rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 3.6.1996 und der Einspruchsentscheidung vom 22.10.1996 verpflichtet, dem Kläger für das Kind … ab Juni 1996 Kindergeld zu gewähren.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Aufwendungen vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Tatbestand
Strittig ist, ob dem Kläger Kindergeld für ein volljähriges marokkanisches Kind, das er in seinen Haushalt aufgenommen hat, zusteht.
Der Kläger wohnt mit seiner Ehefrau in …. In seinem Haus wohnte von 1977 bis 1992 ein Ehepaar marokkanischer Nationalität, deren Tochter am 26.3.1978 geboren wurde. Da die Ehe des Klägers kinderlos geblieben ist, zogen der Kläger und seine Ehefrau … nach deren Angaben von Anfang an wie eine eigene Tochter auf. Sie war wegen der Berufstätigkeit ihrer Eltern nicht nur in den Abend- und Nachtstunden in ihrer Obhut, sondern auch tagsüber. Bei fast allen Besorgungen und Reisen wurde sie mitgenommen. Der Kläger war u.a. Elternvertreter im Kindergarten, in Grundschule und Gymnasium. Im Jahre 1992 kehrten die Eltern … nach Marokko zurück. Die Bemühungen des Klägers und seiner Ehefrau, sie zum Bleiben … zu bewegen, waren vergeblich.
Nachdem … im März 1996 achtzehn Jahre alt geworden war, verwirklichte diese ihren Wunsch, nach Deutschland zurückzukehren. Sie erfüllte die Voraussetzungen, um das Recht auf Wiederkehr nach Deutschland in Anspruch nehmen zu können. Dafür verpflichteten sich der Kläger und seine Ehefrau gegenüber der Ausländerbehörde am 3.7.96, für die nächsten fünf Jahre alle Kosten ihres Aufenthalts zu übernehmen und nahmen sie nach ihrem Eintreffen in Deutschland am 28.6.96 in ihren Haushalt auf. … besucht seitdem die 11. Klasse eines Gymnasiums in Frankfurt mit dem Ziel, das Abitur abzulegen. Anschließend wollen der Kläger und seine Ehefrau ihr eine Berufsausbildung ermöglichen.
Das für den Kläger zuständige Finanzamt teilte ihm auf entsprechende Antrage mit, es halte ein Pflegekindschaftsverhältnis für gegeben, so daß ihm ein Kinderfreibetrag zustehe.
Der Antrag des Klägers beim Arbeitsamt, ihm Kindergeld ab Juni 1996 zu gewähren, blieb erfolglos.
Mit seiner gegen die ablehnende Einspruchsentscheidung gerichteten Klage trägt der Kläger vor, es liege nicht eine willkürlich aufgebaute Pflegschaft vor. Es bestehe ein lebenslanger Bezug der … zu ihm und seiner Ehefrau. Auf den Zeitpunkt der Wiedereinreise von … hätten sie keinen Einfluß gehabt. Maßgeblich dafür seien u.a. die Bestimmungen des Ausländergesetzes und das Ende des Schuljahres gewesen.
Der Kläger beantragt.
die Beklagte zu verpflichten, Kindergeld für das Kind … ab Juni 1996 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsamt ist der Auffassung, grundsätzlich seien zwar auch Pflegekinder beim Kindergeld berücksichtigungsfähig. Bei einem familienfremden Kind, das bei Aufnahme in den Haushalt bereits volljährig sei, werde aber in der Regel kein Pflegekindschaftsverhältnis begründet. Denn eine ideelle Dauerbindung und ein Aufsichts-, Erziehungs- und Betreuungsverhältnis wie unter leiblichen Eltern und Kindern könne bei Volljährigkeit des Kindes nicht mehr begründet werden. Ein Pflegekindschaftsverhältnis in solchen Fällen sei nur gegeben, wenn das Pflegeverhältnis zu einer Zeit begründet worden sei, zu der das Kind noch der Aufsicht, Erziehung und Betreuung bedurft habe, also in einem früheren Kindesalter. Im Streitfall könne von der für ein Pflegekindschaftsverhältnis erforderlichen familienähnlichen Bindung nicht ausgegangen werden. Dem Gericht lag die den Streitfall betreffende Kindergeldakte vor.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Kindergeld, weil zwischen ihm und … ein Pflegekindschaftsverhältnis besteht.
Gem. §§ 63 Abs. 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht auch für Pflegekinder Anspruch auf Kindergeld. Pflegekinder i. S dieser Vorschrift sind Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist und die er in seinen Haushalt aufgenommen hat. Weitere Voraussetzung ist, daß das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den leiblichen Eltern nicht mehr besteht und der Steuerpflichtige das Kind mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält.
Unstrittig hat der Kläger das Kind … in seinen Haushalt aufgenommen und unterhält es auf seine Kosten. Entgegen der Auffassung des Beklagten liegen aber auch die weiteren Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG im Streitfall vor.
Die Annahme eines „familienähnlichen Bandes” i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG setzt voraus, daß das Kind wie „zur Familie zugehörig” angesehen und behandelt wird. Dazu gehört, daß in tatsächlicher Hinsicht zwischen d...