Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurteilungsspielraum bei der Bewertung von Prüfungsleistungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der dem Prüfling zuzuerkennende Antwortspielraum setzt neben der Vertretbarkeit des Ergebnisses eine mit gewichtigen Argumenten belegte, folgerichtige Begründung der Lösung voraus.

2. Es unterliegt nicht der gerichtlichen Kontrolle, wie der Prüfer die Qualität der Argumentation, wozu auch deren Vollständigkeit gehört, wertet.

3. Bemängelt der Prüfer trotz Vorhandenseins einiger richtiger Antworten eine ordnungsgemäße Darstellung des Gesamtzusammenhang, handelte es sich um eine ureigene prüfungsspezifische Wertung, die vom Gericht nicht überprüfbar ist.

4. Es liegt im Rahmen des Beurteilungsspielraum des Prüfers, wenn dieser auch auf einer richtigen Berechnung bzw. auf der Verwendung richtiger Bezeichnungen besteht und bei deren Fehlen die entsprechend vorgesehenen Punkte nicht vergibt.

 

Normenkette

GG Art. 19 Abs. 4, Art. 12 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

2001

 

Tatbestand

Der Kläger nahm an der Steuerberaterprüfung 2001 teil.

Mit Bescheid vom 8.1.2002 teilte der Beklagte diesem mit, dass er eine Gesamtnote gem. § 25 Abs. 1 DVStB mit 4,66 erzielt habe und daher eine Teilnahme an der mündlichen Prüfung entfalle.

Im Einzelnen erzielte der Kläger in den Aufsichtsarbeiten folgende Noten:

Verfahrensrecht und andere Steuerrechtsgebiete

5

Ertragsteuern

4

Buchführung und Bilanzwesen

5

Gesamtnote

4,66

Hiergegen erhob der Kläger fristgemäß Klage, mit der er sich gegen die Bewertung der Klausur Buchführung und Bilanzwesen wendet und eine Verbesserung der Note von 5 auf 4,5 anstrebt.

Auf Antrag des Klägers wurde das gerichtliche Verfahren zur Durchführung eines verwaltungsinternen Überdenkungsverfahrens gem. § 29 DVStB mit Beschluss vom 29.4.2002 ausgesetzt.

Die Durchführung dieses verwaltungsinternen Kontrollverfahrens ergab, dass die Prüfer bei ihrer bisherigen Notenvergabe blieben. Lediglich Einzelpunkte wurden geringfügig erhöht, indem die Prüfer bei Wertungspunkt 5 zusätzlich 0,5 Punkte und bei Wertungspunkt 43 und 44 ebenfalls 0,5 Punkte vergaben. Zusätzlich vergab der Beklagte bei Wertungspunkt 44 noch einen weiteren halben Punkt. Die gegebene Punktzahl erhöhte sich nach diesem verwaltungsinternen Kontrollverfahrens von zunächst erreichten 36 Punkte auf 37,5 Punkte. Bei der Klausur wären insgesamt 100 Punkte zu erzielen gewesen.

Ausweislich des Bewertungsvorschlags wäre die Note 4,5 bei einer Punktzahl von mindestens 40 Punkten zu erreichen gewesen.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 22.1.2003 zum Ergebnis des verwaltungsinternen Kontrollverfahrens umfänglich Stellung genommen und die Auffassung vertreten, dass ihm zumindest weitere 2,5 Punkte auf Grund eines Verstoßes gegen allgemein gültige Bewertungsgrundsätze und einer Überschreitung des dem Prüfungsausschuss zustehenden Beurteilungsspielraumes gegeben werden müssen. Wegen Einzelheiten wird auf vorbezeichneten Schriftsatz Bezug genommen.

Die Beklagte hat daraufhin die Prüfer erneut um ergänzende Stellungnahmen gebeten, welche im September bzw. Oktober 2003 abgegeben wurden. Sowohl Erst- als auch Zweitprüfer haben die Klausur insgesamt mit 37,5 Punkten bewertet.

Mit Beschluss vom 5.1.2004 wurde das Verfahren wieder aufgenommen.

Hinsichtlich der Klausur Buchführung und Bilanzwesen ergibt sich folgendes:

Die Klausur gliedert sich in 3 Teile, wobei in den einzelnen Teilen wiederum verschiedene Einzelprobleme zu erörtern waren. Im 1. Teil waren Bilanzansätze einer GmbH zu ermitteln, wobei es im wesentlichen zunächst um die Problematik der Darstellung und Bewertung von unfertigen Erzeugnissen und der die Problematik des Ansatzes von Gemeinkosten, Betriebskosten und allgemeinen Verwaltungskosten ging. Für diesen Teil waren insgesamt 30 Punkte zu erzielen. Die Kläger erzielte hier zunächst 7,5 Punkte. Im verwaltungsinternen Kontrollverfahrens wurden zusätzlich 0,5 Punkte bei Wertungspunkt 5 vergeben.

Der Kläger meint, dass in diesem Teil der Klausur weitere Punkte hätten vergeben werden müssen, nämlich bei den Wertungspunkten 3, 5, 9 und 11. Die Behandlung der fertigen/unfertigen Erzeugnisse (Wertungspunkt 3) sei zutreffend behandelt worden. Das gleiche gelte für die Wertungspunkte 5, 9 und 11. Insbesondere bei den Punkten 9 und 11 hätten die Prüfer den Gesamtzusammenhang der Ausführungen beachten müssen, so dass auch hier ein weiterer Punkt gegeben werden müsse.

Der 2. Komplex des 1. Teiles umfasst die Problematik der Bilanzierung im Zusammenhang mit Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Hier meint der Kläger, dass bei den Wertungspunkten 15 und 16 bzw. 19 eine höhere Punktzahl hätte gegeben werden müssen. Insbesondere könne es nicht richtig sein, dass nur auf das falsch berechnete Endergebnis abgestellt werde, wenn die Darstellung - wie vorliegend - im Wesentlichen richtig sei.

Hinsichtlich der Bewertung des 3. Komplexes im 1. Teil (Anschaffung einer Walzanlage) gibt es keine Beanstandungen.

Der 2. Teil der Klausur betrifft bilanzsteuerliche Probleme im Zusamm...

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