Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche fristlose Kündigung wegen privater Verwendung einer Firmenkreditkarte und Fälschung einer Kreditkartenabrechnung. Nachschieben von Kündigungsgründen. außerordentliche fristlose Kündigung. Verwendungeiner Firmenkreditkarte. Fälschungeiner Kreditkartenabrechnung - nachschiebenvon KündigungsgründenN
Leitsatz (redaktionell)
Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist wegen privater Verwendung einer Firmenkreditkarte und Fälschung einer Kreditkartenabrechnung gerechtfertigt. Kündigungsgründe, welche dem Kündigenden bei Ausspruch der Kündigung noch nicht bekannt waren, können grds. uneingeschränkt nachgeschoben werden, wenn sie bereits vor Ausspruch der Kündigung entstanden sind.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Entscheidung vom 12.07.2012; Aktenzeichen 2 Ca 413/12) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Wirksamkeit zweier Arbeitgeberkündigungen.
Der Kläger ist seit März 2005 als Vertriebs- und Marketingleiter gegen ein monatliches Gesamtbruttoentgelt von 8.462,00 € bei der Beklagten tätig. Die Beklagte vertreibt medizinische Geräte. Sie beschäftigt regelmäßig nicht mehr als zehn Vollzeitarbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden.
Gemäß einer nach seinem Vortrag vom 18. Oktober 2011 datierenden Vereinbarung(Bl. 149 d.A.)erhielt der Kläger eine Firmenkreditkarte zur dienstlichen Verwendung, die über sein Konto abgerechnet werden sollte und deren private Verwendung nur in Ausnahmefällen in Abstimmung mit der Beklagten erlaubt war. Gegen Vorlage von Nachweisen sollten dem Kläger seine Aufwendungen erstattet werden. In dem "MasterCard Business Kartenantrag" vom 26. September 2011(Bl. 339 - 340 d.A.)verpflichteten sich die Parteien gesamtschuldnerisch gegenüber der kartenausgebenden Bank.
In der Zeit vom 5. bis zum 9. Dezember 2011 hielt sich der Kläger in Riga (Lettland) auf. Am 5., 7. und 8. Dezember 2011 tätigte er dort in einem Nachtclub private Umsätze mit der Firmenkreditkarte in einer Gesamthöhe von 4.311,83 €.
Die Kreditkartenabrechnung für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis zum 2. Januar 2012 endete mit einem Schlusssaldo von 4.996,63 €. Die kartenausgebende Bank belastete das Konto der Beklagten. Der Kläger schlug vor, die Beklagte solle der Belastung widersprechen. Deren Geschäftsführer bestand auf einer "internen Abrechnung" und verlangte Nachweise für die Berechtigung der Belastung als Reisekosten und Spesen. Um zu verhindern, dass die Beklagte von der privaten Verwendung der Firmenkreditkarte erfährt, übermittelte der Kläger am 23. Januar 2012 eine gefälschte, in der Addition der aufgeführten Positionen dem Belastungsbetrag entsprechende Kreditkartenabrechnung(Bl. 83 - 84 d.A.), die die privaten Ausgaben nicht auswies und von der Beklagten "gebucht" wurde.
Mit Schreiben vom 29. Februar 2012(Bl. 13 d.A.)teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:
"Sehr geehrter Herr D1,
hiermit kündigen wir Ihr Arbeitsverhältnis fristgerecht zum Monatsende des Februar 2012.
Ihr Dienstverhältnis mit der M1 GmbH endet entsprechend Ihrer Kündigungsfrist am 31.5.2012."
Mit Schreiben vom 5.(Bl. 14 d.A.)und 7. März 2012(Bl. 15 d.A.)forderte die Beklagte den Kläger unter Fristsetzung bis zum 9. März 2012, 9:00 Uhr auf, zu mehreren Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die Stellungnahme des Klägers mit Anwaltsschreiben vom 9. März 2012(Bl. 16 - 18 d.A.)ging an diesem Tage nach 9:00 Uhr bei der Beklagten ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte jene das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 9. März 2012(Bl. 19 d.A.)"erneut außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund" gekündigt und dabei mitgeteilt, dass sie an der ordentlichen Kündigung vom 29. Februar 2012 festhalte.
Anfang März 2012 fiel einer Mitarbeiterin der Beklagten bei der Erstellung des Jahresabschlusses auf, dass der Anfangssaldo auf der vom Kläger am 23. Januar 2012 übermittelten Kreditkartenabrechnung nicht mit dem Schlusssaldo der zuvor verbuchten Abrechnung übereinstimmte. Daraufhin forderte die Mitarbeiterin eine Zweitausfertigung der Kreditkartenabrechnung an, deren erste Seite(Bl. 82 d.A.)am 20. März 2012 und deren vollständige Fassung am 23. März 2012 bei der Beklagten einging. Der Geschäftsführer der Beklagten wurde am 20. März 2012 über den Vorgang informiert.
Mit der am 15. März 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht der Kläger ua. die Unwirksamkeit beider Kündigungen geltend und hat hierzu - zusammengefasst - vorgetragen: Die außerordentliche fristlose Kündigung vom 9. März 2012 sei unwirksam. Die Beklagte habe die Stellungnahme des Klägers nicht abgewartet. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen sei nicht zulässig. Zudem sei der Vorgang um den privaten Einsatz der Firmenkreditkarte und die Vorlage der gefälschten Kreditkartenabrechnung - als solches unstreitig - erst mit Schriftsatz vom 21....