Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitgeber bei internationalen Leiharbeitnehmerverhältnissen
Leitsatz (redaktionell)
- Im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen bestimmt sich zumindest in den Fällen des ordnungsgemäß abgewickelten internationalen Arbeitnehmerverleihs die Person des Arbeitgebers nach dem sog. wirtschaftlichen Arbeitgeberbegriff.
- Arbeitgeber ist derjenige, der die Vergütung für die ihm geleistete unselbständige Arbeit wirtschaftlich trägt, unabhängig davon, ob er dem betreffenden Arbeitnehmer die Vergütung unmittelbar auszahlt oder ob ein anderes Unternehmen für ihn mit der Vergütung in Vorlage tritt (wirtschaftlicher Arbeitgeberbegriff).
Normenkette
EStG § 39 d Abs. 3 S. 4, § 39b Abs. 6 S. 1, § 38 Abs. 1 Nr. 2; DBA GBR Art. XVIII A Abs. 4; DBA GBR Art. XI Abs. 2 S. 2; DBA GBR Art. XI Abs. 3
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Kern darum, ob die Klägerin für ihre britischen Arbeitnehmer von der Verpflichtung zur Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer freizustellen ist.
Die Klägerin ist in Großbritannien ansässig. Unternehmensgegenstand ist die Überlassung von Arbeitskräften an Fluggesellschaften zur Wartung von Flugzeugen. Seit 1992 ist die Klägerin auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland tätig; eine Betriebsstätte wird im Inland - unstreitig - nicht unterhalten. Die Klägerin ist im Besitz einer vom Landesarbeitsamt N nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) erteilten Lizenz zum Arbeitnehmerverleih. Die Klägerin beschäftigt ausgebildete Ingenieure, Mechaniker und Techniker. Dabei handelt es sich ganz überwiegend um britische Staatsangehörige mit Wohnsitz in Großbritannien. In Deutschland erfolgt deren Einsatz regelmäßig nur für wenige Wochen. Grundlage ist ein auf die deutschen Verhältnisse abgestimmter Musterarbeitsvertrag (Blatt 53 ff. Finanzgerichtsakte), auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird. Im Streitjahr 1996 (und folgend) war kein Arbeitnehmer der Klägerin länger als 183 Tage in der Bundesrepublik tätig. Mit dem jeweiligen Entleiher schließt die Klägerin Arbeitnehmerüberlassungsverträge ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Muster überlassenen Verträge mit der C (Blatt 61 ff. Finanzgerichtsakte) und der T (Blatt 71 ff. Finanzgerichtsakte) Bezug genommen. Ergänzend schließt die Klägerin mit den Entleihern Zusatzvereinbarungen über die zugrunde zulegenden Stundensätze (vgl. Blatt 67, 73 Finanzgerichtsakte). Die zu zahlende Vergütung ergibt sich aus den geleisteten Arbeitsstunden und dem jeweils maßgeblichen Stundensatz. Der Stundensatz basiert auf einer Kalkulation (Blatt 74 ff. Finanzgerichtsakte).
Nachdem die Klägerin zunächst Freistellungsbescheinigungen von den für die Entleihfirmen zuständigen Betriebsstätten-Finanzämtern erhielt, erklärte sich der Beklagte nach Absprache mit dem Bundesamt für Finanzen mit Schreiben vom 08.06.1993 für sämtliche Arbeitgeberangelegenheiten der Klägerin für örtlich zuständig. Gleichzeitig teilte der Beklagte mit, dass bei halbjährlicher Abgabe einer Aufstellung über die im Inland eingesetzten Arbeitnehmer aus Vereinfachungsgründen auf Freistellungsbescheinigungen für jeden einzelnen Arbeitnehmer verzichtet werden könnten. Lediglich für Arbeitnehmer mit Wohnsitz in den USA, Frankreich oder Italien sei eine Freistellungsbescheinigung zwingend erforderlich. In den Folgejahren wurde demgemäß verfahren. Auch die Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01.01.1992-31.03.1996 führte zu keinen Beanstandungen.
Nachdem die Klägerin seit Beginn des Jahres 1996 auch einige irische Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland einsetzte, gab sie wegen der unklaren Rechtslage betreffend deren Steuerpflicht für die Quartale 1-3/96 für diese Arbeitnehmer Lohnsteueranmeldungen ab und führte Lohnsteuer ab. Ab dem 4. Quartal 1996 wurden nur noch Nullanmeldungen abgegeben, da in der Bundesrepublik nur noch britische Arbeitnehmer eingesetzt wurden und zwar nicht mehr als 183 Tage pro Jahr. Gleichzeitig wurden wie bisher halbjährliche Aufstellungen über die eingesetzten Arbeitnehmer eingereicht. Mit Schreiben vom 08.09.1997 vertrat der Beklagte erstmals die Auffassung, daß für die irischen, aber auch für die britischen Arbeitnehmer unabhängig von der Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik Lohnsteuer anzumelden und abzuführen sei. Er forderte die Klägerin auf, ab dem 4. Quartal 1996 berichtigte Lohnsteueranmeldungen abzugeben. Der Beklagte erließ am 12.10.1998 schließlich einen Schätzungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für das 4. Quartal 1996, gegen den die Klägerin in Absprache und mit Zustimmung des Beklagten Sprungklage beim Hessischen Finanzgericht erhob; dieses Verfahren ist unter dem Aktenzeichen 10 K 5988/98 bei Gericht anhängig und ruht zur Zeit.
Die Klägerin beschäftigte im 4. Quartal 1996 in Deutschland lediglich britische Arbeitnehmer, für die rund 800.000,-- DM Arbeitslohn gezahlt wurden. Diese Arbeitslöhne wurden in Großbritann...