Leitsatz
Bei einem zinslosen Darlehen ist Gegenstand der Zuwendung die unentgeltliche Gewährung des Rechts, das als Darlehen überlassene Kapital zu nutzen. Soll das Darlehen nach dem Willen des Darlehensgebers der Finanzierung eines Grundstückskaufs dienen, scheidet im Hinblick auf den eingeräumten Nutzungsvorteil eine mittelbare Grundstücksschenkung aus, weil dem Darlehensnehmer die Vorteile hieraus regelmäßig erst nach der Zahlung der Kaufpreise zufließen und diese deshalb nicht mehr mittelbarer Teil des bereits abgeschlossenen Grundstückserwerbs sein können.
Normenkette
§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG , § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG , § 13 Abs. 2 BewG
Sachverhalt
Die Klägerin erhielt 1991 zum Kauf eines Grundstücks zinslose Darlehen. Im Jahr 2000 verzichteten die Darlehensgeber auf eine Rückzahlung der Darlehen. Das FA setzte wegen der Zinslosigkeit der Darlehen Schenkungsteuer fest. Dagegen wandte sich die Klägerin erfolglos mit der Begründung, in Höhe des Zinsvorteils liege eine mittelbare Grundstücksschenkung vor.
Entscheidung
Auch der BFH folgte der Klägerin nicht. Die Voraussetzungen der mittelbaren Grundstücksschenkung lägen – wie in den Praxis-Hinweisen dargestellt – nicht vor.
Hinweis
Für den Ausgang des Streitfalls war bedeutsam, dass nach der Rechtsprechung des BFH bei einem zinslosen Darlehen eine freigebige Zuwendung in Gestalt der Gewährung der Möglichkeit zur Kapitalnutzung vorliegt (Urteil vom 12.7.1979, II R 26/78, BStBl II 1979, 631).
Voraussetzung einer mittelbaren Grundstücksschenkung ist, dass der Schenker dem Bedachten das für den Grundstückskauf bestimmte Geld bis zum Abschluss des Kaufvertrags zusagt und bis zur Tilgung der Kaufpreisschuld zur Verfügung stellt. Im Streitfall ist die zweite Voraussetzung nicht erfüllt. Der Vorteil der unentgeltlichen Kapitalnutzung ist der Klägerin erst nach der Tilgung des Kaufpreises zugeflossen, weil die Tilgung selbst mit dem Darlehenskapital vorgenommen worden ist. Erst danach konnte sich der Zinsvorteil auswirken.
In der Literatur wird dagegen auch die Ansicht vertreten, Gegenstand der Auszahlung sei der Teil des Darlehensbetrags, dessen Zuwendung nicht durch die abzuzinsende Rückzahlungsverpflichtung ausgeglichen wird (so Meincke, ErbStG, Kommentar, 14. Auflage 2004, § 7 Anm. 51). Nach dieser Rechtsauffassung wäre der maßgebliche Darlehensteilbetrag bereits mit der Ausreichung des Darlehenskapitals zugeflossen und damit noch vor Tilgung der Kaufpreisschuld. Der BFH ist jedoch trotz der Kritik bei seiner Rechtsprechung zum zinslosen Darlehen geblieben.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 29.6.2005, II R 52/03