Entscheidungsstichwort (Thema)
Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Insolvenzsicherung. Haftung des Geschäftsführers und von Gesellschaftern
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Altersteilzeitvereinbarungen im Blockmodell ist für die Beurteilung als Insolvenzforderung gem. § 108 Abs. 2 InsO entscheidend, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liegt, erbracht wurde. Es kommt nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer die Zahlungen verlangen kann.
2. § 7d SGB IV in der vom 01.01.2001 bis zum 31.07.2003 geltenden Fassung war kein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.
Normenkette
InsO § 108; SGB IV § 7d; BGB § 823 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 28.10.2003; Aktenzeichen 5 Ca 313/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg vom 28.10.2003 (Az. 5 Ca 313/03) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung gegen das klagabweisende Urteil gegen den Beklagten Ziffer 2 zurückgewiesen wurde.
Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Berufungsbeklagten Ansprüche aus einem Altersteilzeitvertrag geltend. Mit dem Berufungsbeklagten Ziffer 1 streitet der Kläger über die insolvenzrechtliche Behandlung von Vergütungsansprüchen in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitvertrages bei angezeigter Masseunzulänglichkeit. Er ist weiter der Auffassung, dass die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 (erstinstanzlich Beklagten Ziffer 3 und 4) für den Schaden einer fehlenden Insolvenzsicherung haften.
Der am 0.0.1944 geborene Kläger ist seit 0.0.1967 bei der Firma E. GmbH und deren Rechtsvorgängern als technischer Angestellter beschäftigt. Durch Beschluss des Amtsgerichts Ludwigshafen wurde am 01.04.2003 über das Vermögen der Firma E. GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet und der Berufungsbeklagte Ziffer 1 als Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat am 07.04.2003 die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Amtsgericht Ludwigshafen angezeigt.
Der Kläger hat Anfang 2003 mit der Firma E.GmbH eine Altersteilzeitvereinbarung nach dem Blockmodell getroffen mit einer Laufzeit von 01.03.2000 bis 28.02.2005. Der Beginn der Freistellungsphase war vorgesehen auf den 01.09.2002. In § 10 des Altersteilzeitvertrages ist u. a. vereinbart, dass im Übrigen die Bestimmungen des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit gelten. Dabei handelt es sich um den Tarifvertrag in der Chemischen Industrie.
Im August 2002 haben die Vertragsparteien die Verlängerung des Altersteilzeitvertrages vereinbart. Die Arbeitsphase wurde bis zum 28.02.2003 verlängert. Als Freistellungsphase wurde die Zeit vom 01.03.2003 bis 28.02.2006 vereinbart. In der Freistellungsphase wurde der Kläger am 01.04.2003 durch den Berufungsbeklagten Ziffer 1 „freigestellt”.
Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 war seit 01.09.2001 Geschäftsführer der Firma E. GmbH. Zuvor war er seit 1996 Prokurist. Der Berufungsbeklagte Ziffer 2 hat die Verlängerungsvereinbarung des Altersteilzeitvertrages im August 2002 unterzeichnet. Der Berufungsbeklagte Ziffer 3 war Vorsitzender des Aufsichtsrates der Firma E. GmbH. Die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 waren zugleich Gesellschafter der Firma E. GmbH, wobei der Anteil des Berufungsbeklagten Ziffer 3 mehr als 80 % betrug.
Mit der am 11.04.2003 erhobenen Klage hat der Kläger zuletzt die Auffassung vertreten, die Vergütungsansprüche aus dem Altersteilzeitvertrag in der Zeit vom 01.04.2003 bis 28.02.2006 seien Neumasseverbindlichkeiten im Sinne von § 209 Abs. 1 Ziffer 2 InsO. Gegen die Berufungsbeklagten Ziffer 2 und 3 bestehe ein Schadenersatzanspruch. Der Berufungsbeklagte Ziffer 1 habe in der Betriebsversammlung vom 14.01.2003 erklärt, dass der Insolvenzantrag hätte früher gestellt werden müssen. Tatsächlich hätte der Insolvenzantrag bereits im August 2002 gestellt werden müssen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt:
- Es wird festgestellt, dass der Beklagte Ziffer 1 verpflichtet ist, dem Kläger als Masseverbindlichkeit gem. § 209 Abs. 1 Ziff. 2 InsO die diesem aus seinem Altersteilzeitvertrag mit der Schuldnerin ab 01.04.2003 bis 28.02.2006 noch zustehenden Leistungen in Höhe von 137.848,65 EUR brutto zu bezahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagten Ziffer 3 und 4 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entsteht, dass es die Schuldnerin versäumt hat, für den zwischen ihr und dem Kläger geschlossenen Altersteilzeitvertrag einen Insolvenzschutz zu schaffen, der zur Erfüllung des Wertguthabens einschließlich des darauf entfallenden Arbeitgeberanteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag bei Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erforderlich gewesen wäre.
Die Berufungsbeklagten haben jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Berufungsbeklagte Ziffer 1 hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei den Ansprüchen aus dem Altersteilzeitvertrag um keine Neumasseverbindlichkeit im Sinne von § 209 A...