
Quelle: BStBl 2015 I S. 1029 Rz. 7.4.1
Lösung:
Jahr 03:
A hat innerhalb der 10-Jahresfrist seinen Anteil am Vermögen der Gesamthand vermindert. Deshalb ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG rückwirkend zu versagen ist.
Die Anteilsübertragung erfolgte im Wege der gemischten Schenkung; die Entgeltlichkeitsquote betrug 20 % (100.000 EUR/500.000 EUR). Dies hat folgende steuerliche Auswirkungen:
- Soweit die Anteile entgeltlich übertragen worden sind, ist die Steuerfestsetzung zu ändern und die Steuer ist von weiteren 6 % (20 % von 30 %) festzusetzen.
- Soweit die Anteile unentgeltlich übertragen worden sind (24 %), bleibt es bei der Steuervergünstigung. Die Überwachung für die nicht übertragenen 20 % sowie die unentgeltlich übertragenen 24 %, mithin für 44 %, ist bis zum Ende der 10-Jahresfrist fortzusetzen.
- Soweit die Nichte C mit der Schenkung in die Rechtsposition des Schenkers A eingetreten ist, führt sie dessen bereits laufende 10-Jahresfrist fort.
Fortsetzung des Beispiels:
Die Nichte C veräußert vor Ablauf der Behaltensfrist des § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG 10 % der Anteile am Vermögen der GmbH & Co. KG (bisher: 30 %) an den fremden Dritten D.
Lösung:
Aufgrund des teilentgeltlichen Erwerbs der C entfällt die Steuervergünstigung i. H. d. Unentgeltlichkeitsquote von 80 % nach § 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG, weil die Steuer für die restlichen 20 % bereits im vorangegangenen Änderungsbescheid nacherhoben wurde. Die gewährte Steuervergünstigung von 44 % ist um weitere 8 % (80 % von 10 %) rückwirkend zu versagen. Es verbleibt eine Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG von 36 % (20 % für die bei A verbliebenen Anteile und 16 % für die auf C übertragenen Anteile).
5.4.2 Grundstücksübertragung zwischen Ehegatten/Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie
Grundstücksübertragungen zwischen Eheleuten, Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie sind generell von der Besteuerung ausgenommen, was der Erleichterung vorweggenommener Erbfolge dient und es den Beteiligten erspart, erbschaft- und schenkungsteuerliche Auswirkungen zu berücksichtigen. Hiervon ausgehend bleibt es bei der Verminderung des Anteils des Gesamthänders am Gesamthandsvermögen bei der Steuervergünstigung, soweit der Anteil auf Personen übergeht, die ohn...