vorläufig nicht rechtskräftig
Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kausalität der Nichtberücksichtigung eines Sachverhaltes als Voraussetzung für eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 174 Abs. 3 AO
Leitsatz (redaktionell)
- Eine Änderung nach § 174 Abs. 3 AO setzt die erkennbare Annahme voraus, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen ist (Kausalität). Dabei muss sich das Finanzamt in der Weise unmissverständlich festgelegt haben, dass die Nichtberücksichtigung des Sachverhaltes in einem Steuerbescheid einzig und allein auf der Zuordnung zum Regelungsbereich eines andern Bescheides beruht.
- Besteht der Grund für die Nichtberücksichtigung des bekannten Sachverhaltes in der Unentschiedenheit, ob der Sachverhalt überhaupt der Besteuerung zu unterwerfen ist, so kommt § 174 Abs. 3 als Rechtsgrundlage für eine Steuerfestsetzung nicht in Betracht.
Normenkette
AO § 174 Abs. 3
Streitjahr(e)
1995
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Erlass des angefochtenen Umsatzsteuerbescheids 1995 der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegenstand.
Die Umsätze und Vorsteuern der Klägerin erklärte zunächst die E zusammen mit ihren eigenen Umsätzen in ihren Umsatzsteuererklärungen. Im Rahmen einer bei der E durchgeführten Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass dies zu Unrecht erfolgt war, da die Klägerin weder rechtlich unselbständiger Teil der E noch deren Organtochter war.
Bereits im Jahr 2002 wurde zwischen den Beteiligten des vorliegenden Verfahrens die Frage aufgeworfen, ob die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit überhaupt der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen sei.
Mit Schreiben vom 10.10.2002 teilte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass die aufgeworfene Frage allein das Steuerrechtsverhältnis zur Klägerin betreffe und die Festsetzungen der E zu berichtigen wären. Zur Klärung der Rechtsfrage, ob die Tätigkeit der Klägerin der Umsatzbesteuerung unterliege, solle auch im Hinblick auf eine steuerliche Gleichbehandlung mit einem die gleiche Tätigkeit ausübenden anderen Unternehmen durch die OFD entschieden werden.
Nachdem das für die Besteuerung der E zuständige Finanzamt die umsatzsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen der Klägerin bei den Umsatzsteuerfestsetzungen der E der Jahre 1994 bis 1998 ausgeschieden hatte und am 12.08.2003 u.a. für das Streitjahr 1995 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid erlassen hatte, erließ das FA gegenüber der Klägerin erstmalige Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1998. Mit dem dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Umsatzsteuerbescheid 1995 vom 18.12.2003 setzte das FA unter Hinweis auf § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) gegenüber der Klägerin die Umsatzsteuer auf … EUR fest.
Die Klägerin legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass im Zeitpunkt des Erlasses des Umsatzsteuerbescheides bereits Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Zugleich sollte unter Einschaltung der OFD … geklärt werden, ob nicht auch materiellrechtliche Gründe einer Besteuerung entgegenstünden. Das Einspruchsverfahren sollte einvernehmlich bis zur endgültigen Entscheidung der OFD … ruhen.
Nachdem die OFD … der Klägerin mit Schreiben vom 14.03.2005 mitgeteilt hatte, dass es die gegenüber von ihr erbrachten Leistungen steuerbar und steuerpflichtig seien, nahm das FA das Rechtsbehelfsverfahren wieder auf und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 25.05.2005 als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung beinhaltet allein verfahrensrechtliche Ausführungen zur Änderungsbefugnis des FA.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides.
1. Zur Begründung macht sie zunächst verfahrensrechtliche Einwendungen geltend.
Dem Erlass des angefochtenen Bescheides stehe die mit Ablauf des Jahres 2002 eingetretene Festsetzungsverjährung entgegen. Dem FA sei bereits seit November 2001 und lange vor Eintritt der Festsetzungsverjährung bekannt gewesen, dass zwischen ihr – der Klägerin – und der E keine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden habe. Im Übrigen habe das FA selbst auf einen Änderungsantrag zu den Umsatzsteuerfestsetzungen 1996 und 1997 gegenüber der Klägerin erwidert, einer Änderung stehe der Eintritt der Festsetzungsverjährung entgegen.
Entgegen der vom FA vertretenen Auffassung lägen im Streitfall auch die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 174 Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) nicht vor. Dem stehe bereits entgegen, dass eine Änderung nur bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist bei der Klägerin zulässig sei, da § 174 Abs. 3 Satz 2 AO keine Ablaufhemmung enthalte, sondern lediglich eine dahingehende Einschränkung, dass eine Änderung nur erfolgen könne, wenn auch hinsichtlich des „anderen Bescheides” noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Im Übrigen habe e...