Leitsatz
Dividenden, die eine Schweizer Aktiengesellschaft an eine Schweizer Personengesellschaft ausschüttet, an der ausschließlich unbeschränkt Steuerpflichtige beteiligt sind, sind nicht nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA Schweiz von der Besteuerung in Deutschland ausgenommen.
Normenkette
Art. 7 DBA-Schweiz , Art. 10 DBA-Schweiz , Art. 24 DBA-Schweiz
Sachverhalt
Die (nur) im Inland wohnhaften Kläger zu 1. bis 3. sind Gesellschafter einer Personengesellschaft schweizerischen Rechts (A-KG) mit Sitz und Geschäftsleitung in der Schweiz. Die A-KG ist ihrerseits seit 1977 zu 49 %, seit 1981 zu 100 % Gesellschafterin einer ebenfalls in der Schweiz ansässigen Schweizer B-AG. Während die B-AG zunächst unverändert von den bisherigen Inhabern geleitet wurde, wurde sie seit 1986 vollständig in Personalunion mit der A-KG geführt. Die Unternehmensgegenstände beider Gesellschaften ergänzten sich.
Das FA bezog die von der B-AG an die A-KG (auch) im Streitjahr 1989 ausgeschütteten Dividenden in die Besteuerung der Kläger ein. Die Erträge seien passiver Natur und nicht im Inland gem. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a DBA Schweiz steuerbefreit (vgl. FinMin NRW, Erlass vom 17.4.1980, 17 S 1301 – Schweiz 47-V B 5, abgedruckt in Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, unter 5.24).
Die Kläger sahen demgegenüber den Tatbestand der Abkommensregelung aufgrund der tatsächlichen funktionalen Betriebsstättenzugehörigkeit sowohl der in Rede stehenden Beteiligung an der B-AG als auch der daraus resultierenden Dividenden als erfüllt an.
Das FG gab der Klage statt.
Entscheidung
Der BFH wies sie demgegenüber auf Revision des FA ab. Die Entscheidungsgründe finden sich in den zum Verständnis erforderlichen Grundzügen in den Praxis-Hinweisen.
Hinweis
Der Fall zeigt die Besonderheiten abkommensrechtlicher Denkweise:
1. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a DBA Schweiz werden bestimmte aus der Schweiz stammende Einkünfte einer in Deutschland ansässigen Person, die nach Art. 6 bis 21 DBA Schweiz von der Schweiz besteuert werden dürfen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Zu diesen Einkünften zählen u.a. Gewinne i.S.d. Art. 7 DBA Schweiz aus eigener Tätigkeit einer Betriebsstätte, soweit diese durch – im Abkommen selbst näher beschriebene – "aktive"Tätigkeiten erzielt worden sind (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 Buchst. a Satz 1 DBA Schweiz). Aktive Tätigkeiten im Sinn dieser Vorschrift sind u.a. die Herstellung, Bearbeitung und Verarbeitung von Gegenständen, der Handel oder die Erbringung von Dienstleistungen Dividenden.
Mit diesen deutsch-schweizerischen Aktivitätserfordernissen wurden Sie in jüngerer Zeit bereits konfrontiert, so im Urteil vom 5.6.2002, I R 86/01, BFH-PR 2002, 440.
2. Vor dem Hintergrund dieses sog. Aktivitätsvorbehalts ging es im Urteilsfall um das (deutsche) Besteuerungsrecht für Dividenden, welche die im Inland ansässigen Kläger "über" eine Schweizer KG bezogen. Die Dividenden "stammten" von einer ebenfalls Schweizer AG, deren Gesellschafterin die besagte Schweizer KG war. Nun schirmt eine solche KG als Personengesellschaft die Inländer abkommensrechtlich nur ungenügend von der deutschen Besteuerung ab.
Sie ist zwar – und zwar jeweils – Betriebsstätte der in Deutschland ansässigen Kommanditisten und hat als solche Betriebsstätteneinkünfte i.S.d. Art. 7 DBA Schweiz. Die Schweiz hat hierfür und auch für all jene "aktiven" Tätigkeiten das Besteuerungsrecht, die der KG "funktional" zuzuordnen sind. Es gilt insofern der Grundsatz der funktionalen Betrachtungsweise. Und nach diesem Maßstab gehörte die Beteiligung an der AG auch zweifelsfrei und unstreitig zu der KG.
Streit bestand jedoch hinsichtlich der aus der Beteiligung "fließenden" Dividenden, die als solche gewissermaßen neutral und per se "passiv" sind. Es kommt also darauf an, ob sie sich dennoch, ebenso wie die funktional der Schweizer Betriebsstätte zuzuordnende Beteiligung, unter den Aktivitätskatalog des Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst a DBA Schweiz subsumieren lassen. Der BFH hat dies verneint (und damit zugleich das deutsche Besteuerungsrecht für ähnliche passive Einkünfte, wie Lizenzen für Patente oder Zinsen, gesichert).
3. Offen bleiben konnte damit vor allem, ob Dividenden nicht ohnehin einer eigenen Besteuerungszuordnung gem. Art. 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b DBA Schweiz unterfallen und schon deswegen Deutschland zuzuordnen sind.
4. Angemerkt sei, dass der § 8 Abs. 1 Nr. 8 AStG i.d.F. UntStFG neuerdings Dividenden ausdrücklich in den außensteuerrechtlichen Aktivitätskatalog aufgenommen hat. Insoweit gelten fortan also andere Maßstäbe.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.8.2002, I R 10/01