Leitsatz
1. Der Senat hält daran fest, dass ein beherrschender Gesellschafter Dividendenansprüche gegenüber der beherrschten Kapitalgesellschaft jedenfalls dann nicht schon vor Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses ("phasengleich") aktivieren kann, wenn nicht durch objektiv nachprüfbare Umstände belegt ist, dass er am maßgeblichen Bilanzstichtag unwiderruflich zur Ausschüttung eines bestimmten Betrags entschlossen war (Bestätigung des BFH-Beschlusses vom 7.8.2000, GrS 2/99, BStBl II 2000, 632 und der Senatsurteile vom 20.12.2000, I R 50/95, BStBl II 2001, 409, BFH-PR 2001, 175 sowie vom 28.2.2001, I R 48/94, BStBl II 2001, 401, BFH-PR 2001, 218).
2. Die Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer Billigkeitsentscheidung nach § 163 AO, der auf eine nach einer Rechtsprechungsänderung ergangene Verwaltungsanweisung gestützt wird, derzufolge die "bisherigen Grundsätze" für eine Übergangszeit weiter angewendet werden sollen, ist nicht ermessensfehlerhaft, wenn das Begehren des Antragstellers auf der Grundlage der vor der Rechtsprechungsänderung gehandhabten Verwaltungspraxis ebenfalls abschlägig beschieden worden wäre. Es ist insoweit unerheblich, ob die damalige Verwaltungspraxis auf der Basis der von der früheren Rechtsprechung für zutreffend gehaltenen Rechtslage tragfähig war oder nicht.
Normenkette
§ 163 AO, § 5 Abs. 1 EStG
Sachverhalt
Streitpunkt war, ob die vormalige A-GmbH bereits im Streitjahr 1989 einen Dividendenanspruch aufgrund einer das Streitjahr betreffenden Gewinnausschüttung ihrer damaligen Tochtergesellschaft D-GmbH – der späteren Rechtsnachfolgerin der A-GmbH und jetzigen Klägerin – aktivieren durfte. Sämtliche Geschäftsanteile der A-GmbH wurden im März 1988 von Mitgliedern der Familie X erworben. Diese veranlassten im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung im November 1989 die Einbringung der bis dahin allein von einer ebenfalls im Besitz der Familie X befindlichen Gesellschaft gehaltenen Anteile an der D-GmbH in das Vermögen der A-GmbH. Bei beiden letztgenannten Gesellschaften entsprach das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr.
Die Geschäftsführer der A-GmbH fassten auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung der D-GmbH am 22.12.1989 folgenden Beschluss:
"Der sich zum 31.12.1989 ergebende Bilanzgewinn wird an dem auf die Bilanzfeststellung folgenden Tag ausgeschüttet, und zwar in der Höhe, in der die Ausschüttung aus dem körperschaftsteuerlichen Eigenkapitalanteil gem. § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG möglich ist. Ein etwa darüber hinausgehender Teilbetrag des Bilanzgewinns soll auf neue Rechnung vorgetragen werden."
In der ordentlichen Gesellschafterversammlung der D-GmbH vom 26.11.1990 stellten die Geschäftsführer der A-GmbH den Jahresabschluss 1989 fest und bestätigten den Ausschüttungsbeschluss der außerordentlichen Gesellschafterversammlung vom 22.12.1989.
Die Gesellschafter der A-GmbH stellten deren Jahresabschluss 1989 am 20.1.1991 fest. Er wies u.a. Erträge aus Beteiligungen i.H.v. rd. 4 Mio. DM aus.
In ihrer KSt-Erklärung 1989 rechnete die A-GmbH ihrem Einkommen unter Vorlage einer Steuerbescheinigung der D-GmbH die das Streitjahr betreffende Gewinnausschüttung vom 27.10.1990 über rd. 2,7 Mio. DM zzgl. anrechenbarer KSt zu und machte im Übrigen Verlustvorträge aus den Vorjahren geltend. Das FA folgte dem nicht.
Das FG gab der anschließenden Klage in diesem Punkt statt (EFG 2006, 899).
Entscheidung
Anders der BFH: Nach den Grundsätzen, welche der Große Senat in seinem Beschluss vom 7.8.2000, GrS 2/99 aufgestellt habe, sei der Gewinnanspruch der A-GmbH noch nicht zu einem Wirtschaftsgut erstarkt gewesen, was jedoch Voraussetzung sei, um eine phasengleiche Bilanzierung von Gewinn und Gewinnanspruch zu verwirklichen.
Hinweis
1. Es ging einmal mehr um die Frage der sog. phasengleichen Bilanzierung von Gewinnansprüchen gegen eine Tochtergesellschaft, bevor die Letztere "ordnungsgemäß" beschlossen hat, ihren Gewinn auch tatsächlich auszuschütten. Dieses Thema ist eigentlich abgeschlossen, nachdem der Große Senat des BFH im Jahr 2000 (in seinem Beschluss vom 7.8.2000, GrS 2/99, BStBl II 2000, 632) entschieden hatte, dass sich eine solche Bilanzierung im Grundsatz verbietet.
2. Es gibt zwar Ausnahmen, das aber nur in äußerst seltenen Fällen:
- Es muss zum Bilanzstichtag ein Gewinn der beherrschten Gesellschaft auszuweisen sein und der mindestens ausschüttungsfähige Gewinn muss bekannt sein.
- Es muss zudem anhand objektiver Gesichtspunkte nachgewiesen sein, dass die Gesellschafter jener Gesellschaft am Bilanzstichtag endgültig entschlossen waren, eine bestimmte Gewinnverwendung künftig zu beschließen.
- Und schließlich muss sich die Ausschüttungsabsicht des beherrschenden Gesellschafters auf einen genau festgelegten Betrag beziehen, wofür es nicht ausreicht, dass die Höhe des auszuschüttenden Betrags nur ungefähr feststeht und seine exakte Bezifferung von erst in der Zukunft erkennbaren Umständen abhängig ist.
- Das alles muss anhand objektiver, nachprüfbarer und nach außen in Erscheinung tretender Kriterien festgestellt w...