Leitsatz
Bei einer Erstattung eines Haftungsbetrags kommt eine Verzinsung nicht in Betracht.
Sachverhalt
Bei der Klägerin wurde eine Lohnsteuer-Außenprüfung durchgeführt, aufgrund derer es zu einer Nachforderung an Lohnsteuer kam, für die die Klägerin nach § 42d EStG in Haftung genommen wurde. Trotz eines Einspruchs gegen den Haftungsbescheid wurde aufgrund eines Versehens des Finanzamts die Lohnsteuer eingezogen. Im Einspruchsverfahren hatte die Klägerin teilweise Erfolg, teilweise wurde der Haftungsbescheid im Klageverfahren aufgehoben, so dass es zu einer Erstattung der Haftsumme kam. Nunmehr beantragte die Klägerin eine Verzinsung des Betrags. Der Antrag wurde vom Finanzamt zurückgewiesen, so dass Klage erhoben wurde.
Entscheidung
Das Finanzgericht stellte fest, dass die Klage unbegründet sei. Nur eine festgesetzte Steuer sei zu verzinsen, wenn diese durch ein Urteil herabgesetzt würde. Die Regelung des § 236 AO gelte hingegen nicht für die Erstattung von Haftungsansprüchen. Sowohl die Regelung des § 236 AO als auch des § 233a AO seien nicht auf Haftungsansprüche entsprechend anwendbar. Dies ergebe sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut der Regelungen.
Hinweis
Das Niedersächsische FG folgte mit seiner Entscheidung der wohl h.M. in der Literatur. Zur Anwendung des § 236 AO auf die Erstattung von Haftungsansprüchen scheint dies die erste ausdrückliche Entscheidung zu sein, auch wenn der BFH bereits ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden hatte. Ausgangsnorm für die Lösung des Falles ist § 233 Satz 1 AO, der normiert, dass eine Verzinsung nur in den gesetzlich vorgeschriebenen Fällen im Steuerrecht erfolgt. Hier kam es (zumindest teilweise) zu einer Erstattung aufgrund einer Entscheidung des FG, so dass an § 236 AO als Rechtsgrundlage für einen Zinsanspruch zu denken wäre. § 236 AO spricht aber nur von einem festgesetzten Steueranspruch. Nicht unter die Norm fallen Haftungsansprüche. Eine entsprechende Formulierung findet sich in § 233a AO, so dass auch über die sog. Vollverzinsung allein deswegen schon keine Verzinsung erfolgen konnte. Mangels einer rechtlichen Grundlage war das abweisende Urteil somit nicht zu beanstanden, wenngleich de lege ferenda eine andere Gesetzesformulierung, die auch Haftungsansprüche umfasst, wünschenswert erscheint. Im hier entschiedenen Sachverhalt beruhte die "Zahlung" zudem auf einem Versehen des Finanzamts. Unter Umständen könnte deshalb der Kläger einen Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) geltend machen, doch kann nicht abschließend beurteilt werden, ob der Sachverhalt einen solchen Anspruch letztlich hergibt. Zudem wäre ein solcher Anspruch vor dem Zivilgericht geltend zu machen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Link zur Entscheidung
Niedersächsisches FG, Urteil vom 10.03.2011, 11 K 103/10