Prof. Dr. Ronald Gleich, Manfred Blachfellner
Wie im Einleitungskapitel beschrieben, ist die Transformation eine große Herausforderung sowohl für die Organisation als Ganzes als auch im Speziellen für Controller. Allgemein werden für die Wandlung vom Produkthersteller zum integrierten Lösungsanbieter sechs Erfolgsfaktoren angeführt:
- Definition von strategischen Steuerungskennzahlen
- Design einer geeigneten Organisationsstruktur
- Aufbau geeigneter Sales-Strukturen
- Etablierung eines auf die Servitization und die Transformation abgestimmten Innovationsprozesses
- Integrative Einbindung möglicher externer Partner
- Aufbau eines Controllingsystems zur Steuerung der Servitization und der notwendigen Transformation
Die Service-Transformation erfordert maßgebliche Eingriffe in das Controllingsystem des Anbieters. In diesem Kapitel werden die wesentlichen Erfolgsfaktoren für die Transformation des Controllings und die Rolle des Controllers inkl. notwendiger Kompetenzen im Überblick diskutiert und in den Folgekapiteln vertieft.
3.1 Erfolgsfaktor 1: Strategische Planung der Transformation
Die Transformation zum integrierten Lösungsanbieter ist eine hochgradig strategische Entscheidung, die maßgeblichen Einfluss auf den zukünftigen Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens haben kann. Die potenzielle Auswirkung hängt dabei vom Grad der angestrebten Transformation, aber auch vom Wandel der Branche ab. Während es im ersten Schritt möglich ist, ohne massive Veränderungen Zug um Zug einzelne ergänzende Dienstleistungen anzubieten, hat die Transformation von Phase 1 in Phase 3 oder 4 signifikanten Einfluss auf das Geschäftsmodell, d. h. die zukünftige Kosten- und Erlösstruktur sowie die damit verbundenen Risiken und Liquiditätsflüsse. Dementsprechend wichtig ist es, dass das Unternehmen ein klares Zielbild hat, wie weitreichend die angestrebte Transformation gehen soll und in welchen Schritten diese realisiert wird. Für die erfolgreiche Transformation ist die grundsätzliche Ausrichtung im Rahmen der Unternehmensstrategie zu definieren und keinesfalls in einer entkoppelten Servitization-Strategie. Für Controller stellt sich die Herausforderung, häufig nicht oder ungenügend in die Erstellung der Unternehmensstrategie eingebunden zu sein. Die Einbindung des Controllers ist jedoch wesentlich, um die wirtschaftliche Plausibilität sicherzustellen. Die Ausführungen im Praxisbeispiel von Trumpf zeigen dies deutlich. Im Rahmen der Strategie werden neben der Marktpositionierung die wesentlichen Stoßrichtungen bezüglich Dienstleistungsangebot mit Prioritäten und Zielwerten festgelegt, ohne bereits operative Umsetzungsdetails vorwegzunehmen. Controller müssen daher auf dieser groben Ebene die Wirtschaftlichkeit einzelner strategischer Schwerpunkte hinterfragen, Investitionserfordernisse klären, (Finanz-)Risiken transparent machen, sowie die Auswirkungen auf die wesentlichen Finanz-KPIs (Umsatzwachstum, EBIT-Marge, ROCE, Cashflow, EK-Quote, Gearing Ratio, …) und Bilanzpositionen grob quantifizieren. Controller sollten den Strategieprozess nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch methodisch begleiten. Dies soll sicherstellen, dass nicht nur die angestrebte Zielposition, z. B. mithilfe eines Business Model Canvas, ganzheitlich durchdacht ist, sondern dass auch eine klare Roadmap der Transformation vorhanden ist. Diese Roadmap muss auf einfache und verständliche Weise die Transformationsschritte kommunizieren. Das Instrument der Transformation-Map hat sich dabei bewährt und kann eine Struktur wie in Abb. 10 haben.
Abb. 10: Transformation Map
Für die laufende Kontrolle und Steuerung der Umsetzung müssen Controller bereits bei der Planung Messgrößen definieren. Dabei wird zwischen Wert-basierten und Milestone-basierten Messgrößen unterschieden. Wert-basierte KPIs zeigen die Performance in Zahlen, z. B. Umsatzanteil mit neuen Dienstleistungen, Milestone-basierte KPIs geben Auskunft, ob gewisse Aktivitäten termingerecht erledigt sind, z. B. ob ein Dienstleistungskatalog in der gewünschten Ausprägung vorliegt.
3.2 Erfolgsfaktor 2: Transformation des Controllings
Damit Controller die Rolle des Managementpartners in der Servitization-Transformation wahrnehmen können, müssen sie ihr Controlling-Instrumentarium anpassen, wie dies im Einleitungskapitel schon angerissen wurde. Die Verknüpfung von Sach- und Dienstleistung stellt wesentlich höhere Anforderungen an das Controlling und macht es deutlich komplexer. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die rechtzeitige Verfügbarkeit der geforderten Controlling-Funktionalität, da sowohl die Anpassung der Steuerungslogik als auch die darauf aufbauende Umsetzung in IT-Systemen notwendig ist. Insbesondere die Eingriffe in das ERP-System werden häufig unterschätzt. Damit das Controlling nicht zum "Bremsklotz" der Transformation wird, ist es wichtig, dass Controller von der ersten Stunde an eingebunden sind. Die Anpassung kann in den Aufbau eines Controllings für die Transformationsschritte und die Adaption des bestehenden Controllingsystems für das laufende Controlling in der jeweiligen Phase unterschieden werden. Für die erfolgreiche Transformation des Controllings ist eine ...